OECD warnt Deutschland vor Rückschritt in der Rentenpolitik

  18 April 2016    Gelesen: 1035
OECD warnt Deutschland vor Rückschritt in der Rentenpolitik
In die Diskussion um die Rente hat sich die OECD eingeschaltet: Nur auf das staatliche Umlageverfahren zu setzen, würde die Beitragszahler zu sehr belasten.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die Bundesregierung vor einem Rückschritt in der Rentenpolitik gewarnt. Trotz der niedrigen Zinsen sollte die kapitalgedeckte Altersvorsorge nicht aufgegeben werden, sagte die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik, Monika Queisser, der Tageszeitung Die Welt. "Rentenentscheidungen sind langfristige Entscheidungen, und es ist nicht davon auszugehen, dass die Phase extrem niedriger Zinsen 40 Jahre lang andauert."

Ausschließlich auf ein staatliches Umlageverfahren zu bauen, bei dem die Beitragszahlungen der Arbeitnehmer direkt an die jeweiligen Rentner weitergereicht werden, würde die jüngeren Generationen zu stark belasten, sagte Queisser. "Mit Blick auf die Alterung der Gesellschaft bleibt es richtig, in der Alterssicherung sowohl auf ein Umlageverfahren als auch auf Kapitaldeckung zu setzen."

Statt ein höheres Rentenniveau für alle in Aussicht zu stellen, wie dies unter anderem der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer getan habe, plädierte die OECD-Expertin dafür, gezielt Risikogruppen wie kleine Selbstständige, Erwerbsgeminderte oder Geringverdiener abzusichern.

Union und SPD wollen den Kampf gegen Altersarmut zu einem großen Reformvorhaben in der verbleibenden gemeinsamen Regierungszeit machen. Bundesministerin Andrea Nahles (SPD) hatte vor einer knappen Woche angekündigt, die Rente wegen der neuen ökonomischen und demografischen Bedingungen von Grund auf zu reformieren. Unter anderem will sie eine Reform bei den Betriebsrenten und eine Aufwertung kleiner Renten, die sogenannte Lebensleistungsrente, auf den Weg bringen. Ab 1. Juli sollen zudem die Altersbezüge deutlich steigen. Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte angekündigt, eine Absenkung des Rentenniveaus anders als bislang geplant verhindern zu wollen. "Wenn das Rentenniveau weiter sinkt", drohe vielen Menschen Altersarmut, die in den letzten 20 Jahren zu wenig verdient hätten, sagte er.

Der ehemalige Chef des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, Franz Ruland, hatte das Reformvorhaben hingegen als "teure Klientelpolitik auf Kosten der künftigen Beitragszahler" kritisiert. Auch aus den Reihen der CDU-Wirtschaftspolitiker formierte sich Widerstand. Carsten Linnemann, Chef der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT), bezeichnete die Lebensleistungsrente in der Rheinischen Post als "nicht zielführend". Das Rentenrecht kenne keine Bedürftigkeitsprüfung. Auch warnte er: "Wenn wir das Rentenniveau anheben, würden die Rentenbeiträge deutlich schneller steigen als bisher geplant."

Statt für neue Rentenleistungen plädierte er dafür, die private Altersvorsorge zu stärken. So forderte auch der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, in der Zeitung: "Der Höchstbetrag der Förderung der Riester-Rente sollte von 2.100 auf 3.000 Euro jährlich steigen." Der CSU-Chef Horst Seehofer hatte die Riester-Rente im Spiegel zuvor für gescheitert erklärt.

Die FDP will ein Baukastenprinzip

Einen weiteren Vorschlag zur Gestaltung der Rente gibt es von der FDP. Die Liberalen fordern, das starre Renteneintrittsalter abzuschaffen. Das geht laut Welt aus einem Antrag hervor, der der Zeitung vorliegt. Demnach sollten Arbeitnehmer ab dem 60. Lebensjahr selbst entscheiden können, wann sie in den Ruhestand gehen. Davon abhängig falle die Rente höher oder niedriger aus. Zudem stelle sich die Partei die Rente als flexibles Baukastensystem vor. Neben der gesetzlichen Rente solle es verschiedene Bestandteile privater und freiwilliger Vorsorge geben.

Nach der Rentenreform der früheren rot-grünen Bundesregierung könnte das Niveau der gesetzlichen Rente von derzeit rund 48 Prozent des Durchschnittslohns bis 2030 auf 43 Prozent sinken. Einem WDR-Bericht zufolge droht beinahe jedem zweiten Bundesbürger, der ab 2030 in Rente geht, eine gesetzliche Altersversorgung unterhalb der Armutsgrenze. Wichtigster Grund dafür sei das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente.

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