Auf der Insel Sansibar ist es 1997 gelungen, die Tsetsefliege auszurotten, die Überträgerin der Schlafkrankheit. Die Fliegen wurden in großem Stil gezüchtet, die Männchen mit radioaktiver Strahlung sterilisiert und freigelassen. Sie paarten sich mit den freilebenden Tsetsefliegen, bekamen aber keine Nachkommen: nach 18 Monaten brach die Population zusammen. Zuvor waren mit Hilfe der Sterilisationstechnik die Schraubenwurmfliege in Nordamerika und die Mittelmeerfruchtfliege in Mittelamerika besiegt worden.
Freilassungsstationen für Schraubenwurmfliegen
"In Panama gibt es immer noch Freilassungsstationen für sterilisierte Schraubenwurmfliegen, damit sie aus Südamerika nicht wieder einwandern kann", sagt Ernst Wimmer. Der Biologe an der Universität Göttingen entwickelt Techniken, mit denen Mücken oder Fliegen nicht per Bestrahlung, sondern genetisch so verändert werden, dass sie keine Nachkommen haben. "Anders als Fliegen sind Mücken nach der Bestrahlung nicht so fit, dass sie für die freilebenden Artgenossen tatsächlich eine Konkurrenz darstellen." Deshalb setze man auf gentechnisch veränderte Mücken. Sie tragen entweder Gene, die sie selbst oder die folgende Generation unfruchtbar machen, oder die das Insekt resistent gegen den Erreger machen, der Menschen gefährlich werden kann.
Mendels Regeln werden auf den Kopf gestellt
Forscher wie Anthony James von der Universität Irvine verfolgen einen anderen Ansatz. Sie wollen die Mücken so verändern, dass sie die Erreger loswerden, die sie übertragen. 2012 manipulierte er Anopheles-Mücken so, dass sie Antikörper gegen den Malariaerreger Plasmodium falciparum entwickeln. Allerdings würde es viel zu lange dauern, bis sich der Effekt unter den Mücken verbreitet. Denn paart sich eine Labormücke mit einem freilebenden, erben zwar alle Nachkommen eine Kopie des künstlichen Gens. Aber schon in der zweiten Generation erbt es nur noch jeder vierte. Mit der neuen Genscheren-Technik Crispr lässt sich das jedoch umgehen. Indem die Forscher dem Genkonstrukt eine solche "Schere" mitgeben, schreibt es sich auch auf das Chromosom, das von freilebenden Elternmücken vererbt wurde. Binnen kürzester Zeit ist es in allen Mücken zu finden. "Gene Drive" (Gendrift) nennt sich die Technik, die die Vererbungsregeln Gregor Mendels auf den Kopf stellt.
Kevin Esvelt, der am Wyss-Institut in Cambridge selbst an Gene Drives forscht, mahnt sich und seine Kollegen zur Vorsicht. Er habe kein gutes Gefühl, wenn in Labors flugfähige Insekten gezüchtet werden, deren gentechnische Veränderung sich rasend schnell in der Natur verbreiten könnte, sollten sie entkommen. Selbst wenn das keine ökologischen Folgen hätte, würde es Wissenschaftler wie "sorglose Cowboys" aussehen lassen, woraufhin schlimmstenfalls jegliche Forschung gestoppt würde. Er forderte deshalb im Fachblatt Science strenge Regeln für diese Forschung, wie eine Genehmigung durch eine Expertenkommission und spezielle Laborkonstruktionen, die ein Entkommen der Insekten verhindern.
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