Audi R8 Spyder widersteht Downsizing

  10 Oktober 2016    Gelesen: 6166
Audi R8 Spyder widersteht Downsizing
Für die Fans von Saugmotoren ist der Audi R8 die letzte Bastion im Kampf gegen die "Downsizing-Epidemie". Freie Atmung, reichlich Hubraum, krasser Sound. Ein Jahr nach dem Coupé kommt nun die Version mit Klappverdeck.
Rund ein Drittel der bisher produzierten und verkauften Audi R8 waren Spyder-Versionen. Egal, ob sie Convertible, Roadster oder schlicht Cabrios genannt werden, stets müssen die Kunden noch ein wenig tiefer in die Tasche greifen als bei den Coupés oder Limousinen, die ihre Schwestermodelle sind. Das ist nicht nur der Exklusivität der Freiluft-Fahrweise geschuldet, sondern auch dem höheren technischen Aufwand, der für eine bewegliche Haube und mehr Versteifungen im Unterbau getrieben werden muss.

Genau 179.000 Euro beträgt der Preis für den R8 Spyder, dessen Auslieferungen im Januar 2017 beginnen sollen. Damit liegt er 13.000 Euro über seinem Coupé-Zwilling, eine Summe, die andere Leute für einen Kleinwagen ausgeben. Aber auch bei dem erstgeborenen R8 wurde der Listenpreis nur selten fällig. Neun von zehn R8-Fahrzeugen werden in Deutschland gewerblich zugelassen, das bedeutet, die Halter bewegen ihre Autos auf der Grundlage von Leasingverträgen und entrichten für ihr sportliches Autofahren eine monatliche Gebühr. Dividiert man die Anschaffungskosten eines R8 Spyders durch seine Motorleistung kostet jede Pferdestärke 331,50 Euro. Das ist auch kein Schnäppchen, aber zum Beispiel ein gleich starkes Porsche 911 Turbo-Cabrio ist noch kostspieliger. Es kostet 347,70 Euro pro PS.

Keine zwölf Sekunden bis 200 km/h

Was die Synthese aus Längs- und Querdynamik sowie akustischer Untermalung angeht, ist das in beiden Fällen gut angelegtes Geld. Der letzte Sauger im Audi-Sortiment breitet mit seinen zehn Zylindern einen Klangteppich unter jeden Meter aus, dass die Bose-Soundanlage inklusive der in die Kopfstützen eingearbeiteten Lautsprecher zum überflüssigen Extra wird. 540 PS und ebenso viele Newtonmeter maximales Drehmoment orchestrieren ein Fahrvergnügen, das auf zusätzliche Beschallung getrost verzichten kann.

Ein neues Auto muss – vor allem, wenn mehr Geld verlangt wird - messbar besser sein als der Vorgänger. Deshalb weist Projektleiter Tim Houben auf die Forschritte am liebsten mit Zahlen hin. Der Audi-Spitzensportler, dessen Verwandtschaft zum Kunden-Rennwagen R8 LMS sich an 50 Prozent Gleichteilen ablesen lässt, sei nicht nur 25 Kilo leichter als der erste Spyder der Serie, sondern auch 0,2 Sekunden schneller im Sprint. Nach 11,8 Sekunden ist die Marke von 200 km/h erreicht, der Standardsprint in weniger als vier Sekunden erledigt. Die Karosserie wurde dank neuer Fertigungsmethoden 55 Prozent steifer und erreicht jetzt die Werte des vormaligen Coupés.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die offene Variante 80 Kilo schwerer ist als die geschlossene der aktuellen Generation. Zum Beispiel musste im Schwellerbereich die Profile dicker ausgelegt werden, um die gewünschte Verwindungssteifigkeit zu erreichen. 1720 Kilogramm Leergewicht stehen nunmehr im Datenblatt. Knapp 210 davon gehen auf Kosten der Karosserie. Am Deckel des Verdeckkastens konnten einige Pfunde herausgeholt werden, denn der ist jetzt aus Karbon-Verbundmaterial. Bis zu einem Tempo von 50 km/h ist die sehr gut dämmende Segeltuch-Kapuze zu öffnen oder zu schließen, wobei der Vorgang 20 Sekunden dauert.

Einerseits sollte das Prinzip des Saugmotors nicht angetastet werden, andererseits galt das Ziel, den Verbrauch zu drücken. Die Audianer in Neckarsulm spendierten dem V10-Kraftwerk eine Zylinderabschaltung, die bei geringer Last die Brennräume rotierend stilllegt. Das bedeutet, sie werden bankübergreifend außer Betrieb genommen. Die Gemischzufuhr erfolgt nun mittels einer Kombination aus Direkt- und Saugrohreinspritzung, was die Effizienz so beeinflusst: Bei Teillast wird ins Saugrohr gespritzt, was den Wirkungsgrad steigert, während bei Volllast die erhöhte Innenkühlung zur thermischen Entlastung beiträgt. Eine Start-Stopp-Automatik unterbricht den Spritverbrauch an Ampeln oder Schranken. Das Ergebnis der Bemühungen: 11,7 Liter über100 Kilometer auf dem Prüfstand, doch wer nicht ganz spaßbefreit unterwegs sein will, sollte mit 13 Liter oder mehr rechnen.

"Leuchtturm für Audi"

Die Möglichkeiten des Gepäcktransports sind bei Supersportwagen immer ein heikles Thema. Beim R8 Spyder wird die Situation dadurch verschärft, dass der Platz hinter den Passagieren für Motor, Getriebe und diverse Kühlaggregate gebraucht wird. Es bleiben 112 Liter unter dem Frontdeckel. Den Verzicht im Innenraum kann auch das rassig gestaltete Interieur nicht kaschieren. Mangels eines mittig platzierten Monitors können dem Beifahrer Aufgaben wie Zieleingabe oder Musikauswahl schwerlich übertragen werden. Sämtliche Informationen werden über das virtuelle Cockpit vor dem Piloten ausgebreitet. Neben dem roten Startknopf am Lenkrad befindet sich die Steuerungstaste für den Klappenauspuff , der für 1900 Euro extra die raue Röhre noch ein bisschen zorniger bellen lässt.

Vornehme Selbstbeschränkung beim Höchsttempo ist in dieser Fahrzeugklasse längst passé, so dass bei entsprechend freiem Geläuf 318 km/h möglich sind. Aber auch gemütliches Cruisen beherrscht der R8 Spyder. Noch unterhaltsamer als pfeilschnell geradeaus zu hasten kann deshalb das geschmeidige Kurven-Schlängeln im Tempomat-Modus sein. In stoischer Ruhe und ohne Anzeichen von Nervosität folgt der perfekt ausbalancierte Zweisitzer dem Lenkeinschlag.

Das darf man im Übrigen auch vom R8-Nachfolger erwarten. Nach Aussagen von Audi-Sport-Chef Stephan Winkelmann soll er "ein Sportwagen alter Schule" bleiben. Der ehemalige Lamborghini-Vormann führt seit März das Neckarsulmer Unternehmen, das aus der Quattro GmbH hervorgegangen ist. Als "Brücke zwischen Supercars und Lifestyle" widmet sich die Firma ausschließlich RS- und R-Modellen mit den vier Ringen und nimmt dabei, so Winkelmann, eine "Leuchtturm-Funktion für die Audi AG" wahr.

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