Streit über Auslieferung: Türkei schickt USA vermeintliche Beweise gegen Prediger Gülen

  20 Juli 2016    Gelesen: 408
Streit über Auslieferung: Türkei schickt USA vermeintliche Beweise gegen Prediger Gülen
Die türkische Regierung macht Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich - doch die USA wollen ihn ohne Belege nicht ausliefern. Ankara erklärt jetzt, man habe Beweise vorgelegt.
Wenige Tage nach dem gescheiterten Putschversuch hat die Türkei den USA mehrere Dokumente geschickt, die eine Beteiligung des Predigers Fethullah Gülen belegen sollen. Die Regierung habe vier Dossiers zur "Auslieferung des Terroristenchefs" an Washington übermittelt, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim im Parlament in Ankara. "Wir werden ihnen mehr Beweise vorlegen, als sie haben wollen."

Gülen lebt seit 1999 im Exil in den USA. Die türkische Regierung hatte bereits kurz nach dem Umsturzversuch behauptet, der islamischen Prediger sei Drahtzieher der Aktion und die Auslieferung des 75-Jährigen gefordert. Gülen weist die Anschuldigungen zurück. US-Außenminister John Kerry kündigte an, seine Regierung werde ein entsprechendes Gesuch prüfen, Ankara müsse aber eindeutige Beweise für die Verwicklung Gülens in den Putsch vorlegen.

Sollte Gülen an die Türkei überstellt werden, wäre sein Schicksal besiegelt. Auf einen fairen Prozess könnte er nicht hoffen - er hat sich mit Präsident Recep Tayyip Erdogan überworfen und gilt als sein Erzfeind. Der Prediger selbst sagte am Sonntag, er würde sich einem Auslieferungsbeschluss beugen.

Opposition unterstützt Wiedereinführung der Todesstrafe

Bei seinem Plan, die Todesstrafe in der Türkei wiedereinzuführen, weiß Präsident Erdogan die ultrarechte Opposition an seiner Seite. Die Partei MHP hat ihre Unterstützung zugesagt. "Wenn die (Regierungspartei) AKP dazu bereit ist, sind wir es auch", sagte MHP-Chef Devlet Bahceli am Dienstag bei einer Fraktionssitzung in Ankara. Die MHP sei nicht dagegen, die Todesstrafe etwa bei Putsch-, Kriegs- oder Terrorgefahr anzuwenden. "Die Putschisten sollen nie wieder Tageslicht sehen."

Mit der Unterstützung der MHP hätte die AKP ausreichend Stimmen, um ein Referendum für eine entsprechende Verfassungsänderung zu beschließen. Dann würde eine einfache Mehrheit im Volk reichen, um die 2004 abgeschaffte Todesstrafe wieder einzuführen. Erdogan hat angekündigt, dass er eine solche Verfassungsänderung unterzeichnen würde.

Der Vizefraktionschef der größten Oppositionspartei CHP, Gök Levent, sprach sich gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe aus. Auch die prokurdische HDP ist dagegen. HDP-Chef Selahattin Demirtas betonte mit Blick auf die Putschisten, vor allem könne die Todesstrafe nicht rückwirkend angewandt werden.

Yildirim hatte am Montag vor überhasteten Beschlüssen in der Debatte um die Wiedereinführung der Todesstrafe gewarnt. Die Türkei hatte die Todesstrafe im Rahmen der EU-Beitrittsgespräche im Jahr 2004 abgeschafft. Zugleich sagte er jedoch: "Wir können diese Forderung unserer Bürger nicht ignorieren."

Vor dem Parlament kündigte Yildirim am Dienstag an, die Türkei werde sich bei den Verfahren gegen die Putschisten an die Gesetze halten. Die Behörden haben im Zusammenhang mit dem gescheiterten Putsch mehr als 7500 Menschen festgenommen. Seit dem Putschversuch wurden außerdem 3000 Richter und Hunderte Beamte abgesetzt. Allein die Behörde für religiöse Angelegenheiten entließ nach eigenen Angaben 492 Mitarbeiter. Es bestehe der Verdacht, dass die Betroffenen Verbindungen zum Terrorismus hätten, teilte die Behörde mit.

Unterdessen gehen die Festnahmen weiter: Erkan Kivrak, Militärberater von Präsident Erdogan, wurde während seines Urlaubs in einem Hotel in Antalya in Gewahrsam genommen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Angaben zu den konkreten Vorwürfen gegen den Oberstleutnant machte sie nicht. Die Nachrichtenagentur DHA hatte bereits am Sonntag über die Festnahme eines weiteren Erdogan-Beraters berichtet. Dabei habe es sich um den Oberst Ali Yazici gehandelt, hieß es.

Quelle : spiegel.de

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