Die Ähnlichkeit der Prozesse im Gehirn scheint nach neuesten Untersuchungen eine verhängnisvolle Auswirkung zu haben: Ein mehrtägiger Sexentzug könnte das Risiko erhöhen, sich mit Drogen einen Ersatzkick zu verschaffen.
In früheren Arbeiten hatten Wissenschaftler der Universität von Mississippi bereits einen spannenden Zusammenhang entdeckt: Dopamin ausschüttende Nervenzellen in einer im Mittelhirn gelegenen Region (Area tegmentalis ventralis, VTA) scheinen zu schrumpfen, wenn eine Ratte besonders viel Sex gehabt hatte. In den Experimenten hatte sich auch gezeigt, dass die sexuell stark aktiven Tiere gegenüber bestimmten Drogen zunächst eine hohe körperliche Toleranz ausgebildet hatten. Diese Effekte könnten durch die neueste Studie erklärt werden.
Sex als Belohnung
Projektleiterin Lauren Beloate sieht in Sex eine natürliche Belohnung, die ein Hochgefühl hervorruft. Der Wunsch nach Geschlechtsverkehr erhält somit einen sich stetig wiederholenden Antrieb. Auch künstliche chemische Substanzen können dieses Gefühl in bestimmten Hirnarealen auslösen.
„Sexuelle Erfahrungen, gefolgt von einer Zeit der Abstinenz, verursachen in männlichen Ratten einen gesteigerten Belohnungseffekt durch Amphetamin“, schreiben die Forscher in ihrer Veröffentlichung. Sie umschreiben das Phänomen als „gesteigerte Vulnerabilität“, was die verstärkte Macht der Droge über die sexuell hochaktiven Tiere veranschaulichen soll. Die Ratten hatten ein heftiges Verlangen nach Amphetaminen und entwickelten Merkmale einer Abhängigkeit.
Um diese Beobachtungen zu erklären, legten die Forscher das Belohnungszentrum im Mittelhirn (VTA) der Versuchsratten pharmakologisch lahm. Währenddessen konnten die Tiere ungehemmt ihren sexuellen Trieben nachkommen. Danach stand erneut eine Woche Abstinenz für die Tiere auf dem Plan. Als Ergebnis ließen sich diesmal keine Größenveränderungen der Dopamin ausschüttenden Zellen ausmachen. Damit einhergehend konnten auch keine verstärkten Reaktionen auf Amphetamine durch die sexfreie Zeit beobachtet werden.
Ein Protein spielt eine wichtige Rolle
Auch auf molekularer Ebene finden sich Erklärungsansätze: Ein Protein namens ΔFosB ist vermutlich unter normalen Umständen für Veränderungen der Strukturen im Gehirn verantwortlich. Wird das Dopaminsystem blockiert, wird auch das Protein nicht gebildet.
Für die Wissenschaftler passen somit die beobachteten Effekte gut zusammen: Dopamin ausschüttende Zellen im Mittelhirn werden durch Sex aktiviert und verändern dabei ihre Größe und Sensibilität. Nach einer Zeit der Abstinenz werden die Ratten dann besonders empfänglich für bestimmte Drogen und sind einer größeren Gefahr der Abhängigkeit ausgesetzt.
Quelle : welt.de
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