Menschen, die mit ihrer Nahrung viel Acrylamid aufnehmen, haben auch ein höheres Risiko, an einer schweren Herz-Kreislauf-Erkrankung wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken oder zu sterben. Das hat ein Forschungsteam der Universidad Autónoma de Madrid in Spanien nach der Analyse von insgesamt 28 Studien mit mehr als 100.000 Menschen herausgefunden. Die Forschenden kommen zu dem Schluss, dass sich durch hohe Acrylamid-Werte das sogenannte kardiovaskuläre Sterberisiko um bis zu 60 Prozent erhöhen kann.
"Acrylamid ist ein allgegenwärtiger Schadstoff aus der Lebensmittel-Verarbeitung, dem die Bevölkerung während des Lebens ungewollt ausgesetzt ist", schreiben die Forschenden, deren Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Nutrients" veröffentlicht wurden. Die Chemikalie entsteht, wenn kohlenhydrathaltige Lebensmittel auf über 120 Grad Celsius erhitzt werden, ganz egal, ob das durch Braten, Grillen, Frittieren oder Backen passiert. Dementsprechend gibt es eine lange Liste von Lebensmitteln, die Acrylamid enthalten. Dass Pommes, Kräcker und Chips dazugehören, ist den meisten Menschen klar. Dass allerdings auch Knäckebrot, Kaffee und Frühstückscerealien besonders acrylamidhaltige Lebensmittel sein können, ist vielen gar nicht bewusst. Und auch der Toast, der etwas zu lange im Toaster war oder die selbstgebackenen dunkelbraunen Plätzchen können erhebliche Mengen der Chemikalie aufweisen.
Zu lange, zu heiß
Wie viel Acrylamid in Lebensmitteln steckt, hängt vor allem von der tatsächlichen Temperatur, mit denen die Lebensmittel gegart werden, der Gardauer und dem Feuchtigkeitsgehalt der Lebensmittel sowie deren Kohlenhydratgehalt ab. Kurz gesagt, je länger und je heißer beispielsweise Pommes frittiert werden, umso höher ist auch ihr Acrylamid-Gehalt. Je größer der Feuchtigkeitsgehalt, umso länger die Gardauer. Doch niemand mag lätschige Pommes und blasse Bratkartoffeln. Die Bräunung der Lebensmittel, die durch die sogenannte Maillard-Reaktion entsteht, wird nämlich nicht nur als optisches und olfaktorisches Qualitätszeichen angesehen, sondern wirkt sich auch geschmacklich als Röstaromen auf die Lebensmittel aus.
Den Forschenden der Meta-Analyse zufolge nimmt ein Erwachsener im Durchschnitt zwischen 32,6 und 57 Mikrogramm Acrylamid am Tag mit der Nahrung auf. Je höher dieser Wert ist, umso größer sind den Übersichtsergebnissen zufolge auch die negativen Auswirkungen in Bezug auf die Herzgesundheit. Um herauszubekommen, wie genau es dazu kommt, sind weitere Forschung nötig.
Höhere Werte bei Kindern
Hohe Acrylamid-Werte im Essen sind vor allem für Kinder und Jugendliche bedenklich, da ihr Körpergewicht noch geringer ist als bei Erwachsenen und dementsprechend auch die Aufnahme von Acrylamid pro Kilogramm Körpergewicht und Tag höher ausfällt. Die Forschenden schreiben dazu: "Der Anstieg des Konsums hochverarbeiteter Lebensmittel in den letzten Jahrzehnten, insbesondere unter Jugendlichen, bleibt ein Problem für die öffentliche Gesundheit."
Aus diesem Grund sollten vor allem Eltern darauf achten, was ihre Kinder zu sich nehmen und Abwechslung auf den Tisch bringen. In einer Tüte Kartoffelchips mit 200 Gramm Inhalt können bis zu 150 Mikrogramm Acrylamid enthalten sein, in einer Scheibe Knäckebrot mit 20 Gramm sind es ungefähr 7,2 Mikrogramm und in einer Tasse Getreidekaffee 5,8 Mikrogramm. Allgemein kann sich der Acrylamid-Gehalt beim Frittieren, Braten oder Grillen bei sehr gebräunten Lebensmitteln verzehnfachen.
Ess- und Kochgewohnheiten überprüfen
Um Verbraucher und Verbraucherinnen zu schützen, gibt es sowohl in den USA als auch in Europa verschiedene Maßnahmen, um den Acrylamid-Gehalt in Lebensmitteln zu senken. Die Europäische Kommission hat mit der Verordnung (EU) 2017/2158 einen Rechtsrahmen festgelegt, der diese Reduktion der Acrylamid-Gehalte in Lebensmitteln sicherstellen soll.
"Zwar stellen regulatorische Maßnahmen, wie sie in der EU und den USA umgesetzt wurden, einen erheblichen Fortschritt dar, es sind jedoch zusätzliche Anstrengungen erforderlich, um die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, wie die häuslichen Kochgewohnheiten zur Acrylamid-Belastung beitragen. Die Aufklärung der Verbraucher über Strategien zur Minimierung der Acrylamid-Bildung sowie kontinuierliche Innovationen in den Praktiken der Lebensmittelindustrie werden von entscheidender Bedeutung sein, um die allgemeineren Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit dieser Substanz anzugehen", resümiert das Forschungsteam.
Wer das persönliche Gesundheitsrisiko gering halten möchte, aber dennoch unsicher ist, findet Hilfe im Netz. Mit dem Acrylamid-Rechner des Bundesinstitutes für Risikobewertung lässt sich herausfinden, wie viel der bedenklichen Chemikalie man täglich über die Nahrung zu sich nimmt und in welchen Lebensmitteln der Acrylamid-Gehalt besonders hoch ist. Zudem sollte man den Konsum von Tabak einstellen, denn im Tabakrauch befindet sich ein besonders hoher Anteil der Chemikalie.
Quelle: ntv.de, jaz
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