Drei Tage lang war die Fußball-Bundesliga spannend, drei Tage - von Mittwoch bis Samstag - durfte, wer wollte, über die theoretische Chance der Dortmunder Borussia räsonieren, dem FC Bayern im Kampf um die Deutsche Meisterschaft tatsächlich gefährlich werden zu können. Dann trennten sich beide Mannschaften im Topspiel dieses 25. Spieltags vor 81.359 Zuschauern im Westfalenstadion torlos, und am Ende ist es so, wie es der verletzte Münchner Jérôme Boateng sagte: "Die Dortmunder hätten gewinnen müssen, um noch einmal richtig Druck aufbauen zu können."
Will heißen: Es bleibt neun Runden vor dem Ende der Saison bei den fünf Punkten Vorsprung der Münchner an der Tabellenspitze. Oder wie es Boatengs Kollege Thomas Müller nach der hochklassigen Partie formulierte: "Die Dortmunder haben viel probiert, aber sie haben nicht gegen Osterhasen gespielt, sondern gegen den FC Bayern." Und sagte dann das, was die höflichen Münchner stets sagen: "Es nichts entschieden." Das klingt gut, stimmt aber nicht - das weiß nicht nur Boateng, der offensichtlich die Sprachregelung der Bayern ignoriert hatte. Der noch höflichere Trainer Josep Guardiola hingegen hielt sich dran: "Für uns ist nun jedes Spiel ein Finale. Der BVB kann neunmal in Folge gewinnen." Klar, kann er. Können die Münchner aber auch. So bleibt es dabei: Drei Tage lang war das Titelrennen spannend.
2. Der BVB feiert sich als bester Zweiter
Wenn die Dortmunder nach diesem 0:0 mit sich und der Welt zufrieden waren, dann zeugt das nicht davon, dass sie nicht Meister werden wollen. Sondern davon, dass sie nach einer sehr guten Leistung die Lage realistisch einschätzen. So konstatierte Thomas Tuchel, der Trainer des BVB, mit einer gewissen Vehemenz: "Egal. Es ist mir egal. Jetzt sind es fünf Punkte. Egal! Es ist ja völlig egal, ob es zwei, fünf oder acht Punkte sind." Fazit: "Es ist egal." Denn: "Wir haben abgeliefert ohne Ende, die Grenzen verschoben. Es war ein Genuss, dieses unglaublich gute Spiel zu coachen. Ich hätte es mit keiner anderen Mannschaft spielen wollen als mit meiner."
In der Tat überzeugte der BVB mit flexibler Taktik, spielte mal mit fünf, mal mit drei Verteidigern und war dem Gegner durchaus ebenbürtig. Das sah auch Mats Hummels so: "Das ist höchstes taktisches Niveau, fußballerisch sowieso und vom Einsatz auch." Zur Erinnerung: Das Hinspiel hatten die Dortmunder noch mit 1:5 verloren. Aber wäre nicht mehr drin gewesen gegen den Branchenprimus? Angesichts der bayrischen Dominanz nach der Pause eher nicht. Es gibt also keinen Grund zu hadern. Und das nicht nur, weil Münchens Guardiola den BVB hinterher "als großen, großen Gegner" adelte, als den "besten Zweiten aller Zeiten in Deutschland". Als Erkenntnis bleibt, dass die Dortmunder den FC Bayern zwar in der Liga nicht mehr überholen werden, aber in einem Spiel ist alles drin. Vielleicht treffen sich beide Teams ja am 21. Mai in Berlin - dann findet im Olympiastadion das Finale des DFB-Pokals statt. Und vielleicht köpft Adrian Ramos dann nicht wie am Samstag in der 88. Minute den Ball nach einer Flanke von Pierre-Emerick Aubameyang aus fünf Metern neben Manuel Neuers Tor - sondern hinein.
3. Pizarro ist der Benjamin Button der Bundesliga
Was läuft da in Bremen für ein Film? Claudio Pizarro, 37 Jahre alt, trifft, wie er will, beim 4:1 des SV Werder gegen Hannover 96 bereits zum elften Mal in dieser Saison. Das erinnert an den Kinoerfolg "Der seltsame Fall des Benjamin Button", in dem Brad Pitt den Protagonisten spielt, der nicht altert, sondern - im Gegenteil - immer jünger wird. Die Hannoveraner jedenfalls schienen gebührend beeindruckt, wie ihr Trainer Thomas Schaaf, in Bremen jahrelang Pizarros Chef, zu berichten wusste. Schaaf beschrieb die Szene vor dem Tor des Peruaners zum 2:0 nach 26 Minuten so: "Sieben Mann stehen herum und gucken zu. Hätte nur gefehlt, dass sie Beifall klatschen." Einen Applaus aber ist es allemal wert, was Pizarro leistet, nachdem er im Sommer vom FC Bayern zurück an die Weser gekommen war. Am Mittwoch beim 4:1 in Leverkusen hatte er dreimal getroffen, die Bremer stehen nach diesen beiden deutlichen Siegen nun auf Rang 13 der Tabelle, drei Punkte vor dem Relegationsplatz, sechs vor einem direkten Abstiegsplatz. "Wir haben jetzt wieder mehr Ruhe bei der Arbeit. Und die Chance, nicht wieder ganz unten reinzurutschen", sagte Pizarro - und freute sich auf die Partie in München am kommenden Samstag. Bremens Manager Thomas Eichin traut ihm alles zu: "Claudio ist in jedem Spiel für ein Tor gut. Auch bei den Bayern."
4. Wolfsburgs Fans blamieren sich
Sportlich läuft es beim VfL Wolfsburg wieder: Nach dem 4:0 in Hannover unter der Woche und dem 2:1 gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag steht die Elf vom Mittellandkanal auf Rang sieben der Tabelle - und hat plötzlich nur noch vier Punkte Rückstand auf Rang vier, der am Ende der Saison zur Qualifikation für die Champions League berechtigt. Gar nur zwei Zähler sind es bis zu einem Europaligaplatz. Trainer Dieter Hecking konstatierte: "Dafür brauchen wir eine Serie. Vielleicht haben wir sie jetzt gestartet."
Weniger überzeugend präsentierten sich allerdings einige Fans der Wolfsburger. Sie hängten in der Nordkurve des Stadion gleich zwei Plakate auf und wollten, so steht zu vermuten, den Klub aus der Nachbarstadt Braunschweig ärgern, der in der zweiten Liga spielt: "Blau Gelbe Schweine seht es ein", stand auf dem einen. Und auf dem anderen darunter: "Wir werden auf ewig hinter uns bleiben." Was die verwirrten Wolfsburger eigentlich sagen wollten, dürfte jedem klar sein. Wohl selten gab es so ein peinliches Plakat. Hintergrund war, dass der VfL in der ewigen Tabelle der Bundesliga die Eintracht nun überholt hat. Die Anhänger der Braunschweiger waren dankbar für diese Vorlage. Beim 1:1 gegen den MSV Duisburg am Sonntag hängten sie im Stadion an der Hamburger Straße ihrerseits ein Plakat auf: "Verein für Legastheniker: Ihr bleibt ewig hinter Euch!!!"
5. Man geht niemals so ganz
Der Trainer? Erwiesenermaßen ein Fachmann. Die Mannschaft? Teuer wie nie zuvor in der Vereinsgeschichte und auf dem Papier auch gut wie lange nicht. Der Punktestand? Tja. 24 Zähler nach 25 Spieltagen, das bedeutet Abstiegskampf für Eintracht Frankfurt. Aber wer Armin Veh am Samstag nach dem Schlusspfiff gegen den FC Ingolstadt, dieser 1:1-Niederlage im eigenen Stadion, auf der Eintracht-Bank hocken sah, schockgefroren, verbitterte Miene, der ahnte: Veh kämpft nicht mehr. Am Sonntag wurde das Scheitern des "Liebes-Revivals" (sid) offiziell verkündet. Kein Veh-Rücktritt wie beim VfB Stuttgart, wo er entnervt aufgegeben hatte und der auch in Frankfurt befürchtet (vom Vorstand) bzw. erhofft (von den Fans) worden war, sondern offiziell ein Rauswurf.
Tatsächlich war es eine Erlösung für Veh und Verein, der bei der Bestellung eines neuen Retter-Trainers oder - noch besser - eines Frankfurter Favres nun die Qual der Wahl hat. Mirko Slomka hat zwar schon abgesagt, gehandelt wird trotzdem noch über ein halbes Dutzend Kandidaten. Nämlich: Markus Gisdol, Kosta Runjaic, Niko Kovac, Tayfun Korkut, Jos Luhukay, Lucien Favre (das Original) und - Überraschung - Jens Keller. Der hat zwar ein eigenes Schlagwort im n-tv.de-Redaktionssystem, war nach seinem Rauswurf beim FC Schalke im Oktober 2014 aber mit exakt null Vereinen in Verbindung gebracht worden. Nun beweist er: Man geht niemals so ganz. Schon gar nicht im Fußball.
6. Für den HSV kommt es knüppeldick
Liebe HSV-Fans, Sie müssen jetzt ganz tapfer sein. Wir müssen Ihnen leider mitteilen: Ihr liebgewonnener Bonus wird in dieser Saison gestrichen. Nicht nur das fröhliche, vom Verein finanzierte Frustgrillen entfällt. Wie Fans ganz normaler Fußballvereine müssen Sie sich in dieser Saison auch mit 34 Bundesligaspielen begnügen, die beiden Ehrenrunden in der Relegation entfallen ersatzlos. Nach dem fein herausgemüllerten 2:0 ihres kickenden Dinos über die Alte Dame Hertha ist Ihr Hamburger SV nicht nur statistisch gerettet, 31 Punkte nach 25 Spieltagen haben immer gereicht. Selbst ein dramatischer Einbruch in den verbleibenden neun Spielen, für den Ihr chaosliebender und -lebender Klub ja immer gut ist, wird nicht mehr für den Absturz auf Rang 16 reichen. Dafür ist die Schar qualitativ unterdurchschnittlicher Mitbewerber quantitativ einfach zu groß, selbst den 1. FC Köln haben Sie ja bei Ihrem Sturm auf Platz 10 nun hinter sich gelassen. Deshalb bleibt uns nur, mit Hoffnung auf Besserung im neuen Jahr zu verbleiben. Kopf hoch!
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