Nach dem Tod Dutzender Menschen in der Stadt Gaza bei der Ankunft von Lebensmittelhilfen fordern die USA von Israel "Antworten" sowie eine Gewährleistung von sicheren Hilfslieferungen. "Wir benötigen dringend zusätzliche Informationen darüber, was genau geschehen ist", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, vor Journalisten in Washington.
Die US-Regierung stehe mit der israelischen Regierung in Kontakt und sei über die laufenden Ermittlungen informiert. "Wir werden diese Untersuchung genau beobachten und auf Antworten dringen", sagte Miller.
Nach Angaben der israelischen Armee war es zu einem "Gedränge" gekommen, als tausende Menschen sich um einen Konvoi von 30 Hilfstransportern versammelten. Dabei habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben, von denen einige von Lastwagen überfahren worden seien.
Szenen der puren Verzweiflung
Ein Vertreter der israelischen Armee räumte eine "begrenzte" Zahl von Schüssen durch israelische Soldaten ein, die sich "bedroht" gefühlt hätten. Sprecher Daniel Hagari sagte auf einer Pressekonferenz, die Soldaten hätten Warnschüsse abgegeben, als zahlreiche Menschen auf die Lastwagen zugestürmt seien. "Einige fingen an, andere gewaltsam zu schubsen und zu Tode zu trampeln und plünderten die humanitären Hilfsgüter", sagte Hagari weiter. Es habe aber keinen Angriff des israelischen Militärs auf den Hilfskonvoi gegeben, so Hagari.
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium sprach von einem "Massaker", bei dem 104 Menschen getötet und mehr als 750 weitere verletzt worden seien.
Ministeriumssprecher Miller rief Israel dazu auf, zum Gazastreifen "so viele Zugangspunkte wie möglich" zu ermöglichen, "um eine sichere Verteilung der Hilfen im Gazastreifen zu ermöglichen". Washington mache in allen Gesprächen mit der israelischen Regierung "deutlich, dass alle möglichen Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Zugang von mehr Hilfen in den Gazastreifen zu erlauben". Der Ansturm auf die Hilfslieferungen zeige, dass die Situation "unglaublich verzweifelt" sei. "Die Menschen strömen zu diesen Lastwagen, weil sie hungrig sind, weil sie Essen brauchen, weil sie Medizin und andere Hilfe brauchen", sagte Miller.
Auch in Europa sorgten die Berichte für Empörung. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach auf X von einem "Blutbad unter Zivilisten in Gaza, die verzweifelt humanitäre Hilfe brauchen". Menschen Lebensmittelhilfen vorzuenthalten sei "eine schwere Verletzung" des humanitären Völkerrechts, schrieb Borrell weiter. "Ein ungehinderter humanitärer Zugang nach Gaza muss gewährleistet sein." Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte die Schüsse auf X scharf und verlangte "Wahrheit, Gerechtigkeit und Respekt für das Völkerrecht".
Biden macht sich für Waffenruhe stark
US-Präsident Joe Biden beriet unterdessen mit dem Emir von Katar, Tamim ben Hamad al-Thani, und dem ägyptischen Staatschef Abdel Fattah el-Sisi über eine "sofortige" und mindestens sechswöchige Waffenruhe im Gazastreifen im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln, wie das Weiße Haus mitteilte. In beiden Telefonaten habe der US-Präsident auch die "tragischen und alarmierenden" Ereignisse bei der Verteilung von Lebensmittelhilfen angesprochen.
Seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikal-islamistischen Hamas wurden nach Angaben des örtlichen Gesundheitsministeriums mehr als 30.000 Palästinenser getötet. Ersten Schätzungen des Pentagons zufolge sollen darunter mindestens 25.000 Frauen und Kinder sein.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff vom 7. Oktober geht Israel massiv militärisch im Gazastreifen vor. Das Ziel sei die Zerstörung der Hamas. Bei dem Großangriff auf Israel verübte die Terrororganisation Gräueltaten vorwiegend an Zivilisten, tötete nach israelischen Angaben etwa 1160 Menschen und verschleppte rund 250 Geiseln in den Gazastreifen. Israel zufolge hält die Hamas noch 130 Geiseln im Gazastreifen fest, 31 von ihnen sollen allerdings inzwischen tot sein.
Quelle: ntv.de, mes/ino/AFP
Tags: