Forschende haben eine genetische Grundlage gefunden, die dabei hilft, Coronaviren unschädlich zu machen, bevor es zu Symptomen kommt. Das Bemerkenswerte daran: Die identifizierte Mutation führt dazu, dass das Immunsystem im menschlichen Körper die Coronaviren noch vor der Symptombildung erfolgreich bekämpfen kann, obwohl es zuvor damit nie in Berührung gekommen ist. Die Forschenden gehen davon aus, dass die Mutation vor allem einen Zeitgewinn für das Immunsystem bedeutet: "Wenn man eine Armee hat, die in der Lage ist, den Feind frühzeitig zu erkennen, ist das ein großer Vorteil", wird die Epidemiologin Jill Hollenbach, die die Studie leitete, in einer Mitteilung der University of California San Francisco (UCSF) zitiert.
Bei der Genvariante handelt es sich um eine Mutation, die in Verbindung mit den sogenannten Humanen Leukozyten-Antigenen, kurz mit HLA bezeichnet, steht. Durch die Mutation, die mit HLA-B*15:01 bezeichnet wird, können nach dem Eindringen von Sars-CoV-2 Botenstoffe hergestellt werden, die wiederum den T-Zellen ermöglichen, den Krankmacher schnell zu eliminieren, obwohl der Körper zuvor nie damit konfrontiert war.
Dank der Kreuzimmunität
Die Forschenden, deren Ergebnisse im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht wurden, konnten in Zusammenarbeit mit der La Trobe University in Australien auch einen Erklärungsansatz dafür ausmachen: Demnach wurde besonders auf die T-Zellen geschaut, die HLA-B*15:01 trugen. Die Mutation führt offenbar dazu, dass die T-Zellen auf ein bestimmtes Eiweiß (NQK-Q8) von Sars-CoV-2 reagierten. Möglich ist das durch eine sogenannte Kreuzimmunität, denn das Peptid des Coronavirus ist dem von saisonalen Erkältungscoronaviren (NQK-A8) sehr ähnlich. "Es ist, als hätte man Soldaten, die auf den Kampf vorbereitet sind und bereits wissen, wonach sie suchen müssen und wissen, dass das die Bösewichte sind", so Hollenbach weiter. Dabei kann die genannte Genvariante nicht die Infektion der Zelle verhindern, sondern deren schnelle und wirksame Bekämpfung durch das Immunsystem auslösen.
Für die Untersuchung nutzte das Forschungsteam die Daten von fast 30.000 Menschen, die bereits zu Beginn der Corona-Pandemie bei der "Covid-19 Citizen Science Study" per App mitmachten und außerdem beim Nationalen Knochenmarkregister eingetragen waren und sich zudem regelmäßigen Covid-19-Tests unterziehen mussten. Sie identifizierten insgesamt 1428 ungeimpfte Personen, die zwischen Februar 2020 und Ende April 2021 mindestens einmal positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden. In dieser Zeit musste man noch einige Tage auf Testergebnisse warten. Covid-19-Impfstoffe gab es noch nicht.
Größter Schutz bei Gen-Kopie
Aus allen Daten konnten insgesamt 136 Personen identifiziert werden, die sowohl vor als auch nach einem positiven Sars-CoV-2-Test im Zeitraum von mindestens zwei Wochen keinerlei Krankheitszeichen spürten. 20 Prozent dieser Personen trug die beschriebene Genvariante in sich, bei Covid-19-Erkrankten waren es dagegen nur neun Prozent. Noch deutlicher zeigte sich der schützende Effekt bei Menschen, die diese Genvariante auf beiden Allelen trugen: "Menschen, die zwei Kopien von HLA-B*15:01 besitzen, blieben achtmal häufiger asymptomatisch als Menschen mit anderen Genvarianten", schrieb das Forschungsteam.
Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf wie Alter, Übergewicht oder Diabetes scheinen keine Rolle dabei zu spielen, wer ohne Symptome blieb. Ob die Mutation solche Risikofaktoren sogar ausgleichen kann, müsste in anderen Untersuchungen geklärt werden. Die aktuellen Erkenntnisse der Untersuchung könnten dabei helfen, in Zukunft neue Wege bei der Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen gegen Sars-CoV-2 zu beschreiten, ist sich das Forschungsteam sicher.
Quelle: ntv.de, jaz
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