Kanzler Kurz droht Misstrauensvotum

  21 Mai 2019    Gelesen: 715
Kanzler Kurz droht Misstrauensvotum

Die Koalition von Sebastian Kurz ist zerbrochen, Österreichs Kanzler muss um seinen Posten bangen: Eine kleine Oppositionspartei hat einen Misstrauensantrag angekündigt - jetzt kommt es auf FPÖ und SPÖ an.

 

Der konservative Kanzler könnte sich in diesen Chaos-Tagen besonders präsidial inszenieren - und das Land gewissermaßen mit einer Regierung der Vernunft in die angepeilten Neuwahlen steuern. Experten sollen nach dem Bruch der Koalition die Minister der FPÖ ersetzen.

Nur: Die Opposition könnte all diese Pläne zunichte machen. Längst ist nicht mehr sicher, ob sich Kurz im Amt halten kann. Sollten der bisherige Koalitionspartner und die oppositionellen Sozialdemokraten im Parlament für einen Misstrauensantrag stimmen, würde in Österreich erstmals ein Regierungschef auf diese Art und Weise abgewählt.

Es mehren sich die Anzeichen dafür, dass Kurz genau dieses Szenario droht. Es gilt als wahrscheinlich, dass das Parlament am kommenden Montag zu einer Sondersitzung zusammenkommt und über einen entsprechenden Misstrauensantrag debattiert. Die Liste "Jetzt" hat diesen angekündigt. Die Frage ist nun, wer den Kanzler-Sturz mittragen würde.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner forderte am Montag nach einem Gespräch bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen schon einmal, die gesamte Regierung müsse zurücktreten und gegen ein Übergangskabinett aus Experten ausgetauscht werden - also auch Kurz und seine ÖVP-Minister.

Auslöser der Krise ist ein vom SPIEGEL und von der "Süddeutschen Zeitung" veröffentlichtes Skandalvideo, das den bisherigen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigt, wie er vor der Wahl von 2017 auf Ibiza einer vermeintlichen russischen Oligarchin Staatsaufträge für Wahlkampfhilfe in Aussicht gestellt hat. Strache ist inzwischen als Vizekanzler und FPÖ-Parteichef zurückgetreten. Die FPÖ kündigte am Montagabend an, dass alle ihre Minister die Regierung verlassen werden.

Für Kurz ist nun auch entscheidend, wie sich genau jene FPÖ verhält. "Der Hausverstand sagt einem, dass es relativ schwer ist, von jemandem das Vertrauen zu verlangen, dem man gerade das Misstrauen ausgesprochen hat", drohte der geschasste FPÖ-Innenminister Herbert Kickl.

Sollte ein Misstrauensantrag Erfolg haben, müsste Bundespräsident Alexander Van der Bellen einen neuen Regierungschef ernennen. Kurz wiederum müsste dann ohne Amtsbonus in die für September geplante Neuwahl gehen.

Nach Einschätzung der Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle aus Kärnten wird die FPÖ bei dem geplanten Misstrauensantrag im österreichischen Parlament gegen den Kanzler stimmen. "Die haben Rachegelüste", sagte die Wissenschaftlerin. Auffällig sei außerdem, wie sehr die FPÖ bereits wieder in eine Oppositionsrhetorik gekippt sei. "Sie versuchen zu erzählen, dass das Platzen der Regierung die Schuld der ÖVP ist."

"Die entscheidende Figur auf dem politischen Schachbrett ist nun Bundespräsident Alexander Van der Bellen", sagte Stainer-Hämmerle. Er könne durch Gespräche vielleicht noch einen Ausweg aus der Krise moderieren.

spiegel


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