Bei der fieberhaften Suche nach dem im Nordatlantik verschwundenen Tauchboot mit fünf Menschen an Bord hoffen die Rettungsteams auf die Ankunft von speziellen Tiefseegeräten und Experten der US-Marine. Die Suche zu Wasser und aus der Luft habe bislang "keine Ergebnisse" erbracht, sagte Küstenwache-Kapitän Jamie Frederick. Etwa 30 Stunden dürfte der Sauerstoff an Bord noch reichen, hieß es zuletzt.
Das vom Unternehmen Oceangate Expeditions betriebene Tauchboot "Titan" war am Sonntag zu einer touristischen Tauchfahrt zum Wrack der im Nordatlantik gesunkenen "Titanic" aufgebrochen. Nach knapp zwei Stunden war der Kontakt zum Begleitschiff abgebrochen, seither fehlt von der Tauchkapsel und den fünf Insassen jede Spur.
Das Suchgebiet rund 650 Kilometer vor der Küste der kanadischen Provinz Neufundland ist laut US-Küstenwache rund 20.000 Quadratkilometer groß. Ein kanadisches Suchflugzeug warf an der Stelle, wo das "Titanic"-Wrack in etwa 4000 Metern Tiefe liegt, Sonarbojen ab, die nach Geräuschen des Boots forschen sollen. Auch unter Wasser wird seit Dienstag gesucht. Frankreich entsandte ein Spezialschiff mit einem Tiefsee-Tauchroboter zur Unterstützung der Sucharbeiten, das am Mittwoch eintreffen sollte.
In der Nacht zum Mittwoch (Ortszeit) solle eine Spezialwinde eintreffen, mit der schwere Objekte aus großer Tiefe geborgen werden könnten, sagte ein Sprecher der US-Marine. Bevor sie zum Einsatz kommen kann, muss das Boot aber erst einmal gefunden werden. Das US-Verteidigungsministerium kündigte die Entsendung von vier weiteren Flugzeugen an.
Chef von Oceangate unter den Verschollenen
An Bord der "Titan" befindet sich der Geschäftsführer von Oceangate, Stockton Rush. Außerdem drei zahlende Passagiere: Der britische Unternehmer, Pilot und Weltraumtourist Hamish Harding sowie der prominente pakistanische Geschäftsmann Shahzada Dawood und sein Sohn Suleman, die einer der reichsten Familie des Landes angehören. Ein Platz als Passagier in dem Tauchboot kostet laut Website 250.000 Dollar (rund 229.000 Euro).
Mit an Bord war zudem der erfahrene französische Tiefseetaucher und "Titanic"-Experte Paul-Henri Nargeolet, wie seine Familie bestätigte. Der 77-Jährige ist seit 2007 Leiter eines Forschungsprogramms der Firma RMS Titanic/Phoenix International, der das Wrack gehört.
Unterdessen wurde bekannt, dass der ehemalige Leiter von Oceangate-Meereseinsätzen, David Lochridge, entlassen wurde, nachdem er Sicherheitsbedenken geäußert und auf eine externe Zertifizierung der Kohlefaser-Hülle der Kapsel gedrängt hatte. Lochridge arbeitete seit Mai 2015 für Oceangate, zunächst als unabhängiger Vertragspartner, dann als Leiter von Meeres-Einsätzen, wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht. 2018 verklagte Oceangate ihn wegen Verletzung von Betriebsgeheimnissen. In einer Gegenklage warf Lochridge dem Unternehmen im Januar 2018 vor, ihn gefeuert zu haben, nachdem er "kritische Sicherheitsbedenken wegen des experimentellen und ungeprüften Designs der 'Titan'" geäußert habe.
Der US-Drehbuchautor Mike Reiss, der das "Titanic"-Wrack im vergangenen Jahr mit demselben Mini-U-Boot besucht hatte, schilderte der BBC die Tour. Der Kompass sei damals sofort ausgefallen und habe sich nur noch wild gedreht, "wir mussten blind am Boden des Ozeans herumrudern". Vor Beginn der Fahrt hätten alle Teilnehmer einen Haftungsausschluss unterzeichnen müssen, in dem schon "auf der ersten Seite dreimal das Wort Tod vorkommt".
"Angst darf man nicht haben"
Auch der "Titanic"-Fan Arthur Loibl aus Straubing in Niederbayern ist schon mit Oceangate Expeditions zur Titanic abgetaucht, 2021 war er einer der ersten Mitfahrer. "Ich bin sehr mitgenommen", sagte Loibl. Zwei der vermissten Männer kenne er persönlich, mit einem von ihnen sei er noch am Samstag per E-Mail in Kontakt gewesen. Es sei schwer einzuschätzen, was der Grund für das Verschwinden des Tauchbootes sein könnte. Jedoch müsse es für die Besatzung schrecklich sein. Man sitze auf engstem Raum, dicht nebeneinander, die Füße übereinander. Nach so langer Zeit dürften Wasser und Essen ausgehen. Er habe damals etwa 110.000 Dollar für seine Fahrt zur "Titanic" bezahlt. "Man muss verrückt sein und das Abenteuer lieben", sagte Loibl. "Angst darf man nicht haben." Als er damals abgetaucht sei, hätten drei Amerikaner mitfahren wollen, die es sich jedoch im letzten Moment anders überlegt hätten. Die Sinkfahrt zu dem sagenumwobenen Wrack habe zweieinhalb Stunden gedauert.
Die "Titanic" war im April 1912 auf ihrer Jungfernfahrt von England nach New York gesunken, nachdem sie einen Eisberg gerammt hatte. Fast 1500 der 2224 Menschen an Bord kamen ums Leben. Das in zwei Teile zerbrochene Wrack der "Titanic" wurde erst 1985 etwa 650 Kilometer vor der kanadischen Küste gefunden. Es liegt in internationalen Gewässern in etwa 4000 Metern Tiefe am Grund des Atlantiks. Das damals größte Kreuzfahrtschiff übt bis heute eine große Faszination aus. Regelmäßig besuchen Forscher, aber auch Touristen, das Wrack.
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa
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