BMW 550e xDrive oder M760e xDrive - welcher darf es sein?

  15 September 2024    Gelesen: 483
  BMW 550e xDrive oder M760e xDrive - welcher darf es sein?

Starke Verbrenner sind heute in der Regel elektrifiziert, so auch bei BMW. ntv.de hat die Hybrid-Topversionen von Fünfer und Siebener unter die Lupe genommen und gefragt: Braucht es die 7er-Limousine überhaupt noch angesichts des gewachsenen 5ers?

Man kann es sich denken: Im Kontext mit diesen beiden BMW gibt es jede Menge zu besprechen. Da wäre erst einmal die Thematik des Antriebs: In diesem Segment geht es einerseits um Emotionen, andererseits aber auch um leise Fortbewegung. Damit wiederum eng verknüpft ist der Fahrkomfort. Über Komfort entscheidet aber nicht allein der Antrieb, sondern auch das Platzangebot. Und da stellt sich die Frage, ob es überhaupt ein Fahrzeug mit einer Außenlänge von 5,39 Metern (Siebener) braucht. Schließlich misst bereits der Fünfer satte 5,06 Meter - eigentlich schon ein Oberklasse-Format und womöglich zu groß für Kunden der oberen Mittelklasse.

Doch der Reihe nach. ntv.de hat sich diesmal gegen rein elektrische Antriebe entschieden, weil gerade bei den gehobenen Limousinen viel Emotionalität im Spiel ist - im Allgemeinen und bei den hier besprochenen Kandidaten im Besonderen. Man muss wissen, dass gerade die Nummern "550" und "760" lange Jahre nicht nur schlicht für Leistung im Überfluss, sondern auch für eine bestimmte Art von Darbietung standen. Nicht umsonst befeuerte den 760er ein großvolumiger Zwölfzylinder mit 6,6 Litern Hubraum, während die Zahl "550" einen klangvollen Achtzylinder garantierte, der seine Mitwelt nicht unbedingt extrem laut, aber doch ausdrucksstark beschallte.

Trotz Reihensechszylinder weniger emotional

Und heute alles versachlicht? Na ja, sagen wir mal: halb versachlicht. Acht- und Zwölfzylinder sind Geschichte. Aber die Emotionen nicht ganz, denn schließlich gönnen die Münchner ihrer Kundschaft und sich weiterhin einen traditionellen Reihensechszylinder. Und weil das allein nicht reicht, paart der Ingenieur den Dreiliter jeweils mit einer 197 PS starken Elektromaschine. Auf diese Weise kommt der 550 (jetzt "e" statt "i") zu 489 PS Systemleistung (313 PS entfallen auf den Verbrenner), während der 760e xDrive 571 PS Systemleistung bringt, von der das R6-Aggregat 381 aufbringt

Und der emotionale Faktor? Hier unterscheiden sich die Business- sowie die Luxusklasse nicht nur leistungsmäßig voneinander. Wobei die Performance (beide 4,3 Sekunden auf 100 km/h) in beiden Fällen gleich ist, allerdings ist der rund 300 Kilogramm schwerere 760er (2,5 Tonnen Leergewicht) doch ein gutes Stück leiser. Unter Last klingen beide Sechszylinder aber sportlich-kernig.

Cool? Schon, aber die bittere Wahrheit ist eben auch, dass die aktuellen Ausführungen ihre legitimen Vorgänger kaum ersetzen können. Auch wenn die Techniker das Zusammenspiel von Achtgangautomatik, Elektromotor und Verbrenner betriebsstrategisch gut gelöst haben, fehlt doch manchmal die Souveränität. Das ist meckern auf ganz hohem Level, keine Frage, aber die früheren Triebwerke hatten eben auch ein Niveau an Excellence, an das nur ganz schwer heranzukommen ist. Und dass der große Siebener ("groß" bezieht sich hier nicht auf die Abmessungen) nicht mehr mit einem Achtzylinder zu bekommen ist, schmerzt doch sehr.

Bitte den PHEV immer laden

Außerdem scheint das Plug-in-Hybrid-System so ausgelegt zu sein, dass die Systemleistung mit schwindender Energie aus dem 18-kWh-Akku abflaut (man möchte den Besitzer zum Laden seines PHEV motivieren). Und dann haben die Kandidaten vor allem beim Beschleunigen aus höheren Tempi heraus auf der Autobahn einfach nicht mehr den Druck, den man von ihnen erwarten würde. Und auch nicht den Druck von früher. Damit keine Missverständnisse entstehen: Am Ende ist immer noch die Rede von Leistung im Überfluss. Aber es fehlt einfach eine Nuance.

Und nun? Fünfer oder Siebener? BMW wird in Europa das Problem haben, dass so mancher Kunde vor der schieren Länge des Siebeners zurückschreckt. Wie zum Teufel soll diese Fuhre bitte noch in eine Standardgarage passen? Dafür haben die Entwickler den Oberklässler einfach eine Stufe höher positioniert. Was wie eine hohle Marketingphrase klingt, ist gefahrene Realität. So entkoppelt und flauschig wie in der Baureihe G70 ist man noch in keiner Siebener-Baureihe unterwegs gewesen. Das ist fast schon Rolls-Royce-Level.

Und wenn man so dahincruist nahe der Lautlosigkeit, sind die beiden fehlenden Zylinder schnell vergessen. Wenn dann noch der 4K-Bildschirm im weitläufigen Fond in Aktion tritt und man einen Film genießen kann während der Fahrt, wird der Siebensechzig zum rollenden Kinosaal.

Der Siebener bietet überbordenden Komfort

Als Fahrer darf man den schweren Brocken dank serienmäßiger Gimmicks wie aktiver Wankstabilisierung übrigens auch mal zügiger um die Kehre scheuchen. Könnten Siebener-Interessenten eigentlich auch mit dem Fünfer glücklich werden? Nicht, wenn sie auf den Maximalkomfort des Spitzenmodells bestehen - der ist nämlich wirklich herausragend. Dabei bietet auch schon der Fünfer überdurchschnittlich hohen Komfort. Aber nicht überdurchschnittlich viel Beinfreiheit hinten. Dabei trumpft der Businessklässler schon mit satten drei Metern Radstand auf. Für den Sitzkomfort zeichnen Features wie aktive Polsterklimatisierung verantwortlich, aber der Siebener macht alles natürlich eine Spur besser.

Der große Aufhänger der Innenarchitektur ist zweifelsohne die markante Lichtleiste in mannigfaltiger Farbgebung. Beim Sieber-Testwagen haben immer wieder die elektrisch betriebenen Türen für Aufsehen gesorgt. Einfach das Bremspedal betätigen - und schon gleitet die Tür wie von Geisterhand zu.

Das spektakuläre Merkmal beim Fünfer-Testwagen dagegen ist der aktive Tempomat mit der Funktion des freihändigen Fahrens (kann natürlich auch der Siebener haben). Und wie funktioniert das? Die Sensorik entscheidet, wenn die Verkehrsumgebung strukturiert genug ist, dann meldet das Instrument, dass das Lenkrad losgelassen werden kann. Dabei ist der Blick nach vorn erforderlich. Erkennt der Eyetracker, dass du wegschaust und am Smartphone spielst, bricht der Tempomat sofort ab. Überholvorgänge bietet das Fahrzeug dann an, was per kurzem Piep angedeutet wird. Mit einem Blick in den Außenspiegel muss die Prozedur noch bestätigt werden, erst dann setzt der BMW zum Überholen an. Funktioniert im Prinzip gut. Erst wirre Verkehrssituationen bringen das System an ihre Grenzen.

Die Top-Hybride sind auch finanziell Brocken

An finanzielle Grenzen kann indes das Konto gelangen. Vor allem der M760e xDrive strapaziert die Finanzen mit 147.200 Euro Grundpreis. Ein 550e xDrive ist mit 77.300 Euro zwar keineswegs günstig, liegt aber doch so ziemlich weit unterhalb der Riesen-Limousine - die Rede ist fast vom halbierten Preis.

Man sollte sich übrigens nicht der Illusion hingeben, die potenten Hybride seien Kostverächter. Bei behutsamer Fahrt geht es freilich deutlich unter zehn Litern pro 100 Kilometer, unter vollem Leistungseinsatz wird es allerdings deutlich zweistellig. Am günstigsten lassen sich die beiden PHEV-Modelle mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage betreiben - 70 Kilometer rein elektrisch sind immer drin. Und da es in diesem Segment oft um Firmenwagen geht, besticht die 0,5-Prozent-Regel (Dienstwagensteuer).

Falls Geld überhaupt kein Kaufkriterium sein sollte, könnte die Optik der ausschlagende Punkt sein. Der größere Kandidat polarisiert nämlich mit seiner betont mächtigen Front und seiner überhaupt eigenwilligen Gestaltung, während sich der Fünfer in puncto Design evolutionär entwickelt hat ganz im Sinne des europäischen Geschmacks. Ein bisschen fancy ist er freilich auch, vor allem nachts mit seiner beleuchteten Niere "BMW Iconic Glow" (510 Euro). Die gibt es auch beim Siebener, und zwar in richtig groß. Passend zum Auto eben.

Quelle: ntv.de


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