So fährt die neue Mercedes E-Klasse

  10 März 2016    Gelesen: 790
So fährt die neue Mercedes E-Klasse
Die E-Klasse von Mercedes gehört zu den meistverkauften Businesslimousinen der Welt. Hinzu kommt, dass sie seit ihrem Start vor 63 Jahren ein Innovationsträger ist. So auch das neue Modell, das nicht nur in puncto autonomen Fahrens einen Sprung gemacht hat.
Es ist die zehnte Generation der E-Klasse, die Mercedes ab April auf die Straßen schickt. Bis heute verkauften die Stuttgarter sagenhafte 13 Millionen Einheiten der Oberklasselimousine. Aus gutem Grund - war sie doch schon immer einer der Innovationsträger der Daimler AG. In ihr wurde zuerst das ABS präsentiert, das Bluetec-Verfahren sorgte zuerst in einer E-Klasse für weniger Emission der Dieselaggregate und auch eine 9-Stufen-Automatik legte hier erstmals die Gänge ein.

Insofern wundert es nicht, dass neben dem neuen Antlitz auch jetzt wieder ein ganzer Sack an Neuerungen für Schwung beim Absatz sorgen soll. Ola Källenius, Mitglied des Vorstandes bei Daimler, beschreibt es so: "In unserer neuen E-Klasse wird moderner Luxus erlebbar." Aber was bedeutet das genau? Natürlich gehören dazu die zwei Media-Displays mit jeweils 12,3 Zoll, die in der Summe ein größeres Bild liefern als die Monitore in der S-Klasse. Auch die Ambientebeleuchtung mit 64 möglichen Farbeinstellungen gehört dazu oder die zwei Touch-Control-Buttons am Lenkrad, die die Bedienung der Media-Einheit so einfach machen, als würde man sein Smartphone bedienen.

Allein gegen alle?

Aber all das ist nur ein kleiner Teil dessen, was in der E-Klasse das Fahrvergnügen steigern soll. Auf dem Weg zum autonomen Fahren haben die Stuttgarter die Fähigkeiten der Assistenzsysteme deutlich weiterentwickelt. So sorgen jetzt nicht mehr nur ein Spurhalteassistent und ein Abstandswarner für mehr Sicherheit im Verkehr, sondern die Kombination aus einer ganzen Reihe von elektronischen Helferlein subsummiert sich nun unter dem sogenannten Drive-Pilot. Der ist bis zu einer Geschwindigkeit von 210 km/h in der Lage, große Teile der Steuerung des Fahrzeuges zu übernehmen.

Im Einzelnen heißt das, dass die Kombination aus Radar, Sensoren und Stereokamera dafür sorgt, dass der Wagen in der Spur bleibt, wobei er sich nicht mehr nur an den Fahrbahnmarkierungen, sondern auch an vorausfahrenden Fahrzeugen und Autos auf der Nebenspur orientiert. Bis zu Tempo 130 benötigt die Elektronik nicht mal mehr Orientierungshilfen in Form von Seitenstreifen. Dieses Vermögen lässt es sogar zu, dass, setzt der Fahrer den Blinker für zwei Sekunden, die E-Klasse den Überholvorgang selbständig vornimmt. Ob das in der Praxis tatsächlich eine Relevanz hat, darf bezweifelt werden, denn ist der Blinker gesetzt, folgt in der Regel unweigerlich die Eigeninitiative, bei der der Fahrer seinen Wagen auf die Überholspur bringt. Aber wie dem auch sei: Das Vermögen ist da und mit Blick auf zukünftig autonom fahrende Autos ist auch das ein enorm wichtiger Schritt.

Bremsen und ein Ton gegen den Crash

Aber damit nicht genug: Wenn der Drive-Pilot aktiviert ist, beachtet er auch konsequent Geschwindigkeitsvorgaben. Jedenfalls so lange, wie der Fahrer nicht dagegen opponiert. Auch bei der Berechnung von möglichen Crash-Szenarien lässt die Elektronik den Fahrer nicht im Stich. Durch aktive Bremseingriffe, nicht aber durch Lenkradbewegungen schiebt sich der Wagen selbständig aus der Gefahrenzone, wenn beim Spurwechsel beispielsweise ein Auto im toten Winkel nicht zu sehen war.

Bei einem drohenden Frontalzusammenstoß reagiert die Elektronik ebenfalls konsequent. Entweder wird eine harte Notbremsung eingeleitet oder aber die Berechnungen reichen aus, dass die sich kreuzenden Fahrzeuge nicht zusammenstoßen. In der Praxis ein gewagtes Spiel, weil es dem Piloten extrem knapp erscheint, wie die beide Wagen aneinander vorbeischießen. Aber bei mehreren Versuchen hatte nicht das Gefühl, sondern immer die Elektronik Recht. Sollte es dennoch zu einem Seiten-Crash kommen, werden die Insassen zum einen aus der Gefahrenzone geschoben, zum anderen wird ihnen über die Lautsprecher ein Ton auf das Ohr der Einschlagseite gespielt – Mercedes nennt es Pre-Safe-Impulse - der die tonale Wucht eines Zusammenstoßes mindern soll. Selbstredend kann im Zeitalter der Smartphones dieses unerlässliche Utensil auch dazu benutzt werden, die E-Klasse zu öffnen oder über eine entsprechende App aus der Ferne in und aus recht engen Parklücken zu manövrieren.

Und wo bleibt der Fahrspaß?

Bei so viel elektronischer Hilfestellung kommt natürlich die Frage auf, ob der eigentliche Fahrspaß nicht doch auf der Strecke bleibt: Mitnichten. Zum einen sind die vielen Helferlein nur eine Option. In Serie gibt es lediglich den Seitenwindassistent, den Bremsassistent und den Müdigkeitswarner. Zum anderen soll das Fahrvergnügen natürlich auch über die Triebwerke generiert werden. Zum Start wäre der potenteste Spaßmacher der E 400 4Matic. Mit seinem V6-Benziner, 333 PS, 480 Newtonmetern Drehmoment und einer Kraftverteilung von 45/55 zu Gunsten der Hinterachse lässt sich die Businesslimousine auch mal schwungvoll um die Kurve schaukeln.

Wer es noch sportlicher mag, muss sich bis September gedulden, dann werden die AMG-Modelle gemeinsam mit dem T-Modell präsentiert. Bis dahin gehört auch der bekannte und wohl meistverkaufte Motor in der E-Klasse, der E 350 d, zu den potentesten Aggregaten. Der Sechszylinder-Diesel leistet aus drei Litern Hubraum 258 PS und drückt satte 620 Newtonmeter auf die Hinterachse. Tempo 250 ist kein Problem und die 100-km/h-Marke ist bereits nach 5,9 Sekunden geknackt. Am preiswertesten steigt in eine E-Klasse, wer den E 200 ordert. Der Vierzylinder offeriert aus zwei Litern Hubraum 184 PS und kostet ab 45.303 Euro.

OM 651 - Der interessante Langläufer

Das aber mit Abstand interessanteste Aggregat ist der neue und intern als OM 654 bezeichnete Zweiliter-Diesel. Das Triebwerk kommt hier erstmals im E 220 d zum Einsatz und wird sukzessive den OM 651 in allen Baureihen ablösen. Bei einer ersten Ausfahrt macht der 194 PS starke Selbstzünder einen wirklichen guten Eindruck. Mit ausgezeichneter Laufruhe gibt er nicht den Poser. Vielmehr verteilt er die Kraft von 400 Newtonmetern sehr gleichmäßig ab 1600 Umdrehungen an die Hinterräder und schiebt den 1680 Kilogramm schweren Business-Liner in 7,3 Sekunden auf Landstraßentempo. Wer es partout sportlich will, der kann über den inzwischen obligaten Fahrmodischalter in der Mittelkonsole auch das entsprechende Programm, Sport oder Sport Plus, wählen und sich zur Endgeschwindigkeit von 240 km/h tragen lassen, muss für diesen Ritt aber etwas Zeit einplanen, denn eine Sportskanone ist der E 220 d nicht.

Das will er aber auch gar nicht sein. Seine Sache ist eher der Langstreckenlauf. Ob der schon erwähnten Laufruhe verführt er zum Gleiten statt zum Rasen, wobei der cW-Wert von 0,23 neben der Auslegung des Motors an dieser Stelle auch für einen akzeptablen Verbrauch sorgen sollte. Daimler gibt den Durchschnitt im Datenblatt mit 3,9 Litern an. Beim ersten Ausritt über 178 Kilometer und einer Mischung aus Autobahn, Landstraßen und Stadtverkehr blieb die Uhr bei 6,8 Litern stehen, was durchaus erfreulich ist.

Hinzu kommt, dass beim OM 654 der SCR- und Oxydationskatalysator in einem Bauteil stecken. Diese Kombination sorgt dafür, dass lediglich 102 Gramm/CO2 über eine Strecke von 100 Kilometer aus den doppelten Endrohren ausgeworfen werden. Das entspricht den künftig gültigen RDE-Richtlinien und topt die bisher gültige EU6-Richtlinie. Für Flottenkunden und Sparfüchse – so soll an dieser Stelle orakelt werden – könnte sich dieses Triebwerk ob seines Verbrauchs und der Langstreckenperformance zur ersten Wahl entwickeln. Was die Käufer dann als weitere Goodies hinzubuchen, ist Geschmackssache und eine Frage des Budgets. Fakt ist, dass die neue E-Klasse für den Moment auf Wunsch mehr bietet als das Flaggschiff der S-Klasse. Wie sich die Preise im Einzelnen strukturieren, verrät Mercedes erst kurz vor dem Marktstart.

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