Ersatzhaftstrafen werden wirksam, wenn ein Straftäter eine Geldstrafe nicht bezahlt. Anlass sind häufig kleinere Delikte wie Schwarzfahren oder Drogenbesitz.
Weit über 10.000 Haftbefehle beziehen sich demnach aber auf eigentliche Freiheitsstrafen, etwa für Eigentums- oder Gewaltdelikte. Eine Spitzenstellung nimmt demnach Nordrhein-Westfalen ein. Nach Angaben des dortigen Landeskriminalamtes waren im März mehr als 24.000 offene Haftbefehle zur Fahndung ausgeschrieben - knapp 8000 davon betrafen Freiheitsstrafen.
Tickende Zeitbomben und Bagatelldelikte
Im Verhältnis zur Einwohnerzahl gibt es dem Hessischen Rundfunk zufolge in Berlin besonders viele offene Haftbefehle. Nach Angaben der Senatsverwaltung für Justiz lag die Zahl im April bei 8000.
Die Deutsche Polizei-Gewerkschaft sprach von einem Alarmruf. Der Bundesvorsitzende Rainer Wendt sagte, in Deutschland bestehe ein riesiges Vollzugsdefizit. Von einzelnen Straftätern könne sogar Gefahr ausgehen. Es handle sich um "verurteilte Straftäter, das heißt, das sind tickende Zeitbomben". Der Rechtsstaat gebe das fatale Signal, dass er Straftaten nicht konsequent ahnde.
Die Kriminologische Zentralstelle in Wiesbaden, eine von Bund und Länder getragene Forschungsstelle, sieht hingegen keinen Grund zur Beunruhigung. Es gehe überwiegend um Bagatelldelikte, sagte der stellvertretende Leiter, Axel Dessecker. Es seien oft Fälle, "bei denen man mit guten Gründen zum Ergebnis kam, dass eigentlich keine Freiheitsstrafe verhängt werden muss".
Quelle: n-tv.de , chr/AFP
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