Ohne Kapitän: US-Erfinder entwickelt erstes automatisches Schiff

  31 Mai 2016    Gelesen: 843
Ohne Kapitän: US-Erfinder entwickelt erstes automatisches Schiff
Ein kalifornischer Ingenieur hat ein autonom fahrendes Solarboot entwickelt. Der Prototyp soll zeigen, dass Schiffe sich in Zukunft elektrisch auf den Weltmeeren fortbewegen können. Auch Rolls Royce und anderen Unternehmen konzipieren bereits unbemannte Schiffe – die Entwicklung ist angesichts der anhaltenden Krise in der Container-Schifffahrt besonders interessant.
Nicht nur auf den Straßen hält der Elektro-Antrieb Einzug – künftig sollen auch die Weltmeere ohne Verbrennungsmotoren auskommen. Um das unter Beweis zu stellen, schickt ein Ingenieur aus Silicon Valley ein rein solarbetriebenes Boot auf die rund 3200 Kilometer lange Reise nach Hawaii. Den Strom für den Elektromotor generiert der rund 2,3 Meter lange, sogenannte „Seacharger“ dabei über zwei Solar-Paneele auf der Oberfläche des Boots. Jedes für sich hat eine Leistung von rund 100 Watt und versorgt damit eine 50 Zellen LiFePo4-Batterie. Mit der Reserve aus den Batterien kann das Boot bis zu drei Tage ohne Sonnenschein auskommen und dennoch weiterfahren. Dabei schafft es dem Entwickler zufolge eine Geschwindigkeit von rund 5,5 Kilometern pro Stunde beziehungsweise drei Knoten.

Allerdings ist der Antrieb nicht die einzige Besonderheit des Seacharger: Der Prototyp bestreitet seinen Weg durch den Ozean nicht nur emissionsfrei, sondern auch ganz ohne Kapitän oder Besatzung: Die Steuerung übernimmt das Boot völlig autonom mit Hilfe eines GPS-Senders, eines Satelliten-Modems sowie eines Arduino-Mini-Computers. Anders als etwa eine Drohne wird das Schiff also nicht ferngesteuert.

Die Erfinder übertragen den Start und die Route des Seacharger über ihre Homepage live im Internet. Sie sind jedoch nicht die ersten, die an nachhaltigen Konzepten für eine umweltfreundlichere Schifffahrt der Zukunft arbeiten. So hat etwa das britische National Oceanography Centre den Prototypen eines autonom fahrenden Katamaran vorgestellt, der mit einer Kombination aus Wind- und Wasserkraft angetrieben wird. Die britischen Forscher haben dabei im Gegensatz zu den Kaliforniern auch für längere sonnenfreie Perioden vorgesorgt, indem sie zusätzlich zu den zwölf Solarpaneelen an Bord auch eine Windturbine installiert haben. Dafür hat der Katamaran auch wissenschaftliche Instrumente an Bord, mit denen er Wetter und Wasser auf seiner Reise durch die Meere untersuchen soll.

Zum Einsatz autonomer Roboterschiffe gibt es neben Forschung und Militär auch Projekte mit Beteiligung aus der Industrie. Das EU-Projekt Munin (Maritime Unmanned Navifgation through Intelligence Network) etwa plant mit Unterstützung des Fraunhofer-Instituts und Ingenieuren des Autobauers Rolls Royce den Bau riesiger autonomer Cargo-Schiffe, die unbemannt tausende Container durch die Weltmeere fahren. Allerdings sollen diese Schiffe nicht von Computern an Bord, sondern von einer High-Tech-Zentrale aus ferngesteuert werden (siehe Video am Anfang des Artikels).

Bei Munin werden zwar auch alternative Antriebe für die Schiffe erforscht, allerdings zeichnen sich die geplanten 400 Meter langen Schiffe bisher vor allem durch die bessere Effizienz aus und haben damit durch die Einsparung von Treibstoff einen positiver Effekt auf die Umwelt: Ohne menschliche Besatzung könnten die Schiffe länger auf offener See bleiben und langsamer fahren, was allein 50 Prozent des Treibstoffs einsparen soll. Dass es jedoch bereits möglich ist, auch große Schiffe mit Elektro-Antrieb zu bauen, hat jüngst die Elektro-Fähre von Siemens gezeigt, die seit 2015 in Norwegen in Einsatz ist.

Wegen der potentiellen Einsparungen dürfte die Entwicklung autonomer Schiffe für die weltweite Schifffahrtsindustrie von Interesse sein, die seit geraumer Zeit mit niedrigen Frachtraten und Transport-Preisen wegen schwindender Nachfrage und kriselnder Weltwirtschaft kämpft. Denn ohne Besatzung können die Schiffe längere Zeit auf offener See bleiben und ebenso längere Liegezeiten in Häfen finanziell besser verkraften.

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