Orbán forciert Verschwörungs-Kampagne gegen Soros

  28 November 2017    Gelesen: 930
Orbán forciert Verschwörungs-Kampagne gegen Soros
Der Konflikt zwischen Viktor Orbán und Top-Investor Soros wird immer extremer. Die ungarische Regierung verteilt jetzt das Buch eines deutschen Verschwörungstheoretikers. Es soll Soros’ böse Absichten belegen.
George Soros ist eine streitbare Persönlichkeit. Auf der einen Seite spendet er einen Großteil seiner Milliarden für politische Organisationen, die sich für Freiheit und Globalisierung in der Welt einsetzen. Auf der anderen Seite mischt er sich auch aktiv in den amerikanischen Wahlkampf ein oder finanziert Denkfabriken, die die Wirtschaftswissenschaften neu definieren sollen.

Das alles steuert er mithilfe seiner Open Society Foundations. Diese Stiftung hat sich auch zur Aufgabe gemacht, vor allem in Osteuropa westliche Werte zu etablieren. Zu seinem Mantra der offenen Gesellschaft gehört auch, die Grenzen für jede Art von Flüchtlingen offen zu halten.

Wo seine Milliarden jedoch hinfließen, weiß niemand so genau. Noch weniger ist bekannt, wie der Philanthrop und Meisterspekulant sein Vermögen an den Finanzmärkten gemacht hat. Das Vermögen, mit dem er die Welt jetzt zu einer besseren machen will.

Orbán-Regierung startet Buch-Kampagne gegen Soros

Dieser Mix aus Macht und Milliardenspekulation macht ihn zur perfekten Angriffsfläche für Verschwörungstheoretiker und zunehmend auch für viele Politiker, die mit der offenen Weltordnung wie sie Soros vorschwebt, nicht einverstanden sind.

Neu ist allerdings, dass sich Politiker und Verschwörungstheoretiker verbünden – zumindest argumentativ. Denn jetzt hat die Regierung Ungarns – aktuell sein lautester Widersacher – eine ganz spezielle Kampagne gegen Soros lanciert. Im Kampf gegen den liberalen US-Milliardär greift Budapest auf das Buch eines deutschen Verschwörungstheoretikers und Ufologen zurück.

Die Regierungspartei Fidesz des rechts-nationalen Regierungschefs Viktor Orbán will 5000 Exemplare des Buches „George Soros“ von Andreas von Rétyi unter Parlamentsabgeordneten und Aktivisten im ganzen Land verteilen. Die Orbán-Regierung beschuldigt den US-Milliardär, einen Plan zu verfolgen, um Millionen Migranten in Europa anzusiedeln und die „nationale und christliche Identität“ der Völker Europas auszulöschen. Zugleich missfällt ihr, dass Soros zivile Organisationen unterstützt, die mitunter die Regierung kritisieren.

Ein Pamphlet zu rechten Zeit

Ein regierungsnaher Verlag hat die ungarische Übersetzung des Buches des deutschen Autors arrangiert. „Es ist ein gründliches, genaues Werk“, sagte Fidesz-Sprecher János Halász im ungarischen Privatfernsehen. Die anderen Arbeiten Rétyis kenne er nicht, fügte Halász hinzu.

Rétyis Werk vermutet hinter Soros’ Aktivitäten einen perfiden Plan, Europa zu schwächen. Er unterstellt ihm, die Flüchtlinge nicht allein aus humanitären Gründen willkommen zu heißen. Stattdessen locke er sie bewusst an, um das abendländische Europa zu destabilisieren. Gleichzeitig installiere er mit seinen Netzwerken Schattenregierungen. Am Ende wolle Soros aus politischer und wirtschaftlicher Instabilität Kapital schlagen, so Rétyis These. Denn letztlich gehe es dem skrupellosen Investor noch immer um Spekulationsgewinne.

Für jemanden wie den ungarischen Ministerpräsidenten Orbán kommt ein solches Pamphlet offenbar gerade recht. Seine Regierung führt seit Monaten eine Propagandakampagne gegen den US-Milliardär, der selbst gebürtiger Ungar ist und nur durch einen glücklichen Zufall vor den Nazis fliehen konnte. Soros’ Wort hat in seiner Heimat auch deshalb moralisches Gewicht.

Deutscher Autor ist bekannter Verschwörungstheoretiker

Der Investor ist dem autokratisch agierenden Orbán zuletzt immer häufiger in die Quere gekommen, indem er versucht hat, die ungarische Gesellschaft gegen den Staatschef aufzubringen. Orbán wiederum versuchte etwa, die von Soros gegründete Zentraleuropäische Universität (CEU) in Budapest zu schließen. Der Streit ist bis nach Brüssel gegangen, und Soros scheint aus ihm als Gewinner hervorzugehen.

Das erklärt möglicherweise den neuen Versuch, Soros zu diskreditieren. Die Regierung schreibt ihm einen angeblichen Plan zur Organisation der Masseneinwanderung nach Europa zu. Außerdem soll er die Europäische Union (EU) zu diesem Zwecke manipulieren – eine These, die perfekt zu der von Rétyi passt.

Dabei ist Rétyi kein ausgesprochener Soros-Spezialist. Der 1963 in München geborene Autor gilt als Verfasser verschwörungstheoretischer Literatur. Unter anderem schrieb er über die Terroranschläge vom 11. September 2001 („Die Terror-(F)lüge“), die angebliche Machenschaften von Geheimsekten („Macht und Geheimnis der Illuminaten“) und die drohende Gefahr von Außerirdischen („Das Alien-Imperium“).

Quelle: welt

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