Roboter? Drohne? Dieses Ding ist irgendwie alles

  27 Juni 2023    Gelesen: 777
  Roboter? Drohne? Dieses Ding ist irgendwie alles

Nach Naturkatastrophen ist das Gelände oft unwegsam - fahrende Roboter, die bei der Suche nach Überlebenden helfen sollen, kommen schnell an unüberwindbare Hindernisse. Ein neues Konzept soll das ändern: Der Roboter M4 kann seine Räder nutzen, um damit zu fliegen.

Der kleine Roboter M4 kann auf Ebenen rollen, Steigungen überwinden und sogar fliegen. Seine Gliedmaßen lassen sich als Beine, Räder und sogar Propeller nutzen. Entwickelt wurde der sechs Kilogramm schwere Roboter von einem Team um Alireza Ramezani von der Northeastern University in Boston. M4 könne dazu beitragen, andere Roboter für Such- und Rettungseinsätze nach Naturkatastrophen zu verbessern, schreibt das Team. Denkbar sei aber auch ein Einsatz bei der Erforschung des Weltalls oder die automatisierte Paketzustellung. Bis zu einem praktischen Einsatz wird es jedoch noch dauern.

Inspiriert sei die Entwicklung von Tieren wie Vögeln, Erdmännchen und Robben gewesen, schreiben die Forscher im Journal "Nature Communications" und geben einige Beispiele: So können zum Beispiel Vögel wie junge Hoatzins ihre Flügel zum Klettern umfunktionieren, da sie Krallen haben. Schildkröten und Seelöwen nutzen ihre Vorderflossen zum Schwimmen, aber auch zum Laufen. Erdmännchen stehen auf ihren Hinterbeinen, um ihre Umgebung zu erkunden. Bei dieser sogenannten Biomimikry, geht es den Forschern nicht darum, die Gliedmaßen der Tiere nachzuahmen, sondern die Art der Bewegung.

Viele Teile aus 3D-Drucker

Der Roboter mit Langnamen Multi-Modal Mobility Morphobot, kurz M4, hat vier kurze Beine, die an ihren Enden jeweils einen breiten Ring tragen, in dem ein Propeller steckt. So können sie als Beine, aber auch als Räder oder eben Propeller dienen. M4 enthält unter anderem einen Bordcomputer zur Steuerung und Datenerfassung, Kameras, ein Gerät zur Trägheitsmessung, Kommunikationsgeräte, Antriebsmotoren und eine Batterie. Sein Gehäuse besteht aus Carbonfasern. Viele Teile entstanden per 3D-Druck.

Wenn M4 als Fahrzeug auf dem Boden rollt, ist er 70 Zentimeter lang und jeweils 35 Zentimeter breit und hoch. Wenn er senkrecht auf den Hinterrädern steht und die vorderen Räder in die Luft ragen, ist er einen Meter hoch. Diese aufrechte Stellung erweitert den Forschern zufolge die Nutzung für Messungen.

Über unebenes Gelände staksen

"Stellen Sie sich vor, dass Mobilität in engen, eingestürzten Treppenhäusern und Korridoren in den obersten Stockwerken erforderlich ist", schreibt das Team. Dann nutze M4 verschiedene Formen der Fortbewegung, um innerhalb der eingestürzten Böden voranzukommen, darunter Gehen, Rollen auf vier Rädern sowie Rollen und Stehen auf zwei Rädern. Letzteres geschieht etwa, indem die zwei Vorderräder als Propeller dienen und M4 auf den anderen zwei Rädern aufrecht steht.

Zum Gehen werden alle Räder festgezurrt und quasi als Füße genutzt. Da sie an kurzen Beinen befestigt sind, kann M4 über unebenes Gelände staksen. An großen Steigungen richtet er sich auf den Hinterrädern auf und rollt bis zu 45 Grad steile Hänge hoch. M4 könne sich an äußere Begebenheiten anpassen und ermögliche einen "vollständig autonomen, in sich geschlossenen, multimodalen Betrieb", schreiben die Forscher. "Diese modale Vielfalt und dieser Grad an Autonomie wurden in der multimodalen Fortbewegung bisher nicht beschrieben."

Hindernisse einfach überfliegen

Rollt M4 auf ein Hindernis zu, das er nicht überbrücken kann, schaltet er automatisch in den Flugmodus und fliegt darüber hinweg, um ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. Derzeit gelinge eine autonome Entscheidung jedoch nur beim Wechsel von Rollen zum Fliegen und zurück. Um in komplexeren Szenarien anwendbar zu sein, müsse der Entscheidungsalgorithmus weiterentwickelt werden. Auch das Halten von Werkzeugen soll der Roboter noch lernen.

Die von den Forschern im Versuchsraum gemachten Videos zeigen die in der Studie beschriebenen Fähigkeiten des kleinen Roboters. Allerdings sind es nur einfache Aufgaben im Labormaßstab und die Ausführung wirkt zum Teil noch recht holprig. Einen Zeitraum für einen praktischen Einsatz von M4 auf der Erde nennen die Forscher auch auf Nachfrage nicht. Ramezani verrät aber so viel: "Wir planen nicht, den M4 in Massenproduktion herzustellen und zu verkaufen." M4 könne möglicherweise jedoch zur künftigen Marserkundung dienen. Das Team arbeite derzeit daran, die Einsatzfähigkeit von M4 für die Weltraumforschung zu optimieren. Das könne noch bis zu fünf Jahre dauern.

Quelle: ntv.de, Simone Humml, dpa


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