Plötzlich braucht die EU den Diktator

  13 Oktober 2015    Gelesen: 473
Plötzlich braucht die EU den Diktator
Einst bestrafte die EU Weißrussland mit Sanktionen. Seit Russland Krieg führt, haben sich die Perspektiven verschoben.
Wenn es stimmt, dass man die Zustimmung zur Demokratie an der Wahlbeteiligung messen kann, dann sind die Weißrussen begeisterte Demokraten. 87 Prozent der Stimmberechtigten sollen laut Wahlkommission zu den Urnen gegangen sein, als sich Präsident Alexander Lukaschenko am Wochenende für eine fünfte Amtszeit "wählen" ließ. 21 Jahre ist er jetzt schon an der Macht. Glaubt man den offiziellen Angaben, so wünschen sich 83,5 Prozent der Wähler, dass er dem Land fünf weitere Jahre dient.

Aber man kann diesen Angaben natürlich nicht glauben. Im Bericht der OSZE zur Wahl ist von "substanziellen Mängeln" die Rede. Zwar konnten die Weißrussen am Sonntag Stimmzettel ausfüllen und in Urnen werfen. Damit endete aber die Ähnlichkeit zu einer freien, fairen, demokratischen Wahl. Wie wurden die Stimmen gezählt und ausgewertet? Das weiß nur der Staat. Aussichtsreiche Gegenkandidaten wurden in Haft gehalten, bis die Frist zur Anmeldung bei der Wahl verstrichen war.

Diplomaten deuten eine Aufhebung der Sanktionen an
Die Menschenrechtslage ist in Weißrussland nicht besser. Der UN-Sonderberichterstatter Miklós Naraszti meldete im Juni, sie habe sich "seit letztem Jahr weiter verschlechtert". Nicht nur Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit seien weiter eingeschränkt worden, auch die freie Wahl die Arbeitsplatzes wurde beschnitten. Weißrussland ist der einzige Staat in Europa, der weiterhin die Todesstrafe vollstreckt. 2014 wurden drei Personen hingerichtet.

Elf Jahre und schon bei der UN-Generalversammlung: Weißrusslands Machthaber Alexander Lukaschenko nimmt auf Dienstreisen gerne seinen Jüngsten mit. Wird da ein Knirps zum Präsidenten erzogen? Profil

Trotz dieser Mängel kündigte die EU nun an, dass sie ihre Sanktionen gegen die Führung in Minsk aussetzen wird. Zumindest teilweise und zunächst für vier Monate, auf Probe sozusagen.

Verhängt wurden die Einreiseverbote und Kontensperrungen erstmals 2004, nachdem vier politische Aktivisten verschwunden waren. Seitdem lockerte Brüssel die Strafmaßnahmen mal, mal wurden sie wieder angezogen. Derzeit ist es etwa 140 Weißrussen verboten, in die EU einzureisen, ihre Vermögen dort wurden eingefroren. In der Mehrzahl handelt es sich um Mitarbeiter aus Justiz und Geheimdienst, die an der Verfolgung Andersdenkender beteiligt waren.

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