Studienplatzvergabe: US-Eliteuni will für Verkauf von Sklaven sühnen

  02 September 2016    Gelesen: 737
Studienplatzvergabe: US-Eliteuni will für Verkauf von Sklaven sühnen
Die US-Universität Georgetown mischte vor knapp 200 Jahren beim Sklavenhandel mit - und will das jetzt wiedergutmachen. Die Nachfahren der Sklaven sollen leichter einen Studienplatz erhalten.
Die Nachkommen früherer Sklaven sollen an der renommierten Universität Georgetown in der US-Hauptstadt Washington bei der Zulassung für einen Studienplatz künftig bevorzugt werden. Das teilte der Präsident der Hochschule, John DeGioia, mit. Die Regel gilt für Nachfahren bestimmter Familien, die als Sklaven ausgebeutet wurden - und zwar von der Uni.

"Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Universität Georgetown an der Institution der Sklaverei beteiligt hat", sagte der Präsident und berief sich auf Erkenntnisse einer vor einem Jahr eigens eingesetzten Arbeitsgruppe zu dem Thema. 1838 organisierten demnach zwei Priester an der Hochschule den Verkauf von 272 Männern, Frauen und Kindern. Dafür kassierten die Jesuiten 115.000 Dollar, heute umgerechnet rund 3,3 Millionen US-Dollar. Mit dem Geld wollten sie Schulden der Hochschule begleichen.

Die Sklaven wurden von Jesuiten-Plantagen in Maryland nach Louisiana geschickt, "wo sie unter schrecklichen Bedingungen arbeiten mussten", so DeGioia. Familien seien bei dem Handel auseinandergerissen worden. Es handele sich um eine der größten, aber auch mit am besten dokumentierten Transaktionen in der Geschichte des Sklavenhandels.

Die Namen der verkauften Menschen seien auf Rechnungen und Transportpapieren zu finden, so der Uni-Präsident. So könne man Nachfahren ausfindig machen. Die Universität stehe bereits in Kontakt mit einigen dieser Menschen, um den Aussöhnungsprozess voranzutreiben - und sie gegebenenfalls als Studenten an die Uni zu holen.

"Der beste Weg, um die Beteiligung unserer Vorgänger an der Institution der Sklaverei wiedergutzumachen, ist, sich mit den heutigen Auswirkungen der Sklaverei zu beschäftigen", sagte DeGioia.

Obwohl Sklaverei und Rassentrennung längst vorbei sind, leiden noch viele Schwarze in den USA unter Rassismus und Nachteilen gegenüber der weißen Bevölkerung. Sie haben schlechtere Bildungschancen, sind an Hochschulen unterrepräsentiert, verdienen weniger.

Für Joseph Stewart, einer der Nachfahren der betroffenen Familien, ist die Aufarbeitung der Sklavereigeschichte deshalb höchst aktuell: "Wir wollen keinen Konflikt oder Wiedergutmachung", sagte er bei der Vorstellung des Sklavereiberichts. "Wir möchten darüber sprechen, wie diese Universität einen Beitrag dazu leisten kann, den Schmerz zu heilen, der durch den Rassismus entsteht, der unsere Gesellschaft gerade zerstört."

Georgetown ist kein Einzelfall

Historikern zufolge waren mehrere renommierte US-Universitäten früher direkt oder indirekt am Sklavenhandel beteiligt. Die ersten acht Präsidenten der Princeton Universität etwa seien Sklavenbesitzer gewesen. Der Campus in Virginia wurde von Sklaven gebaut. Ein Sklavenbesitzer habe Geld für Harvard-Bauten gespendet.

"Die Geschichte der amerikanischen Colleges ist in Wahrheit ein Kapitel der Geschichte der Sklaverei", sagt der Historiker Craig Steven Wilder aus Massachusetts. Mehrere Hochschulen bemühten sich um Aufarbeitung, aber das Engagement von Georgetown sei beispiellos.

Die Uni plant neben der Bevorzugung bei der Studienplatzvergabe eine Gedenkstätte, Forschung zum Thema Sklaverei und die Umbenennung mehrerer Universitätsgebäude. Einige sind noch nach Männern benannt, die damals am Verkauf der Sklaven beteiligt waren. DeGioia kündigte zudem eine formelle Entschuldigung für die Beteiligung der Uni am Sklavenhandel an.

Quelle : spiegel.de

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