Nach der jüngsten Elabe-Erhebung für den Fernsehsender BMF und das Magazin "L'Express" kommt Macron auf 62 Prozent der Stimmen, Le Pen auf 38 Prozent. Der frühere Wirtschaftsminister hat demnach drei Punkte gegenüber der vorherigen Elabe-Umfrage gewonnen. Es ist der beste Wert, den eines der großen Institute für ihn seit der ersten Wahlrunde am 23. April ermittelt hat. Die Umfrage wurde nach dem letzten TV-Duell am Mittwochabend erhoben und legt nahe, dass Macron den heftigen Schlagabtausch mit Le Pen klar für sich entschieden hat.
Die Abstimmung am Sonntag ist eine der wichtigsten in Frankreich seit Jahrzehnten. Die Franzosen müssen sich entscheiden zwischen einem pro-europäischen früheren Investmentbanker, der staatliche Regulierung für Unternehmen beschneiden und zugleich Arbeitnehmerrechte schützen will, und einer EU-skeptischen Rechtsextremen, die raus aus der Euro-Zone und strikte Begrenzungen für Einwanderer will.
Meinungsforscher schätzen, dass mindestens 15 Prozent der rund 47 Millionen Wahlberechtigten noch unentschieden sind, wem sie ihre Stimme geben. Vor allem viele Linke sind enttäuscht vom Abschneiden ihrer Kandidaten - der Sozialist Benoit Hamon landete in der ersten Runde weit abgeschlagen bei gut sechs Prozent, der radikale Linke Jean-Luc Melenchon kam mit knapp 20 Prozent überraschend auf den vierten Platz, verpasste aber die Stichwahl. Viele Linken wollen nun weder Macron noch Le Pen ihre Stimme geben und gehen gar nicht erst zur Wahl. An der ersten Runde beteiligten sich laut Innenministerium knapp 78 Prozent. Laut Odoxa-Umfrage dürften es in der Stichwahl 75 Prozent werden.
TIEFE POLITISCHE GRÄBEN
Dass die politischen Gräben zwischen den Wählern in Frankreich deutlich tiefer sind als im Rest der Europäischen Union, könnte sich auch am Sonntag zeigen. Jeder fünfte Franzose beschreibt sich einer Eupinions-Umfrage der Bertelsmann-Stiftung zufolge als politisch extrem. 14 Prozent schätzen sich als rechtsextrem ein, sechs Prozent als linksextrem. Der europaweiten Erhebung zufolge verorten sich in der gesamten EU dagegen nur sieben Prozent an den politischen Rändern.
Zur politischen Mitte, also Mitte-Links und Mitte-Rechts, zählt sich gut ein Drittel der Franzosen. Im EU-Durchschnitt sind dies dagegen 62 Prozent der Bürger. "Die Spaltung in unversöhnliche Lager kann Politik und Gesellschaft lähmen", sagte Aart De Geus, der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann-Stiftung.
Je näher sich die Europäer an den politischen Rändern sehen, umso unzufriedener sind die Menschen. Jedoch ist laut Bertelsmann-Studie die Unzufriedenheit bei den Franzosen insgesamt stärker ausgeprägt als im EU-Schnitt, und das nicht nur an den Rändern. In Frankreich ist nicht einmal jeder fünfte der Mitte-Wähler mit dem Status Quo seines Landes zufrieden.
Wer immer am Sonntag in Frankreich gewinnt, muss ein polarisiertes Land einen und Misstrauen überwinden. Die etablierten Volksparteien haben dies bereits zu spüren bekommen. Der scheidende sozialistische Präsident Francois Hollande ist so unbeliebt wie keiner seiner Vorgänger und trat gar nicht erst zur Wiederwahl an. Erstmals seit 1958 findet eine Stichwahl für das Präsidentenamt statt, bei der weder ein Konservativer noch ein Sozialist dabei ist. Mit Macrons "En marche" (Vorwärts) ist ein neuer Akteur im Spiel. Auch wenn der erst vor einem Jahr ins Leben gerufenen Bewegung der Unterbau einer etablierten Partei fehlt, geben ihr manche Meinungsforscher gute Chancen, bei der Parlamentswahl im Juni die meisten Stimmen zu holen.
Quelle. reuters.de
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