Selbstmordwelle erschüttert abgelegenen Ort

  11 April 2016    Gelesen: 795
Selbstmordwelle erschüttert abgelegenen Ort
Die Gemeinschaft von Attawapiskat erlebt einen regelrechten Alptraum: Allein an einem Tag versuchen elf Menschen, sich dort das Leben zu nehmen. Doch die Nachfahren der Ureinwohner bekommen keine Hilfe.
Eine indigene Gemeinschaft von etwa 2000 Menschen im Norden Kanadas hat den Ausnahmezustand erklärt, nachdem insgesamt 11 ihrer Mitglieder am Tag versucht hatten, sich das Leben zu nehmen. "Die Ressourcen unserer Gemeinschaft sind erschöpft und es stehen keine zusätzlichen externen Ressourcen zur Verfügung", schrieben Chief Bruce Shiseesh und acht seiner Stadträte. Dem kanadischen Fernsehen CTV zufolge hat die Gemeinschaft der Attawapiskat First Nation in der Provinz Ontario im März insgesamt 28 Selbstmordversuche erlebt. Mehr als 100 Menschen versuchten sich seit letzten September selbst zu töten. Der Jüngste war elf Jahre alt, der älteste 71.

Die Selbstmordepidemie habe bereits im Herbst begonnen, als eine Reihe von Menschen versuchten, sich umzubringen, erzählte Jackie Hookimaw, eine der Bewohnerinnen "The Canadian Press". Die 13-jährige Sheridan, Hookimaws Großnichte, tötete sich im Oktober selbst. Sie habe gesundheitliche Probleme gehabt und sei in der Schule gemobbt worden.

Im Krankenhaus der Gemeinschaft werden seitdem immer öfter Teenager nach dem Versuch behandelt, sich durch eine gezielte Überdosis mit Drogen umzubringen. Die Attawapiskat First Nation wird seit Jahrzehnten immer wieder von Selbstmorden geplagt. Hookimaw zufolge braucht die Gemeinschaft mehr Ressourcen, um mit diesen Vorfällen umzugehen.

"Sich selbst überlassen"

Charlie Angus, der Parlamentsabgeordnete für dieses Gebiet, beklagte, dass normalerweise nach einem Suizid standardisiert ein Notfall-Team an die betroffene Schule geschickt werde. Doch für die nördlichen Gemeinden treffe das nicht zu. Sie würden sich selbst überlassen. So habe sich der Alptraum immer weiter fortgesetzt. Nach der hohen Zahl von Suzidversuchen im März habe man nicht geglaubt, dass es noch schlimmer werden kann. Doch schon in den ersten Apriltagen hab es mehr Versuche gegeben, als je zuvor. Daraufhin wurde der Ausnahmezustand über die Gemeinschaft ausgerufen.

Der kanadische Premierminister Justin Trudeau schrieb auf Twitter: "Die Nachrichten aus Attawapiskat sind erschütternd. Wir werden weiter daran arbeiten, die Lebensbedingungen für alle indigenen Völker zu verbessern." Inzwischen entschied die regionale First Nations-Regierung, ein Krisenteam, bestehend aus Sozialarbeitern und auf psychische Gesundheit spezialisierten Krankenschwestern zu entsenden. Außerdem wurden Gelder für die Suizidprävention bewilligt.

Kanadas 1,4 Millionen Ureinwohner sind besonders häufig arm, sie landen häufiger im Gefängnis und sind kränker als der Durchschnittskanadier. Auch ihre Lebenserwartung liegt erheblich niedriger als der Durchschnitt.

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