Der Verband der Europäischen Motorradindustrie ACEM hat der Entwicklung der E-Zweiräder in den Jahren 2023 und 2024 kein gutes Zeugnis ausgestellt. Zwar reduziert sich das Minus in den jeweils fünf wichtigsten Absatzmärkten geringfügig, es lag zuletzt im Vergleich zum Vorjahr aber immer noch bei 18,5 Prozent in der größeren Kategorie und bei 20,8 Prozent in der kleineren (Werte von 2023: minus 20,2 beziehungsweise minus 28,9 Prozent).
In Zahlen bedeutet das, dass im Jahr 2024 in den fünf wichtigsten europäischen Absatzmärkten nur noch knapp 79.000 elektrisch angetriebene Zweiräder neu in den Verkehr gebracht wurden; im Jahr davor waren es immerhin noch rund 95.000 Einheiten gewesen. Deutschland schneidet dabei besonders schlecht ab.
Zulassungszahlen für alle Motorräder gestiegen
Im Gegensatz dazu sind die Zulassungszahlen für alle Motorräder, also Verbrenner inklusive E-Zweiräder, in Europa im Vorjahr um rund zehn Prozent auf 1,16 Millionen gestiegen. Allerdings sind die Jahresschlusszahlen in fast allen dargestellten Ländern wegen der Homologationsumstellung von Euro5 auf Euro 5+ durch Tageszulassungen extrem gepusht worden. Aber auch ohne diese Besonderheit wäre Europas Zweiradmarkt 2024 ohne "blaues Auge" davongekommen, was bei den E-Motorrädern eben nicht der Fall war.
Betrachtet man nur die stärkeren Bikes, hat BMW in Deutschland zwar seinen Absatz an E-Rollern der Typen CE 02 und CE 04 stark erhöhen können, doch konnte dieser Absatzboom die Gesamtmisere höchstens abmildern: Das Jahresminus bei den "E-Motorcycles" nach ACEM-Definition liegt bei 40,7 Prozent; von 9059 Fahrzeugen ist dieses Marktsegment auf nur noch 5.375 Einheiten abgestürzt. Von Rang eins in Europa im Jahr 2023 gings für Deutschland hinab auf Rang 3 (hinter Frankreich mit einem Jahresplus von 9,8 Prozent) und Spanien (mit einem Mini-Minus von 0,2 Prozent). Deutschland war bei dieser Talfahrt allerdings in guter Gesellschaft, denn Italien hat praktisch dieselbe Negativentwicklung erlebt: Von 8.366 Einheiten 2023 sank der Absatz binnen Jahresfrist auf 5.044 Stück, ein Minus von 39,7 Prozent, womit Italien von Rang drei auf vier zurückgefallen ist - vorn liegt jetzt Frankreich gefolgt von Spanien.
Elektrische Leichtkraftroller und Kraftroller 43 Prozent weniger
Die volumenstärkste Kategorie, die elektrischen Leichtkraftroller und Kraftroller, haben von 2023 auf 2024 im Jahresvergleich um volle 43 Prozent eingebüßt; statt 7326 Neuzulassungen gab es nur noch deren 4179 - und das trotz der sehr positiven Entwicklung der beiden genannten BMW-Modelle.
Auch bei den E-Motorrädern geht nichts voran: Zero, einzige Marke mit halbwegs stabilen Absatzzahlen von Bedeutung, kann sich - mühsam - bei knapp 300 Fahrzeugen pro Jahr in Deutschland halten; die E-Motorräder von Livewire (Harley-Davidson) haben noch nie eine Rolle am deutschen Markt gespielt und die italienische Marke Energica hat im vergangenen Jahr die Tür zugesperrt. Grund für die Misere: Das durchschnittliche Nutzerverhalten und die technischen Möglichkeiten der E-Motorräder passen nicht zusammen.
Nur wenige Newcomer
Es ist insofern kein Wunder, dass es auf dem Markt der starken E-Motorräder seit längerer Zeit so gut wie keine Neuerscheinungen renommierter Marken oder auch von Newcomern gibt.
Den beiden von Kawasaki im vergangenen Jahr präsentierten Hybridmodellen, der Ninja 7 Hybrid und der Z7 Hybrid, geht es auch kaum besser: Zwar führen die technisch hochinnovativen Bikes die deutsche Zulassungsstatistik der Motorräder mit alternativem Antrieb mit großem Vorsprung an, doch resultiert dieses auf den ersten Blick positive Resultat vorrangig aus zahlreichen Tageszulassungen des Herstellers am Jahresende.
Die Folge: Diese Fahrzeuge werden seit Jahresbeginn mit 33 Prozent Nachlass angeboten; statt für 13.345 Euro sind sie nun für 8995 Euro erhältlich. Noch bis 3. März stundet Kawasaki Deutschland den Käufern im Rahmen der Early-Bird-Finanzierung obendrauf sogar die Anzahlung und gewährt eine dreimonatige Zahlpause - was sich für Käufer derzeit fraglos als Vorteil darstellt, ist für den Hersteller ein klares Verlustgeschäft. Das vermeiden andere Hersteller, indem sie auf Zeiten warten, in denen sich teure Entwicklungen in alternative Antriebe auch lohnen.
Quelle: ntv.de, Ulf Böhringer, sp-x
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