Innerhalb der russischen Armee soll an der Front die Moral nachlassen. Die Rede ist im Angesicht von ukrainischen Erfolgen auch von einer zunehmenden Anzahl an Deserteuren. Das legen Aussagen des ukrainischen Generalstabs, russischer Militärblogger und Einschätzungen von westlichen Militärexperten nahe. Im Mittelpunkt der Berichte stehen "taktisch bedeutsame Fortschritte" der ukrainischen Truppen im Westen der Oblast Saporischschja bei Robotyne und weiter östlich bei Urozahine. Die kleine Ortschaft befindet sich an der Grenze der Regionen Donezk und Saporischschja.
So berichtet das Institute for the Study of War (ISW) in seiner neuesten Lageeinschätzung, dass russische Quellen am Samstag einen russischen Rückzug aus Urozahine vermeldet hätten. Andere russische Quellen geben dagegen an, dass im Süden der Ortschaft nach wie vor gekämpft werde.
Vorzeitiger Rückzug?
Doch die unterschiedlichen Darstellungen sind offensichtlich kein Widerspruch, denn wie das ISW unter Berufung auf einen russischen Militärblogger berichtet, sollen sich Teile der 36. Armee vorzeitig zurückgezogen haben, weil sie vergebens auf Unterstützung gewartet hätten. Diese Unterstützung soll nach Angaben des Bloggers unter anderem deshalb ausgeblieben sein, weil die Einheiten betrunken den Kampf verweigert hätten. Inzwischen soll die gesamte 36. Armee die Verteidigung von Urozahine verweigern, während lokale Einheiten der selbsternannten Volksrepublik Donezk (DNR) weiterkämpfen.
Die Aussagen des Militärbloggers sollen nach Angaben des ISW in Russland hohe Wellen geschlagen haben und teilweise zurückgewiesen worden sein. Sein Telegramm-Account ist derzeit nicht mehr erreichbar.
Allerdings scheint ein weiterer Blogger die Gerüchte indirekt zu bestätigen, denn er macht die Entlassung von Generalmajor Iwan Popow für die schlechte Moral der Truppen verantwortlich. Der Oberbefehlshaber der 58. Armee wurde im Juli vom russischen Generalstab abgesetzt, nachdem er öffentlich Kritik an der russischen Kriegsführung geübt hatte. Mehrere, nicht verifizierte Videos vom Wochenende aus der Region Urozahine legen ebenfalls nahe, dass die Berichte korrekt sind: Sie sollen russische Truppen zeigen, die unter schwerem ukrainischen Artilleriefeuer flüchten.
Suche nach Deserteuren
In diese Richtung äußerte sich zuletzt auch der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte: Er behauptet, dass sich unter den russischen Truppen Panik breitmache und eine zunehmende Zahl von Einheiten den Einsatz verweigere. In der Region Cherson sollen Angehörige des russischen Militärs demnach bereits von Haus zu Haus gehen, um Deserteure ausfindig zu machen.
Der Generalstab teilte außerdem mit, dass speziell bei neuen Einheiten an der Front der Alkohol- und Drogenmissbrauch zugenommen habe. Die Soldaten verlassen demnach zunehmend ihre Posten und verstecken sich in verlassenen Häusern.
Quelle: ntv.de, chr
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