Die Rückennummer von Sergio Ramos bekäme David Alaba wohl nicht. Eine peinliche Marketing-Posse Ende April gab einen eindeutigen Hinweis darauf. Das (mit der Nummer) wäre eine gute Nachricht für die Abwehr-Legende der Königlichen. Denn wenn der Österreicher, der wohl noch diese Woche als Neuzugang bei Real Madrid vorgestellt wird, künftig nicht mit der "4", sondern mit seiner Münchener "27" königlich aufläuft, wäre zumindest vorübergehend ein Indiz, dass Ramos doch bei seinem Klub bleiben könnte. Alaba weilt derzeit in der spanischen Hauptstadt, mutmaßlich nicht, um vor dem EM-Start noch Sonne zu tanken. Unterschrieben ist aber noch nichts.
Das gilt auch für Sergio Ramos. Dessen Vertrag läuft im Sommer aus. Auf eine Verlängerung wurde sich noch nicht geeinigt. Ramos, so heißt es immer wieder, möchte gerne ein neues Papier für zwei Jahre. Der Klub möchte den Abwehrchef lieber nur ein weiteres Jahr an sich binden. 35 Jahre sind ja immer so eine Sache.
Und in diesen Wochen bekommt der Verein für seine Vorsicht ja auch gute Argumente. Denn Ramos war gerade erst wieder verletzt. Eine Sehnenverletzung am linken Bein war es dieses Mal. Kein schlimmes Ding, teilte sein Klub Anfang des Monats mit. Aber immerhin so schlimm, dass er die Europameisterschaft, die in gut zwei Wochen beginnt, verpasst. Zumindest hat Spaniens Trainer das nun so entschieden. Nach einem komplizierten Halbjahr, in dem der 180-malige Nationalspieler lediglich fünf von 26 Pflichtspielen für Real absolvieren konnte, hat sich Luis Enrique zu dem Plan durchgerungen, andere Fußballer für "La Furia Roja" zu nominieren. Bittere Pointe für den Klub: Kein Spieler von Real Madrid reist für Spanien zur EM.
Der Mann kostet verdammt viel Geld
Es sei eine Entscheidung gewesen, die den Trainer intensiv beschäftigt habe, gestand er. Aber er müsse eben tun, was am besten für seine Mannschaft ist. Und Ramos, der 2008 und 2012 Europameister sowie 2010 Weltmeister wurde, gehört eben nicht dazu. Weil er nun einfach keinen Rhythmus hat. Sonst wäre seine Nominierung ganz sicher unstrittig gewesen. Aber ein Meniskusriss, eine Corona-Infektion, eine Muskelverletzung und nun eben die gereizte Sehne, sie haben dem 35-Jährigen zugesetzt. In Madrid beschäftigt sie das selbstverständlich auch. Eine Legende schickt man eben mal eben so vom königlichen Hof. Aber muss eine Weiterbeschäftigung unbedingt für zwei Jahre sein? Der Mann kostet schließlich verdammt viel Geld. Im Unterhalt.
Und wenig Kohle wird der Mann, der nun seit einigen Tagen in Madrid weilt, nun auch nicht verdienen wollen. In München wollte David Alaba schließlich den erlesenen Zirkel der absoluten Topverdiener um Manuel Neuer, Rober Lewandowski und Thomas Müller aufsteigen. Dass ihm der Zugang verwehrt wurde, tja, es war schließlich der Grund für die berufliche Neuorientierung nach 26 Titeln. Klar, eine Innenverteidigung mit Ramos und Alaba - bei beiden mal die beste Verfassung vorausgesetzt - das wäre schön ziemlich unangenehm für die nationale und internationale Gegnerschaft. Auf den eher eleganten und strategischen Alaba läuft man kaum lieber zu als auf Ramos, bei dem man im Duell mit allem rechnen muss. Unbedingt auch mit Schmerzen. Denn mit Worten wie "zimperlich" war er bislang noch nie beschrieben worden. Und wird es auch nicht mehr werden.
Alaba im Abwehrzentrum -wo auch sonst?
Aber wie die "Marca" Anfang des Monats berichtete, hat Real offenbar andere Pläne. Vier Innenverteidiger sollen in der neuen Saison im Aufgebot stehen. Eder Militao und Nacho Fernandez sind demnach zwei davon. Ihnen werden indes die Plätze als erste Kandidaten hinter der Stammbesetzung zugeteilt werden. Aber wie sieht die künftig aus? Klar, Alaba käme nicht als Mann für die zweite Reihe. Dass er auch links und im zentralen Mittelfeld spielen kann, ist sein Vorteil. Aber im Zentrum wirken Toni Kroos, Luka Modrić, der gerade erst verlängert hat, und Casemiro. Und als Außenverteidiger hat sich Ferland Mendy einen prima Status erarbeitet. Alaba wird also für die Abwehrmitte eingeplant. Bleiben noch Ramos, der alte Mann, die Legende. Und sein seit Jahren genialer Partner, der 28 Jahre alte Franzose Raphael Varane.
Tja, schwierige Sache. Ramos spielt seit 2005 für den Klub, er kam am 31. August vom FC Sevilla. Vom ziemlich ungestümen und durchaus fehleranfälligen Rechtsverteidiger hat er sich mit den vielen Jahren zum vermutlich besten Innenverteidiger Europas hochgearbeitet. Immer robust in der Spielweise, bisweilen auch unfair. Seine Attacken aus dem Champions-League-Finale gegen die Liverpooler Mo Salah und Loris Karius sind erschöpfend erzählt. Gut, aber als Innenverteidiger suchst du keine Zärtlichkeiten, sondern Zweikämpfe.
22 Titel hat Ramos mit den Königlichen erkämpft. Als Anführer ist er unverzichtbar. Als Abwehrchef war es auch. Aber immer noch? Nun, ein weiteres Indiz für einen Verbleib gibt es noch: Am 38. Spieltag gegen Villarreal saß er ohne Einsatz auf der Bank. Es hätte ein Abschiedsspiel sein können. Es wäre die letzte Möglichkeit in dieser Saison gewesen. Und ohne Abschiedsspiel lässt man eine Legende vermutlich eher nicht ziehen ...
Quelle: ntv.de
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