Aber wie lange wird es wohl dauern, bis es soweit ist? Werden wirklich alle 2,5 Millionen Besitzer eines Note7 ihre Gerät ausschalten und zurückgeben, wie Samsung es empfiehlt? Ich würde nicht darauf wetten. Galaxy-Note-Käufer sind meist auch Galaxy-Note-Fans.
Die einen stehen total darauf, Notizen mit dem Stift auf den Bildschirm zu kritzeln, die anderen finden gut, dass man das Gerät wegen seiner Größe schnell in der Handtasche findet. In unserem Test hat das Galaxy Note7 mich überzeugt. Ein besseres Android-Smartphone ist derzeit schwer zu finden - wäre da nicht die Brandgefahr. Und der Preis.
Aber schon beim ersten Test hatten wir klargestellt, was die Alternative zum Note7 ist: Samsungs eigenes Galaxy S7, egal ob mit oder ohne "edge", also gebogenem Bildschirmrand. Technisch liegt es nahezu gleichauf mit dem Note7, hat eine ebenso gute Kamera, nur eben keinen Stift zum Schreiben. Dafür ist es viel günstiger. Das S7 bekommt man ab rund 550 Euro, das S7 edge kostet etwa 70 Euro mehr. Das Note7 stand bis zum Ende mit 849 Euro in Samsungs Preisliste.
Damit ist klar, worauf sich Samsungs Mobilfunksparte in den kommenden Monaten konzentrieren wird: Das Galaxy S7 wird wieder stärker beworben werden, auf der Homepage der Mobilsparte hatte es nach Beginn der Rückrufaktion ohnehin schon das Note7 auf der Startseite abgelöst.
Der Name ist verbrannt
Leicht wird das im aktuellen Smartphone-Umfeld freilich nicht. Immerhin werden die beiden Varianten des S7 schon seit März verkauft, gelten im Mobilfunkmarkt damit schon als alt. Die neuen iPhones der 7er-Serie, mit denen eigentlich das Note7 konkurrieren sollte, sind dagegen gerade erst eingeführt worden. Im Android-Segment konkurrieren die S7 mit dem neuen Sony Xperia XZ, Motorolas Moto Z und Huaweis P9. Und gerade erst hat Google seine neuen Pixel-Phones vorgestellt, deren Kameras Wunderdinge vollbringen sollen.
Und dann ist da noch die Frage, was nach dem Desaster mit dem Note7 aus der Note-Serie werden soll. Obwohl der Konzern immer wieder deren Bedeutung als Top-Serie betont hat, wurden Note-Fans beispielsweise in Deutschland lange stiefmütterlich behandelt.
Nach dem Galaxy Note4 und dem Galaxy Note edge, die beide 2014 auf den Markt kamen, ließ Samsung seine Note-Fans hierzulande lange auf einen Nachfolger warten. Das Note5 wurde nicht in den deutschen Handel gebracht, die Versionsnummer 6 übersprungen. Mit dem Note7 sollte es endlich auch hierzulande weitergehen. Doch der geplante Erstverkaufstag fiel mit dem Start der Rückrufaktion zusammen.
Bitte kein Note8
Dass Samsungs Ingenieure längst an einem Note8 arbeiten, steht außer Frage. Wenn es so weit ist, dass ein neues Smartphone auf den Markt kommt, befassen sich dessen Entwickler längst mit anderen Dingen. Bei Samsung sollte man sich jetzt allerdings genau überlegen, ob es sinnvoll wäre, die Note-Serie fortzuführen. Ein neues Modell mit diesem Namen hätte mit enormen Vorbehalten zu kämpfen.
Das dürfte jetzt freilich für alle folgenden Smartphone-Neuvorstellungen des Konzerns gelten. Zwar haben die Koreaner in vielerlei Hinsicht richtig reagiert, als immer mehr Fälle brennender Note7 bekannt wurden. Für das daraus folgende Desaster können sie aber niemand anders als sich selbst verantwortlich machen.
Nicht von der Hand zu weisen sind beispielsweise Vermutungen, wonach der enorme Ehrgeiz innerhalb der Firma möglicherweise dazu geführt haben könnte, einen Akku in das Gerät zu bauen, der für dessen Gehäuse eigentlich zu groß ist. Dadurch könne es zu Kurzschlüssen kommen, sagte der Chef der US-Verbraucherschutzorganisation CPSC.
Schaden in Milliardenhöhe
Wie groß der ökonomische Schaden für den Konzern durch den Rückruf sein wird, ist kaum abzuschätzen. Die direkten Kosten für den Rückruf wurden auf ein bis zwei Milliarden Dollar geschätzt. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Analysten, die vermuten, der Produktionsstopp könnte 17 Milliarden Dollar kosten.
Nicht eingeschlossen in solche Rechnungen sind mögliche Einnahmeverluste durch Verkaufsrückgänge bei anderen Samsung-Smartphones. Die zu beziffern dürfte allerdings auch kaum möglich sein. Sehr klar ist jedoch der Verlust, den Samsung an den Börsen hinnehmen muss. Um acht Prozent fiel der Aktienkurs laut Reuters am Dienstag. Umgerechnet sind das 20 Milliarden Dollar.
"Samsung braucht einen Neustart"
Abzuwarten bleibt außerdem, wie schwer der Produktionsstopp Samsungs konzerninterne Lieferkette treffen wird. Vom Prozessor bis zum Display und vom Speicherchip bis zum Akku stellt das koreanische Unternehmen in seinen Unterabteilungen nahezu alle Bauteile seiner Smartphones selbst her. Auf diese Weise könnten sich die Folgen des Note7-Debakels innerhalb des Konzerns wie eine Schockwelle ausbreiten.
Chung Sun-sup, Chef der auf koreanische Konzerne spezialisierten Webseite "Chaebul.com", erklärt der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg" gegenüber deshalb: "Samsung braucht einen Neustart". Nur wenn das Unternehmen sich grundlegend umbaue, könne es das Vertrauen der Anleger zurückgewinnen.
Dazu, wie Samsung das Vertrauen der Konsumenten wiedergewinnen könnte, gibt es dagegen noch keinen sinnvollen Vorschläge. Vorerst sollte sich der Konzern bescheiden darum kümmern, weiteren Schaden von der Marke abzuwenden. Dazu bedarf es vor allem einer ehrlichen und nachvollziehbaren Erklärung, weshalb die Akkus des Note7 sich so leicht überhitzten. Und natürlich eines fairen und einfachen Prozedere, das die Rücknahme der bereits verkauften Galaxy Note7 regelt.
Quelle : spiegel.de
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