Selenskyj: "Röteste aller roten Linien überschritten"

  20 Auqust 2024    Gelesen: 546
  Selenskyj: "Röteste aller roten Linien überschritten"

Nachdem ukrainischen Soldaten überraschend die Kontrolle über mehrere russische Grenzgebiete erlangen, dringt Präsident Selenskyj auf einen zweiten Friedensgipfel noch in diesem Jahr. Putin zeigt sich stur. Die USA hingegen bekräftigen ihre Unterstützung.

Die Ukraine hat bei ihrer Gegenoffensive in der russischen Region Kursk nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj weitere Geländegewinne erzielt. "Stand heute kontrollieren unsere Kräfte mehr als 1250 Quadratkilometer Territorium des Feindes und 92 Ortschaften", sagte Selenskyj bei einem Auftritt vor ukrainischen Diplomaten und Beamten. Ein taktisches Ziel, die Gefahr für die ukrainische Grenzregion Sumy zu verringern, sei damit erreicht.

Zudem sei die Offensive der größte Erfolg bezüglich der Gefangennahme russischer Soldaten seit Kriegsbeginn, erklärte der Präsident. Seinen Angaben nach sollen die Russen später gegen kriegsgefangene Ukrainer ausgetauscht werden. Im bisherigen Kriegsverlauf hat Russland nach Einschätzung von Beobachtern mehr Ukrainer gefangen genommen als umgekehrt.

Selenskyj: Offensive hätte niemand für möglich gehalten

Selenskyj bezeichnete die Offensive als großen Erfolg. "Die russische Grenzgegend gegenüber unserer Region Sumy ist jetzt größtenteils frei von russischer Militärpräsenz", teilte der Präsident in den sozialen Medien mit. "Unsere Verteidigungsaktionen auf der anderen Seite der Grenze sowie die Unfähigkeit Putins, sein Territorium zu verteidigen, sprechen Bände. Unsere proaktive Verteidigung ist das effektivste Mittel gegen russischen Terror, sie verursacht erhebliche Schwierigkeiten für den Angreifer."

Vor ein paar Monaten habe dies niemand für möglich gehalten. Kritiker hätten allein Gedankenspiele dieser Art als Überschreiten der "rötesten aller roten Linien Russlands" abgelehnt, gab er zu bedenken. Darum seien die Vorbereitungen auch im Geheimen getroffen worden. Die "naive, illusorische Vorstellung" derartiger Linien, die die Analysen einiger Partner beherrscht habe, sei in diesen Tagen jedoch in sich zusammengestürzt, erklärte Selenskyj und verwies darauf, dass der Vorstoß nach Russland gar nicht nötig gewesen wäre, wenn Verbündete den Einsatz von Langstreckenwaffen nicht beschränkt hätten.

Putin schließt Verhandlungen mit der Ukraine derzeit aus

Bei dem Treffen mit Diplomaten warb Selenskyj nun für einen zweiten Friedensgipfel noch in diesem Jahr. "Der Eröffnungsgipfel war meiner Meinung nach ein außerordentlicher Erfolg für die Ukraine. Ich bin allen dankbar, die daran mitgewirkt haben, dass unser Gipfel zustande kam. Jetzt bereiten wir uns auf den zweiten Friedensgipfel vor und müssen dafür sorgen, dass er dieses Jahr stattfindet", sagte Selenskyj demnach. "Wir müssen dafür alles tun. Wir müssen den Kreis der Unterstützung für das Kommuniqué des ersten Gipfels weiter ausbauen."

Präsident Putin hingegen wolle nach der Gegenoffensive nicht mehr mit der Ukraine verhandeln, wie der Kreml mitteilte. "Der Präsident hat sehr deutlich gesagt, dass nachdem die Angriffe, genauer gesagt die Invasion im Gebiet Kursk begonnen hat, von Verhandlungen keine Rede sein kann", erklärte Russlands Außenminister Sergej Lawrow am Rande von Putins Besuch in Aserbaidschan im russischen Staatsfernsehen. Putin werde zudem in Kürze eine Einschätzung der Lage geben, kündigte Lawrow an. Berichte über Kontakte zwischen den Kriegsparteien, die von Mittlern wie Katar oder der Türkei hergestellt worden seien, seien nichts weiter als Gerüchte, erklärte Lawrow weiter.

Washington: Vorstoß ändert nichts an Hilfen

Die ukrainische Gegenoffensive in der Region Kursk ändert nach Angaben des Pentagons nichts an der Unterstützung der USA für Kiew. US-Präsident Joe Biden habe "sehr deutlich gemacht, dass wir die Ukraine weiterhin und dauerhaft unterstützen und ihr zur Seite stehen werden, solange es nötig ist", sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums. Das bedeute auch, dass sich die Art und Weise der Hilfe nicht geändert habe. Man unterstütze Kiew weiter vorrangig mit der Lieferung militärischer Ausrüstung.

Drohnenangriffe wurden auch in der Nacht wieder in zahlreichen ukrainischen Regionen weitab der Front gemeldet. Laut der Flugabwehr waren so die Gebiete Sumy, Poltawa, Cherson und Mykolajiw im Visier. Auch im Umland der Hauptstadt Kiew war die Flugabwehr im Einsatz. Die Gebietsverwaltung rief die Einwohner dazu auf, Schutzräume aufzusuchen. Schäden sind bislang nicht bekannt.

Quelle: ntv.de, joh/gri/dpa/AP/rts


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