Trotz scharfer internationaler Kritik setzt Israel seine Offensive in Rafah im Süden des Gazastreifens fort. Israelische Panzer drangen Augenzeugen zufolge ins Zentrum der umkämpften Stadt an der Grenze zu Ägypten vor. Mehrere Panzer seien in der Nähe der Al-Awda-Moschee gesichtet worden, einem Wahrzeichen in der Stadtmitte. Die Stadt wurde von Panzern und auch mit Luftangriffen wieder unter Beschuss genommen.
Auch die Gegend um den Bezirk Tel Al-Sultan, wo am Sonntag bei einem israelischen Luftangriff nach palästinensischen Angaben mindestens 45 Menschen in einem Zeltlager für Kriegsflüchtlinge getötet wurden, werde immer noch bombardiert, berichteten Anwohner. "Überall in Tel Al-Sultan schlagen Panzergranaten ein. Viele Familien sind aus ihren Häusern im Westen Rafahs geflohen, die die ganze Nacht über beschossen wurden", teilte ein Bewohner über eine Chat-App mit.
Israel spricht von "präzisen Einsätzen"
Das israelische Militär äußerte sich bislang nicht zum Einsatz in Rafah und kündigte an, es werde später eine Erklärung dazu abgeben. Die Armee teilte lediglich mit, israelische Truppen seien weiterhin im Gebiet von Rafah im Einsatz. In der Nacht hätten israelische Soldaten im Grenzgebiet zu Ägypten "präzise Einsätze" auf der Basis von Geheimdienstinformationen über Terror-Ziele ausgeführt. Dabei unternehme die Armee Anstrengungen, Schaden an Unbeteiligten zu verhindern. "Die Truppen liefern sich Gefechte mit Terroristen und identifizieren Tunneleingänge, Waffen und weitere Terror-Infrastruktur in dem Gebiet", hieß es weiter.
Wie Behördenvertreter des von der radikal-islamischen Hamas regierten Gazastreifens mitteilten, wurden bei Angriffen in der Nacht mindestens 16 Palästinenser getötet. Die Zahlen sind unabhängig nicht überprüfbar. Bewohner berichteten, dass israelische Panzer auf und um die Bergkuppe Surub, einer Anhöhe mit Blick auf den Westen Rafahs, Stellung bezogen hätten.
Eine Million Menschen fliehen aus Rafah
Rund eine Million Menschen sind seit Anfang Mai vor der israelischen Offensive aus Rafah geflohen, wie das UNO-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) mitteilte. Zuvor hatten mehr als eine Million Palästinenser in der Stadt Schutz vor den Kämpfen im übrigen Gazastreifen gesucht.
Israel hat die Angriffe trotz eines Beschlusses des obersten UN-Gerichts vom Freitag fortgesetzt und argumentiert, dass das Gerichtsurteil einen Spielraum für militärische Aktionen in Rafah einräumt. Der Internationale Gerichtshof (IGH) hatte Israel am Freitag angewiesen, die umstrittene Offensive in Rafah wegen der katastrophalen humanitären Lage umgehend zu stoppen.
Die israelische Armee hatte Anfang des Monats eine lange angedrohte Bodenoffensive auf Rafah gestartet. Die Stadt gilt als letzte Bastion der Hamas, die mit ihrem Überfall auf Israel am 7. Oktober den Gaza-Krieg ausgelöst hatte.
Quelle: ntv.de, ses/uzh/rts/dpa
Tags: