Milzbrand in Sibirien ausgebrochen

  04 Auqust 2016    Gelesen: 1502
Milzbrand in Sibirien ausgebrochen
Erster Anthrax-Ausbruch in Russland seit 75 Jahren: Rentierherden sind mit dem Erreger infiziert. Ein Zwölfjähriger ist gestorben. 70 Menschen werden behandelt.
Die milden Temperaturen in Nordsibirien sollen die Ursache sein: Sporen des Milzbrandbakteriums (Bacillus anthracis) können über Jahrzehnte in Permafrostböden überleben. Jetzt sind sie offenbar wieder aktiv und infizieren Rentierherden. Über die Tiere haben sich auch einige der Hirten infiziert: Insgesamt wurden bisher 70 Menschen mit Verdacht auf eine Anthrax-Infektion in Krankenhäuser gebracht, teilten die Behörden in Salechard am Nordpolarkreis mit. Ein zwölfjähriger Junge ist an den Folgen der Infektion gestorben. Der Gouverneur der Region, Dmitri Kobylkin, rief den Notstand aus.

Rentiere werden jetzt massenhaft geimpft

Es ist der erste Ausbruch von Milzbrand in Nordsibirien seit 75 Jahren. Von dem Erreger sind besonders die Rentiere betroffen. 2.300 von ihnen sollen verendet sein. Experten aus Moskau stellten in der Region ein Feldlazarett auf und begannen, mehr als 40.000 Rentiere zu impfen.

Dass Menschen sich mit Milzbrand infizieren, ist selten. Bekannt ist der Erreger vor allem, weil er das Potenzial zur Biowaffe hat: Es reicht nämlich aus, aktive Sporen über Aerosole einzuatmen, um sich anzustecken. Gleichzeitig ist Milzbrand direkt von Mensch zu Mensch nicht besonders ansteckend. Meist lösen die Sporen nach dem Kontakt mit der Haut eitrige Geschwüre aus, die sich mit Antibiotika gut behandeln lassen und nur selten tödlich enden. Nur unbehandelt ist die Erkrankung sehr gefährlich. Seltener ist Darmmilzbrand, der nach dem Verzehr verkeimter Lebensmittel oder dem Trinken verseuchten Wassers auftreten kann. Blutiger Durchfall und Erbrechen sind die Folge. Schlimmstenfalls kommt es zu einer Blutvergiftung und Organversagen.

Sporen schlummern über Jahrzehnte im Boden

Infektionsherd des Ausbruchs in Sibirien könnte nach ersten Erkenntnissen ein historischer Friedhof der Jamal-Nenzen sein. Das indigene Volk bestattet seine Toten traditionell in Holzsärgen und vergräbt diese nicht, weil der Boden früher tiefgefroren war. Aufgrund des Klimawandels sinkt die Temperatur in der Region aber längst nicht mehr in extreme Bereiche. "Die Bacillus-anthracis-Sporen können in der Umwelt viele Jahre überdauern und keimen, wenn sie in entsprechende Medien, wie zum Beispiel Blut, gelangen wieder aus und produzieren ein Gift", sagte Günther Dettweiler, Sprecher am Robert Koch-Institut ZEIT ONLINE. "Besonders empfänglich sind Huftiere, die sich beim Grasen mit Sporen aus dem Boden infizieren können."

Dem Ausbruch waren ungewöhnlich milde Temperaturen vorangegangen. Dadurch könnten die Sporen der Bakterien, die über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte inaktiv waren, aktiviert worden sein.

Bacillus anthracis – so heißt das Bakterium, das den Milzbrand – Englisch: Anthrax) auslöst. Die Erkrankung kommt in erster Linie in Tierbeständen vor. Das Bakterium kann aber auch Menschen infizieren. Meist kommt es dabei zum Befall der Haut, manchmal der Lunge und selten wird auch der Darm befallen.

Der Erreger bildet Sporen, die über Jahre in der Umwelt überleben und infektiös sind. Milzbrand-Infektionen beim Menschen sind selten, aber riskant.

Einmal im Körper, vermehrt sich das Bakterium und bildet gefährliche Gifte, die ernste, lebensbedrohliche Symptome zur Folge haben. Ohne die Gabe von Antibiotika verlaufen fünf bis 25 Prozent der Fälle von Hautmilzbrand tödlich.

Milzbrand oder Anthrax ist eine bakterielle Infektionserkrankung, die meist Tiere in Afrika, Asien und Teilen Europas befällt. Gefährdet sind in erster Linie Paarhufer wie Rinder. Menschen in Industrieländern sind äußerst selten betroffen.


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