Über die Ergebnisse der neuen Studie berichtet das Team um Irina Lehmann vom Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung und Roland Eils vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg im Fachblatt "Molecular Systems Biology".
Babys sind im Mutterleib und in der ersten Zeit nach der Geburt besonders anfällig für Umwelteinflüsse, die das spätere Risiko für Krankheiten erhöhen, schreibt das Team. "Einer der häufigsten gefährlichen pränatalen Einflüsse ist das Rauchen der Mutter." Dies erhöhe das Risiko etwa für spätere Lungenerkrankungen, Übergewicht und Krebs.
Um die Auswirkungen mütterlichen Tabakkonsums auf das Erbgut des Kindes zu klären, verglichen die Forscher 16 Mütter – von denen die Hälfte rauchte – samt Nachwuchs. Das Team untersuchte das Blut der Frauen in der 36. Schwangerschaftswoche und das Blut der Kinder nach der Geburt und mehrfach bis zum Alter von vier Jahren. Die Daten dazu stammen aus der epidemiologischen Studie LiNA (Lebensstil und Umweltfaktoren und deren Einfluss auf das Neugeborenen-Allergierisiko).
Rauchen beeinflusst Enhancer-Regionen
Die Forscher interessierten vor allem epigenetische Effekte – Veränderungen, die mit dem Ab- und Anschalten bestimmter Gene zusammenhängen. So verhindert etwa das Anlagern von Methylgruppen, die sogenannte Methylierung, das Ablesen von Genen.
Lehmann und ihr Team konnten zum ersten Mal zeigen, dass sogenannte Enhancer, das sind Verstärker der Genregulation, verändert werden, wenn die Schwangere raucht. Wird so eine Enhancer-Region beeinflusst, kann dies zu einer Fehlregulierung von bis zu 100 Genen führen, heißt es in der Studie.
Tabakrauch veränderte mehr als 400 solche Verstärker. Die betroffenen Gene seien an Diabetes, Fettleibigkeit und Krebs beteiligt, betonen die Forscher. So ist etwa das Enzym JNK2 (c-Jun N-terminal Proteinkinase 2) an der Entstehung von Entzündungsreaktionen beteiligt. Wird der Enhancer beeinflusst, der JNK2 aktiviert, kann das Risiko für Lungenerkrankungen im späteren Leben der Kinder steigen.
"Ein Verlust der DNA-Methylierung im JNK2-Enhancer ging mit einem erhöhten Risiko von Kindern für spätere Symptome des Giemens einher." Diese pfeifende Atemgeräusch bei Kleinkindern ist mit einer erhöhten Anfälligkeit für späteres Asthma verbunden.
Veränderungen blieben noch lange Zeit
Die Forscher untersuchten auch, ob die epigenetischen Veränderungen später noch nachweisbar waren. Drei Viertel jener Veränderungen fanden sie nicht nur im Nabelschnurblut direkt nach der Geburt, sondern auch noch im Alter von vier Jahren. Das bedeute, dass solche Effekte über Jahre anhalten könnten.
Allerdings weiß man nicht, ob die Veränderungen nur auf die Belastung aus der Schwangerschaft zurückgehen oder auch darauf, dass die Kinder nach der Geburt Rauch ausgesetzt waren. "Kinder, die vor der Geburt schon mit Tabakrauch belastet sind, sind es meist auch nach der Geburt", erklärt Lehmann.
Veränderungen des Erbguts können vermutlich auch durch andere vorgeburtliche Einflüsse verursacht werden. Die Forscher wollen nun untersuchen, ob andere von der Mutter oder vom Vater übertragene Umweltveränderungen wie etwa psychischer Stress, Giftstoffe und Ernährung das Epigenom des Kindes ebenfalls beeinflussen.
Quelle : welt.de
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