Führt Mikroplastik zu Herz-Kreislauf-Problemen?

  23 Juli 2024    Gelesen: 587
  Führt Mikroplastik zu Herz-Kreislauf-Problemen?

Im Gehirn, im Penis, in der Plazenta: Mikroplastik ist allgegenwärtig und bereits in verschiedenen Körperteilen des Menschen nachweisbar. Nun kommt ein weiterer Bereich hinzu, der Fachleute aufhorchen lässt.

Mikro- oder Nanoplastik in Ablagerungen der Halsschlagader könnten das Risiko für verschiedene kardiovaskuläre Ereignisse wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte erhöhen. Das hat ein Forschungsteam um Professor Raffaele Marfella von der Universität Kampanien in Neapel herausgefunden. "Ich glaube, wir haben nachgewiesen, dass Kunststoffe ein neuer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind", wird Antonio Ceriello, der an der Studie beteiligt war, von "Medscape Cardiology" zitiert.

Für die Untersuchung gewannen Marfella und sein Team insgesamt 304 Patientinnen und Patienten, bei denen eine Gefäßverengung der Halsschlagader, der Carotis, mittels einer sogenannten Carotis-Endarteriektomie operativ entfernt worden war. Die entnommenen Ablagerungen, die Plaques, wurden daraufhin im Labor auf Mikro- und Nanoplastik untersucht. Zudem wurde die Gesundheit der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer im Schnitt über den Zeitraum von 34 Monaten weiter beobachtet.

Plastikteilchen in Plaques-Proben

Das Ergebnis: Im Labor wurden in fast 60 Prozent aller Proben Anteile von Mikro- und Nanoplastik nachgewiesen. Zudem zeigten die Auswertungen der Nachbeobachtungszeiten, dass es bei Personen, die Mikro- und Nanopartikel in ihren Ablagerungen hatten, ein 4,5-mal höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse gab. "Obwohl Kunststoffe unser Leben in vielerlei Hinsicht einfacher gemacht haben, scheint der Preis, den wir dafür zahlen, eine Verkürzung unseres Lebens zu sein. Das ist keine gute Balance", sagt Ceriello.

Der Epidemiologe und Kinderarzt Philip Landrigan vom Boston College, der nicht an der Studie beteiligt war, schreibt in einem Leitartikel bei "Medscape" dazu: "Dies sollte ein Weckruf sein. Es sagt uns, dass wir uns über die Menge an Plastik in unserer Umwelt Sorgen machen müssen. Und es ist nichts, was in Zukunft ein Problem sein wird - es betrifft uns jetzt."

Landrigan erklärte, dass Plastikpartikel vor allem durch Verschlucken in den Körper gelangen, beispielsweise durch das Trinken aus Plastikflaschen oder den Verzehr von in Kunststoff verpackten Lebensmitteln. Er sagte, es sei besonders schädlich, diese Behälter zum Erhitzen von Lebensmitteln in der Mikrowelle zu verwenden, da durch das Erhitzen des Plastiks Partikel in die Lebensmittel gelangen. "Das erhöht die Belastung wirklich."

Plastikmengen müssen reduziert werden

Das Forschungsteam merkt einschränkend an, dass die Ergebnisse der Beobachtungsstudie keinen kausalen Zusammenhang zwischen Mikroplastik in Plaques der Halsschlagader und kardiovaskulären Ereignissen liefern. Es sieht aufgrund seiner Ergebnisse dennoch einen starken Hinweis auf die negativen Wirkungen von Mikro- und Nanoplastik auf die kardiovaskuläre Gesundheit. Das Problem könne nur durch die Reduzierung der Plastikmengen in der Umwelt gelöst werden, sind sich die Forschenden einig.

Um zu klären, ob die Belastung durch Mikro- und Nanoplastik als kardiovaskulärer Risikofaktor betrachtet werden muss, sind deshalb weitere Untersuchungen dringend nötig. Die Ergebnisse der Studie, die als erste das Vorhandensein von kleinsten Plastikpartikeln in Ablagerungen in der Halsschlagader nachweist, wurde im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht.

Quelle: ntv.de, jaz


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