Bisher gingen die Verbraucherzentralen davon aus, dass die Kosten für Lebensmittel bei durchschnittlich zwölf Prozent des Haushaltsbudgets liegen. 2022 ist der Anteil gestiegen, denn für viele Lebensmittel muss man inzwischen deutlich tiefer in die Tasche greifen. Im Mai kosteten beispielsweise Speiseöle fast 65 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Butter wurde um 43 Prozent teurer. Auch Mehl, Eier oder Fleisch schlagen mit deutlich höheren Preisen zu Buche. Vor allem für Menschen mit geringen Einkommen werden die Preissteigerungen immer mehr zum Problem.
Eine Umfrage des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL) in Quakenbrück und der Landesinitiative Ernährungswirtschaft Niedersachsen kam Ende Juni zu dem Schluss, dass die Befragten beim Einkauf inzwischen vor allem auf Sonderangebote und auf günstige Lebensmittel achten. Aber ist es auch dann möglich, sich gut und vor allem gesund zu ernähren?
Ernährungsberater Jan Bahmann schließt das im Gespräch mit ntv.de nicht grundsätzlich aus. Er schränkt aber ein, dass man mit Bedacht vorgehen müsse. Aus seiner Sicht gibt es Lebensmittel, auf die man ohne weiteres verzichten kann. Dazu gehört beispielsweise Fleisch. "Da spart man schon mal Geld, wenn man davon einfach weniger isst", so Bahmann. Fleisch essen bringe auch keine gesundheitlichen Vorteile. Man könne es deshalb einfach auf ein- bis zweimal die Woche reduzieren. Wenn man sonst sehr fettiges Fleisch isst, lebe man damit sogar gesünder.
Einfach Wasser aus dem Hahn trinken
Ein bisschen komplizierter ist es bei Fisch. Insgesamt ist Fisch etwas weniger von der Inflation betroffen. Am höchsten sind die Preissteigerungen bei frischen Fischfilets, Kabeljau und Räucherfisch mit rund 13 Prozent. Frischer Lachs beispielsweise ist jedoch sehr vielseitig in der Zubereitung und außerdem noch wegen der enthaltenen Omega-3-Fette gesund. Das gilt jedoch für alle Fettfische, also auch für Makrele und Heilbutt. Heilbutt ist vor allem als Räucherfisch meist teurer als Lachs, Makrele hingegen meist preiswerter. Vielleicht kann man darauf ausweichen. "Omega 3-Fette könnte man auch ergänzen oder pflanzlich aufnehmen, beispielsweise über Walnüsse", erklärt Bahmann. Das sei dann auch günstiger, als wenn man Lachs kauft. Um bei Nüssen nicht zu viele Kalorien aufzunehmen, sollte man bedenken, dass der Omega-3-Bedarf schon mit drei bis vier Walnüssen gedeckt ist.
Aus ökonomischen wie gesundheitlichen Gründen sinnvoll ist ebenso der Verzicht auf alle zuckerhaltigen Getränke und sogar auf abgepacktes Wasser. "In vielen Regionen kann man problemlos auf Leitungswasser umsteigen", sagt Bahmann. Dafür sollte man die Wasserqualität seines Versorgers überprüfen. Nur in seltenen Fällen ist das Wasser aus dem Hahn gesundheitlich bedenklich, beispielsweise, wenn das Wohnhaus noch alte Bleileitungen hat. Wer komplett umsteigen kann, spart erheblich. Leitungswasser ist etwa 100-mal preiswerter als Mineralwasser aus Flaschen.
Eine ausreichende Versorgung mit Flüssigkeit sorgt für mehr Konzentration und Leistungsfähigkeit, einen besseren Stoffwechsel und eine frischere Haut. Nicht zuletzt beugt das Trinken von Wasser Übergewicht vor, indem es den Hunger reguliert und hilft, kleinere Portionen zu essen. Als Orientierungswert empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Erwachsenen rund eineinhalb bis zwei Liter Wasser pro Tag zu trinken.
Selbst kochen ist "unschlagbar"
Am kostenintensivsten ist es im Restaurant zu essen, gefolgt von Lieferdiensten und schließlich Fertigmahlzeiten aus dem Supermarkt. Grundsätzlich ist jedes Lebensmittel teurer, je weiter es verarbeitet ist. "Selbst zu kochen, ist hingegen unschlagbar", betont Bahmann. Denn damit spare man nicht nur Geld, sondern habe auch die Kontrolle darüber, wie viel Fett und Salz beispielsweise enthalten sind. "Damit isst man wahrscheinlich schon automatisch gesünder."
Aber wer selbst kocht, braucht dafür Zeit und muss Zutaten einkaufen. Hinzu kommen die gestiegenen Energiepreise für Herd oder Ofen. Vollständig lassen sich die verschiedenen Faktoren kaum gegeneinander aufrechnen. Aber mit einer guten Planung, was man in den nächsten Tagen kochen will, lässt sich zumindest der Einkaufsaufwand in Grenzen halten. Selbstverständlich braucht die Zubereitung von Essen Zeit. "Aber wenn man ins Restaurant geht, hat man auch Zeit für den Weg, man wartet auf das Essen", gibt Bahmann zu bedenken. Viele Kochseiten haben inzwischen in ihren Filterfunktionen die Möglichkeit, die Zubereitungszeit auf 30 oder 45 Minuten zu begrenzen. Je öfter man diese Gerichte dann kocht, desto mehr Übung bekommt man dabei.
Außerdem muss eine selbst zubereitete Mahlzeit nicht in jedem Fall gekocht sein. "Naturjoghurt mit Beeren und vielleicht ein bisschen Süße geht superschnell und ist günstig und relativ gesund", erläutert Bahmann. Gleiches gilt für frische Salate.
Das Essensbudget umverteilen
Bei den Beilagen sind Kartoffeln gesünder als Nudeln, allerdings kosten sie auch etwas mehr als Nudeln. Kartoffeln gehören neben Haferflocken und Gemüse zu den Lebensmitteln, die Bahmann als Grundlage für eine gesunde Ernährung empfiehlt. Gemüse sollte entweder saisonal und regional sein und ist damit meist auch etwas preisgünstiger, weil das Angebot groß ist. Man kann sich aber auch getrost für die Tiefkühlware entscheiden, die mehrheitlich genauso gesund und nährstoffreich ist.
Verzichten kann man Bahmann zufolge bei Obst und Gemüse vor allem beim Discounter auf Bio-Produkte. "Das Bio-Siegel bedeutet hier nicht, dass keine Pestizide verwendet werden, sondern dass Bio-Pestizide verwendet werden. Die sind, nur weil sie natürlich sind, nicht unbedingt besser. Ein Beispiel ist Kupfersulfat." Bei Fleisch hingegen gehe Bio mit einer deutlichen besseren Haltung der Tiere und beispielsweise mit weniger Antibiotikaeinsatz einher und sei deshalb die zwar teurere, aber bessere Wahl.
"Man muss nicht mehr Geld für Essen ausgeben, sondern es umverteilen", meint Bahmann. Statt Fleisch und weißes Brot, die im einen Fall teuer und anderen ungesund sind, sollten mehr Gemüse und eiweißhaltige Lebensmittel im Korb liegen. Der Ernährungsexperte empfiehlt dafür Milchprodukte wie Quark oder nicht zu fetten Käse und Gemüse wie Brokkoli, Sojabohnen oder Edamame. Und auch wenn Eier teurer sind als noch vor einem Jahr, gehören sie noch immer zu den gesunden, preiswerteren Lebensmitteln. Am gesündesten sind sie gekocht.
Viele dieser Empfehlungen machen die Ernährung übrigens klimafreundlicher. Das gilt auch für den Tipp, bereits gekaufte Lebensmittel vollständig zu verbrauchen.
Quelle: ntv.de
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