Wie die chinesische Regierung Christen drangsaliert

  24 Dezember 2018    Gelesen: 1030
Wie die chinesische Regierung Christen drangsaliert

Weihnachtsdekoration wird verboten, Gotteshäuser abgerissen: In China sind Christen, die Untergrundkirchen angehören, starken Repressionen ausgesetzt. Es sei denn, sie entscheiden sich für den Glauben nach Parteilinie.

Gut zwei Wochen waren es noch bis Weihnachten, da standen die Polizisten in den Wohnungseingängen. "Wohin bringen Sie meinen Mann?", ist eine Frau zu hören, die die Szene mit dem Handy aufnimmt. Ihr Mann wird mitgenommen - so wie Dutzende weitere Menschen in Chengdu an diesem 9. Dezember. Berichten zufolge waren fast hundert Menschen von der zweitägigen Polizeiaktion betroffen. Von sechs fehlt laut "Human Rights Watch" bis heute jede Spur.

Gut zwei Wochen waren es noch bis Weihnachten, da standen die Polizisten in den Wohnungseingängen. "Wohin bringen Sie meinen Mann?", ist eine Frau zu hören, die die Szene mit dem Handy aufnimmt. Ihr Mann wird mitgenommen - so wie Dutzende weitere Menschen in Chengdu an diesem 9. Dezember. Berichten zufolge waren fast hundert Menschen von der zweitägigen Polizeiaktion betroffen. Von sechs fehlt laut "Human Rights Watch" bis heute jede Spur.

Ins Visier der Behörden gerieten sie, da sie der Untergrundkirche "Early Rain" angehören sollen, die laut BBC insgesamt etwa 800 Anhänger zählt. Auch der Pastor Wang Yi und seine Frau wurden festgenommen. Ihm wird "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" vorgeworfen, 15 Jahre Haft können dafür maximal verhängt werden. Seine Frau steht unter Beobachtung, der 11-jährige Sohn lebt vorübergehend bei der Großmutter. Die Festtage wird er höchstwahrscheinlich ohne seine Eltern verbringen.

Ein Mitglied der Kirche, Li Yingqiang, postete kurz vor der Polizeiaktion ein Video im Netz. "Wir nehmen 200, 300 oder 500 Verhaftungen unserer Leute hin, damit die ganze Welt sieht, was wir für unseren Glauben bereit sind zu durchleiden", sagt er darin. In den sozialen Netzwerken kursieren später Bilder von gelb und blau verfärbten, angeschwollenen Knien und Füßen; Kirchenmitglieder behaupten, die Polizisten hätten ihnen die Verletzungen zugefügt. Eine Frau berichtet, sie sei an einen Stuhl gebunden worden und 24 Stunden ohne Essen und Trinken geblieben.

Grad der Repressionen ist unterschiedlich

Schätzungen zufolge leben 100 Millionen Christen in China - sie wären damit eine der größten christlichen Gemeinden weltweit. Doch seit Jahren geht die Kommunistische Partei (KP) gegen Gläubige vor, die sogenannten Untergrundkirchen angehören, die nicht staatlich registriert sind. Der Grad der Repressionen ist von Region zu Region unterschiedlich; teilweise treffen sich die Gläubigen nur noch in privaten Wohnungen, in anderen Gemeinden können sie öffentlich Schulen betreiben, wie die "Early Rain". Offiziell achtet die KP, wenngleich sie atheistisch ausgelegt ist, die Religionsfreiheit.

Die Festnahme des Pastors zeige nun aber eine neue Dimension, mit der die chinesische Regierung die Religionsfreiheit missachte, sagt Yaqiu Wang von "Human Rights Watch" in Hongkong. Verschlechtert habe sich die Situation für die Christen vor allem durch ein Gesetz, das im Februar in Kraft getreten war. Demnach ist "unautorisierter" religiöser Unterricht verboten, die Gläubigen sollten sich von Treffen mit ausländischen Religionsanhängern fernhalten.

"Xi geht es nicht in erster Linie um Religion", sagt Wang, "sondern darum, die Zivilgesellschaft immer stärker unter Kontrolle zu bringen". Betroffen sind auch andere Glaubensgemeinschaften: In der Region Xinjiang geht die Regierung mit massiven Sicherheitsmaßnahmen gegen die muslimische Bevölkerung der Uiguren dort vor. Knapp eine Million Menschen sollen in Lagern eingesperrt sein (hier lesen Sie mehr dazu).

Den Christen im Land bietet Peking offiziell "Orientierungshilfen" an, damit sich die Gläubigen "in der sozialistischen Gesellschaft zurechtfinden" könnten. Eine "chinesische Orientierung" der Religionsanhänger ist Bedingung dafür, dem Glauben unbehelligt nachgehen zu können. Christen sollten sich dafür den Kirchen anschließen, die sich der Parteilinie verpflichtet haben und von Priestern geführt werden, die die Partei auf den Posten hebt.

Andernfalls kommt es zu Bildern wie denen aus Linfen in der Provinz Shanxi. Dort wurde im Januar eine große, nicht-registrierte Kirche abgerissen, berichtete die US-Organisation China Aid. Die staatliche Zeitung "Global Times" schrieb zur Begründung, das Gebäude sei illegal errichtet worden und sei deshalb niedergerissen worden. Im September schlossen staatliche Stellen zudem vorübergehend die Zion Kirche, eine der größten Untergrundkirchen des Landes.

In Langfang in der Region Hebei müssen die Anwohner dieses Jahr auf die Weihnachtsdekoration in Straßen, Parks und Geschäften verzichten, berichtet die "New York Times". In einem offiziellen Schreiben heißt es, Kontrollen sollten sicherstellen, dass es an öffentlichen Orten keine Zurschaustellung von Religion gebe. "Wenn Sie etwas finden, machen Sie sich ein genaues Bild davon und berichten Sie einem Vorgesetzten." Mitarbeiter würden am 23., 24. und 25. Dezember in Straßen und Einkaufszentrum patrouillieren, damit dort keine Weihnachtsdekoration angebracht würde.

Dass es vor allem in der Vorweihnachtszeit zu härterem Durchgreifen gegen Regimegegner komme, habe schon "Tradition" in China, sagt Wang von "Human Rights Watch". So bekämen die Vorgänge weniger Aufmerksamkeit.

spiegel


Tags:


Newsticker