Das blaue Wunder

  05 Dezember 2019    Gelesen: 674
Das blaue Wunder

Die Torres del Paine sind das Sehnsuchtsziel von Kletterern und Wanderern - Tausende pilgern in den Nationalpark im Süden Chiles. Doch es gibt noch Spots, an denen es so einsam wie früher ist.

Patagonien gilt als das schönste Ende der Welt, als ein Inbegriff für wilde und ungezähmte Natur - das Shangri-La für Naturreisende. Besonders deutlich wird dies im berühmtesten Park der Landschaft, dem Torres-del-Paine-Nationalpark im Süden Chiles. Bis zu 3000 Meter hohe Berge, riesige Gletscher, Fjorde, Seen und weite Tundra prägen das Bild, dazu Kondore und Guanakos.

Die Anziehungskraft der beeindruckenden Natur hat allerdings auch Folgen: Die Besucherzahlen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Was in den Achtzigern noch als Insidertipp für wenige Individualtouristen galt (1985: etwa 1500 Touristen), ist mittlerweile Ziel von mehr als 200.000 Menschen im Jahr. Mancherorts zu viele - auch waren unachtsame Touristen in den vergangenen Jahren für katastrophale Waldbrände verantwortlich.

Eine andere Maßnahme ist die Limitierung der Besucher: Für die zwei Haupttreks muss man sich mittlerweile länger im Voraus anmelden. Es gibt neben CONAF zwei Reiseveranstalter - Fantastico Sur und Vertice -, die die Zeltplätze auf dem W- oder dem O-Trek koordinieren (die Wanderungen bilden, auf der Landkarte gesehen, jeweils die Form der Buchstaben).

Für jeden dieser Treks muss jeder Zeltplatz vorher einzeln beim jeweiligen Anbieter gebucht werden. Man muss also auf den vorgegebenen Campingplätzen bleiben und sich an den Zeitplan halten. Insbesondere Letzteres ist natürlich nicht ganz einfach in einer Gegend, die besonders für ihr instabiles Wetter bekannt ist.

Wer keine Reservierung hat, kann die mehrtägige Tour nicht so machen wie vorgesehen. Zur Hochsaison kann es schon einmal eng werden. In der Nebensaison können Einzelpersonen mit etwas Glück auch spontan noch ein paar Restplätze ergattern. Wildcampen ist im Park verboten.

Wer keinen der Haupttreks buchen will oder mehr kann, ist nicht umsonst an dieses Ende der Welt gereist: Die Aussicht von den sogenannten Lookouts ist von fast überall im Nationalpark atemberaubend, auch Touren außerhalb der bekannten Wanderungen dorthin lohnen sich.

Ein relativ kurzer Spaziergang führt etwa vom Parkplatz zum Salto Grande, einem riesigen Wasserfall, der die Seen Lago Nordenskjöld und Lago Pehoe verbindet. Wer den Weg noch etwa eine Stunde lang weiterläuft, gelangt zum Mirador Cuernos, von dem aus man eine gute Sicht auf die "Hörner" der Torres und den Lago Nordernskjöld hat.

Wer zum beliebten Mirador Base de las Torres will, um die bekannteste Ansicht der drei Felsgipfel zu sehen, sollte besser sehr früh aufstehen: Wenn um acht Uhr die Touristenbusse anrücken, drängen sich viele Menschen auf dem Weg, der an manchen Stellen zu schmal zum Überholen ist. Manche versuchen sogar, sich mit FlipFlops den steilen und steinigen letzten Abschnitt hinauf zu kämpfen. Diejenigen, die den Anstieg unterschätzt haben, verschnaufen am Wegesrand.

Am Aussichtspunkt selbst wartet keine Naturromantik, sondern eine Warteschlange an der smaragdgrünen Lagune. Begehrtestes Souvenir ist hier: ein Selfie auf einem Stein im Wasser, im Hintergrund die Torres del Paine, in der Sprache des Theuelche-Volks für "Türme des blauen Himmels".

Zum Glück lassen sich solche überfüllten Orte im Nationalpark vermeiden - sie beschränken sich räumlich auf wenige Hotspots und zeitlich auf die Periode zwischen Mitte Dezember und Mitte Februar. Mit ein wenig Flexibilität lassen sich also auch weiterhin traumhafte Tage bei den Torres del Paine verbringen.

spiegel


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