Ob Race-Truck oder ziviles Reisemobil im Lkw-Format, diese Monstermobile sind alles andere als ärmlich bestückt. Solche bewohnbaren Auszüge dienen hier also nur dem Zweck, einem eh schon großzügigen Innenraum in Form einer noch üppiger dimensionierten Sitzlandschaft ein weiteres Stückchen Luxus hinzuzufügen. Keine Frage, Slide-Outs sind ein Merkmal von Luxuslinern, rollender Eigenheime im Hochpreis-Segment. Bisher zumindest.
Die preiswerte Slide-Out-Lösung
Der Allgäuer Hersteller Hymer, einer der Großen in der Caravan-Branche, hat im vergangenen Jahr auf dem Düsseldorfer Caravan-Salon im Rahmen einer Marktforschungsstudie mögliche Slide-Out-Lösungen für kompaktere Reisemobile vorgestellt, die seitlich oder im Heck auch in der Serienproduktion umsetzbar sind. Das slowenische Unternehmen Adria, dessen Vertrieb in Deutschland von der Firma Reimo im hessischen Egelsbach übernommen wird, hat die Schwaben aus Bad Waldsee aber längst überholt und liefert gerade die ersten Exemplare eines kompakten teilintegrierten Wohnmobils mit Heck-Auszug an die Kunden aus.
Der Adria Compact SLS macht sich den maßgeblichen Vorteil des Slide-Outs zu Nutzen: Mehr Wohnraum per Knopfdruck. Nur mit dem ausfahrbaren Erker im Heck ist es möglich, ein Reisemobil der kompakten Sechs-Meter-Klasse mit zwei Einzelbetten anzubieten - der mit Abstand beliebtesten Schlafkonfiguration deutscher Kunden -, ohne dabei die Funktionalität des übrigen Wohnraums einzuschränken.
Das Bett wird einfach hochgeklappt
Und das funktioniert so: Bei eingefahrenem Slide-Out – nur so darf der Compact SLS auch gefahren werden – schmiegt sich die obere Hälfte der beiden, über ein Mittelteil verbundenen Längsbetten hochgeklappt an die Rückwand an. Das hat freilich den Nachteil, dass der ansonsten voll nutzbare Innenraum im Heck etwas dunkel wirkt. Auf Knopfdruck bewegen vier 175-Watt-Elektromotoren den 70 Zentimeter langen Auszug in erhabener Gemächlichkeit von 90 Sekunden nach hinten. Die aufgestellte Matratze samt Lattenrost wird dabei gleichzeitig in die Waagrechte gezogen. Zwei seitliche Polster müssen dann noch in Position gebracht werden – und fertig ist die große Liegewiese. Das nunmehr frei liegende Heckfenster bringt zudem mehr Helligkeit in den Wohn-/Schlafraum.
Von außen fällt auf, dass mit dem Erker auch eine fest fixierte Schutzmarkise ausfährt, die die Wohnraumvergrößerung vor Schmutz und Wasser bewahren soll. Doch ist das ausreichend? Kurt Manowski, der deutsche Adria-Geschäftsführer, beantwortet das mit einem energischen "Ja": "Adria liefert Reisemobile mit Slide-Outs ja schon länger nach Australien und hat entsprechende Erfahrung." Dort und vor allem in Amerika wären diese Erker-Lösungen sehr beliebt, würden zigtausendfach verkauft.
Auch einen Ausfall der E-Motoren hält er für unwahrscheinlich. "Die werden ja kaum belastet. Höchstens ein, zwei Mal am Tag. Damit spielt man schließlich nicht herum" so Manowski. Er zieht einen Vergleich zu einem Scheibenwischer-Motor, der wesentlich intensiverer Benutzung ausgesetzt ist. "Und wann hat denn bei Ihnen das letzte Mal ein Scheibenwischer-Motor gestreikt?"
Es geht auch mit Queensbett
Dass die Einführung des Adria Compact SLS, der zu Preisen ab rund 57.000 Euro angeboten wird und damit etwa 3000 Euro teurer ist als ein vergleichbares Reisemobil ohne Auszug, kein Versuchsballon ist, beweist die Tatsache, dass zum Caravan-Salon noch ein weiteres Modell im Sieben-Meter-Bereich an den Start gehen soll. Diesmal soll die Erweiterung im Heck mit einem Queensbett, einem mittig stehenden Doppelbett kombiniert werden, was den zusätzlichen Einbau seitlicher Kleiderschränke ermöglicht. Grundsätzlich seien in Zukunft aber auch weitere Varianten mit seitlichen Erkern in den preissensiblen Klassen, aus denen sich die Adria-Klientel vorwiegend rekrutiert, denkbar, behauptet das Reimo-Urgestein Kurt Manowski. "Das werden zwar niemals Volumenmodelle werden. Aber solange wir damit unser Angebot erweitern können und es von den Kunden auch angenommen wird, machen wir nichts falsch."
Hymer sucht die Premium-Lösung
Und Hymer? Wie geht es bei den Allgäuern mit den Slide-Outs weiter? "Wir beschäftigen uns intensiv mit diesem Thema, aber wir müssen auch Lösungen finden, die unserem Qualitätsanspruch als Premium-Hersteller gerecht werden", erklärt Marketing-Chef Andreas Ortlieb. Ihm geht es dabei auch um die Wintertauglichkeit. Eine Rollo-Lösung wie bei Adria halte er etwa bei starkem Schneefall nicht für völlig unproblematisch und demzufolge als ungeeignet für die anspruchsvollen Kunden der Marke Hymer.
"Die Marktforschungsstudie hat aber eindeutig gezeigt, dass unsere Reisemobil-Klientel an dem Thema interessiert ist, sofern das Fahrzeug innerhalb der 3,5-Tonnen-Grenze bleibt", erläutert Ortlieb, wobei die beiden Lager – Bett- oder Sitzgruppenerweiterung – annähernd gleich groß seien, die Fraktion für die flexible Schlaflösung aber mehrheitlich die Einzelkojen dem Queensbett vorziehen würden. Die Resonanz auf die Studie war in jedem Fall so stark, dass der ausfahrbare Erker in Bad Waldsee keineswegs ad acta gelegt würde, verspricht der Marketing-Mann. Für ein serienreifes Produkt zum Caravan-Salon Ende August sei es allerdings noch zu früh.
Quelle: n-tv.de
Tags: