So werden wir die zweite Erde finden

  01 Juni 2016    Gelesen: 951
So werden wir die zweite Erde finden
Zweifellos gibt es in den Nachbarschaft unseres Sonnensystems bewohnbare Exoplaneten. Bisher ist es ein großes Problem, sie zu finden. In Zukunft wird das aber kein Problem mehr sein.

Wie können wir unter hunderttausenden von Sternen und Planeten im näheren Umkreis unseres Sonnensystems genau die herausfinden, die nicht nur erdähnlich sind – also etwa so groß wie die Erde sind und eine Atmosphäre haben – sondern auch einfaches biologisches Leben tragen, also für uns Menschen oder möglicherweise außerirdische Zivilisationen bewohnbar wären? Dazu brauchen wir neue Teleskope, mit denen wir Exoplaneten direkt sehen und ihre Existenz nicht nur indirekt bestimmen können, was die heutigen Teleskope machen.

So müssten die neuen Teleskope gebaut sein

Solche Superteleskope sind bereits heute im Prinzip technisch machbar, jedoch mit zwei kostspieligen Problemen. Zum einen müsste ein Superteleskop einen Durchmesser von mehreren hundert (!) Kilometern und zugleich eine ideale Parabelform mit nicht mehr als 1 Mikrometer Höhenabweichung haben. Das ist praktisch nicht machbar. Jede kleinste Erdvibration (Erdbeben) oder Verschiebung (Die Mondgezeiten heben die Erdoberfläche lokal um etwa 25 cm an) machen dem einen Strich durch die Rechnung.

Im Weltraum gibt es diese Probleme nicht. Aber wie bringt man ein Spiegelteleskop (der leichteste Teleskop-Typ) mit vielleicht 300 km Durchmesser ins All? Dazu muss man ein bisschen tricksen. Der Durchmesser eines Teleskops bestimmt seine maximale Auflösung. Soll sich in einer Aufnahme ein Planet vom Stern deutlich seitlich absetzen und nicht nur als Punkt, sondern als Scheibe sichtbar sein, braucht man eben mehrere 100 km Durchmesser.

Die Spiegelfläche des Teleskops bestimmt die Lichtintensität eines Planeten, die man damit einfängt. Heutige Lichtsensoren sind so empfindlich, dass die Lichtintensität nicht das Problem ist. Daher kann man sich erlauben, nicht das ganze Teleskop ins All zu bringen, sondern nur einige wenige Spiegelbereiche, sagen wir den Mittelbereich und einige Randbereiche. Jeder dieser Subspiegel wäre ein eigenes Teleskop mit nur etwa 10 bis 20 Metern Durchmesser. Sie zusammen bilden ein großes virtuelles Teleskop mit relativ geringer Lichtintensität, das aber wegen der gegenseitigen Abstände von einigen 100 Kilometern eine extrem höhe Auflösung hat.

So macht man bewohnbare Exoplaneten sichtbar

Es gibt da aber noch ein großes Problem. Das extrem schwache Licht eines Exoplaneten wird von seinem 100 Millionen Milliarden Mal helleren Zentralstern hoffnungslos überstrahlt. Man sähe nur das helle Licht des Zentralsterns und sonst nichts. Aber auch hier hilft ein Kniff. Nimmt man zwei dieser Sub-Spiegelteleskope und positioniert sie über längere Zeiten zueinander so exakt, dass ihr Wegunterschied zum Zentralstern dadurch gerade eine halbe Lichtwellenlänge ausmacht (d.h. bei mehreren 100 km Abstand auf einen Mikrometer genau. Das geht tatsächlich!), dann kann man durch phasengenaue Interferenz (man addiert die Lichtwellen beider Teleskope phasengenau) das Licht des Zentralsterns auf theoretisch Null unterdrücken.

Das Licht eines Exoplaneten, der dabei etwas seitlich vom Zentralstern stände und daher einen etwas anderen Abstand von den beiden Sub-Teleskopen hätte, würde nicht unterdrückt werden und man könnte ihn dann deutlich sehen. Dass ein solches Arrangement mehrerer Sub-Teleskope tatsächlich funktionieren würde, zeigte die Darwin-Studie der ESA in den 90er Jahren. Es war sogar geplant, Darwin zu bauen und im Jahre 2015 ins All zu bringen, aber die enormen Entwicklungskosten haben diesem virtuellen Super-Teleskop den Garaus gemacht.

Dieses schwache Licht des Exoplaneten würde man bei 10 µm Wellenlänge in seine Spektralanteile zerlegen. Bei genau 9,5 µm befindet sich nämlich die markante Absorptionslinie von Ozon. Wann immer man die bei einem Exoplaneten fände, muss es dort eine Sauerstoffatmosphäre geben, in der, genau so wie auf der Erde, die UV-Strahlung des Sterns Teile des Sauerstoffs in Ozon umwandelt. In einer Atmosphäre kann es freien Sauerstoff in größeren Mengen aber nur dann geben, wenn es dort Photosynthese und somit zumindest primitives biologisches Leben gibt, die diesen Sauerstoff ständig neu produziert. Ozonspuren in der Atmosphäre eines Exoplaneten wären also ein eindeutiges Zeichen für seine Bewohnbarkeit.

Sollte also die Menschheit im Jahre 2516 wegen eines Asteroideneinschlags zu einem anderen Planeten auswandern müssen, wie in meiner letzten Kolumne beschrieben, dann werden bis dahin mit großer Wahrscheinlichkeit alle Exoplaneten mit Ozonspuren in der näheren Umgebung der Erde mit solchen Weltraum-Teleskopen kartographiert sein. Die Aussiedler würden daraus den nächstgelegenen bewohnbaren Exoplaneten wählen, der außerdem einen sonnenähnlichen Zentralstern besitzt, und los geht’s bevor der Asteroid einschlägt.

Bleibt nur noch die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass auf einem bewohnbaren Planeten höheres Leben oder gar intelligenten Zivilisationen entstehen. Das klären wir beim nächsten Mal.

Quelle: n24.de


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