Panama Papers: Warum Poroschenko diesmal zu Unrecht am Pranger steht

  07 April 2016    Gelesen: 788
Panama Papers:  Warum Poroschenko diesmal zu Unrecht am Pranger steht
Der ukrainische Präsident Poroschenko wird bei den Panama-Enthüllungen beschuldigt: Als seine Armee besiegt war, soll er schnell Vermögen nach Übersee transferiert haben. In Wahrheit war es anders.
Die Maidan-Revolution machte nicht nur denInternet-Sender Hromadske TV populär, sondern auch den OligarchenPetro Poroschenko, der im Mai 2014 zum Präsidenten der Ukraine gewählt wurde.

Der Staatschef hat seitdem viel Vertrauen verspielt. Die Auswertung der Panama-Papiere sorgte in der Ukraine für Empörung. Denn in den Unterlagen taucht eine Poroschenko-Firma auf: Das Unternehmen heißt Prime Asset Partners (offenbar eine Anlehnung an die Initialen des Präsidenten, er heißt mit vollem Namen Petro Alexejewitsch Poroschenko).
Heftiger als die Konkurrenz attackierte der Revolutionssender Hromadske daraufhin den Staatschef. "Das Doppelleben des Präsidenten", lautete eine Sendung. Die Redaktion zeigte nachgestellte Szenen aus dem Büro von Poroschenko-Juristen und dann wieder Soldaten, die in der Ostukraine in Gefangenschaft geraten waren und von prorussischen Verbänden gedemütigt wurden. Die Soldaten leiden, aber der Präsident bringt schnell sein Vermögen in Sicherheit, war die Botschaft des TV-Beitrags.

Die "Süddeutsche Zeitung", der die Daten zugespielt wurden, berichtet von "Poroschenkos Feldpost". Der Präsident sei während der Schlacht, "während alle Augen in einer Mischung aus Panik und Hoffnung auf Ilowajsk gerichtet waren, offenbar auch mit privaten Finanzangelegenheiten befasst". Das belegten E-Mails seiner Leute, die beim Offshore-Dienstleister Mossack Fonseca landeten, und zwar "genau zu dieser Zeit".

Wozu braucht der Präsident ein Netz aus Offshore-Firmen?

Ilowajsk steht für eine der schwersten Niederlagen Poroschenkos und ein nationales Trauma. Vorgerückte Einheiten wurden bei der Ortschaft im August 2014 eingeschlossen, tagelang verschleierte die Führung in Kiew die wahre Lage. Am Ende starben hunderte Ukrainer beim Versuch, den Kessel zu verlassen: Separatisten rieben den Konvoi auf, obwohl Russlands Präsident Wladimir Putin freies Geleit versprochen hatte.

Doch die Darstellung des Panama-Deals hat einen Haken: Sie stimmt so nicht. Die Mail von Poroschenkos Juristen an Mossack Fonseca datiert auf den 4. August 2014, der ukrainische Vorstoß auf Ilowajsk begann am 10. August. Zuvor hatten Ukrainer Geländegewinne verzeichnet, im Juli die einstige Separatistenhochburg Slowjansk erobert. Um die drohende Niederlage der selbst ernannten "Volksrepubliken" zu verhindern, erhöhte dann Moskau den Einsatz: Mitte August griffen Verbände der russischen Armee in die Kämpfe ein. Als die Mail nach Panama abgeschickt wurde, deutete aber noch nichts auf diese Entwicklung hin. Im Gegenteil, die Zeichen standen auf Sieg. Vermutlich hatte Poroschenko den Juristen zudem schon vorher den Auftrag gegeben.

Das entkräftet zwar nicht alle Vorwürfe, nimmt ihnen aber die Spitze: Den unterstellten Verrat, die Behauptung, der Präsident habe sich im Angesicht einer nationalen Katastrophe vor allem um sein eigenes Wohl gesorgt. Andere Vorwürfe bleiben jedoch bestehen:

Wozu braucht der Präsident ein Netz aus Offshore-Firmen? Ein Verdacht: Er könnte versucht haben, Steuerzahlungen zu minimieren, entweder aus dem laufenden Geschäft oder bei einem möglichen Verkauf.

Das wäre anrüchig, politisch instinktlos, aber nicht zwangsläufig illegal. International senken viele Konzerne auf diese Weise ihre Steuerlast, Apple zum Beispiel. Andererseits war Poroschenkos Schoko-Imperium Roschen (der Name kommt von PoROSCHENko) bislang ein eher guter Steuerzahler: 2015 flossen laut "Washington Post" rund 1,3 Milliarden Grywna in die Staatskassen, umgerechnet 50 Millionen Euro, bei einem Umsatz von rund 10 Milliarden Grywna.

Der Skandal trifft Poroschenko in schwieriger Zeit

Poroschenko bestreitet, dass es ihm um Steuerminimierung gegangen sei. Die Gründung der Offshore-Firma sei Teil des Vorhabens, Roschen in einen "Blind Trust" zu überführen. Dabei überträgt ein Politiker sein Unternehmen für die Dauer seiner Amtszeit an einen Treuhänder, im Fall Poroschenkos das Bankhaus Rothschild. Für dieses Konstrukt müsse Roschen in eine Holding nach westlichem Recht überführt werden. Das muss nicht stimmen. In den bislang veröffentlichten Panama-Papieren findet sich aber auch kein Beweis, dass Poroschenko lügt.

Warum hat Poroschenko sein Versprechen nicht wahr gemacht und sich von seinen Unternehmen getrennt? Die Ukraine steckt in der Krise, die Preise sind im Keller. Laut einem Bericht von Bloomberg soll Nestlé eine Milliarde Dollar für Roschen geboten haben, die Firma ist aber das Dreifache wert.

Der Skandal trifft Poroschenko in schwieriger Zeit. Seine Regierung steckt in der Krise, Minister werfen hin und beschuldigen Poroschenko-Leute der Reform-Sabotage, Poroschenkos Umfeld setzt auf zweifelhafte Geschäftspraktiken und dem Westen droht der Geduldsfaden zu reißen. Im Februar warnte Außenminister Frank-Walter Steinmeier Kiew davor, "nicht noch mehr Zeit zu verlieren" - zu lange schon werden Reformen verschleppt.
Dafür hat Poroschenko jede Kritik verdient. In der Panama-Affäre dagegen wird er auf eine Stufe gestellt mit Syriens Diktator Baschar al-Assad und korrupten Kreml-Seilschaften, die Geld von Staatskonzernen abzweigen. Poroschenko dagegen hat versucht, einen Konzern, den er in zwei Jahrzehnten aufgebaut hat, in eine Offshore-Holding zu verschieben.

Der Redaktionsrat des Internetsenders Hromadske hat sich inzwischen von dem Bericht distanziert. Er sei zu "emotional" geraten.

Quelle: spiegel.de

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