Schnitzelkoma: Warum wir nach dem Mittagessen schlafen wollen

  28 September 2016    Gelesen: 1181
Schnitzelkoma: Warum wir nach dem Mittagessen schlafen wollen
„Ein voller Bauch studiert nicht gern“. Das hat zumindest unser Lehrer immer behauptet und irgendwie hat das Phänomen auch jeder schonmal kennengelernt, wenn er nach einem reichhaltigen Mittagessen im Suppen- oder Schnitzelkoma gelandet ist und sich am liebsten nochmal hingelegt hätte. Die etablierte Erklärung dafür ist, dass das Blut vom Kopf in den Magen fließt. Inzwischen weiß man, dass die Sache etwas komplizierter ist und Essen unseren Hormonhaushalt signifikant beeinflusst. Eine Erkenntnis, die wir uns natürlich auch zugunsten einer gesegneten Nachtruhe zunutze machen können.
Chemie und Psyche

Jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge ist ein Mangel des Hormons Orexin der Grund für das Schnitzelkoma nach dem Mittagessen und weckt statt unserer Lebensgeister die Lust auf ein unverzügliches Power Napping. Orexin, welches unser Hirn bei Hunger produziert, macht wach, leistungsfähig und sogar euphorisch. Das Hochgefühl nach Alkoholkonsum hängt damit zusammen, weshalb es derzeit nicht nur eine Schlüsselrolle bei der Behandlung der Schlafkrankheit, sondern auch in der Suchtforschung spielt. Gegen die Matschbirne nach dem Essen haben wir übrigens ein paar hilfreiche Tipps gegen das Nachmittagstief.

Eine Frage der Balance

Ausschlaggebend für unser Sättigungsgefühl sind dem aktuellen wissenschaftlichen Stand zufolge die Hormone Orexin A und B. Genau das richtige Maß an Leistungsfähigkeit zu haben, ist ein ständiger Balance-Akt, da wir ein ausreichend hohes Level brauchen, um uns fit zu fühlen, uns aber ab einer gewissen Schwelle wieder der Hunger überfällt. Beim Essen werden wir satt und zufrieden, büßen aber dafür wieder ein gewisses Maß unserer leistungssteigernden, körpereigenen Droge ein und landen im Schnitzelkoma.

Der Jäger und Sammler

Um es sehr vereinfacht auf den Punkt zu bringen: Wir sind entweder fit und hungrig oder faul und satt. Die goldene Mitte hängt von der Höhe unseres Orexinspiegels ab. Betrachtet man das Verhalten unserer evolutionären Vorfahren, macht dieser Mechanismus durchaus Sinn: Hunger ist ein unangenehmes Gefühl und animiert in Kombination mit erhöhter Leistungsfähigkeit zum Jagen und Sammeln: Knurrte der Magen, wurde die Höhle verlassen und mit der nötigen Energie und geschärfter Wahrnehmung die Keule geschwungen. War die Beute erlegt, wurde sie verspeist, und man konnte sich schlafen legen und regenerieren. So kannten auch die Neandertaler das Schnitzelkoma schon, ohne jemals etwas von dem panierten Fleischfetzen gehört zu haben.

Essen für gesunden Schlaf

Wenn wir schlafen wollen und uns das Schnitzelkoma willkommen ist, können wir aus der Not eine Tugend machen und gezielt kohlenhydratreiche Lebensmittel zu uns nehmen, wie zum Beispiel Nudeln, Kartoffeln oder Getreideprodukte, die die Bildung von Orexin besonders stark hemmen. Bei proteinreicher Kost wie Fleisch, Fisch, Eiern oder Soja ist dieser Effekt dagegen weniger ausgeprägt und sie wirken eher anregend.

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Betthupferl statt Schnitzelkoma

Verstärkt wird dieser Effekt dadurch, dass kohlenhydratreiche Lebensmittel die Verarbeitung von Tryptophan begünstigen, ein Baustein, aus dem unser Körper tagsüber das „Glückshormon“ Serotonin und nachts, bei Lichtmangel das „Schlafhormon“ Melatonin bilden kann. Auch das hat die Natur äußerst günstig geregelt, da die Steinzeitmenschen logischerweise bei Tageslicht jagen mussten und die Dunkelheit nutzten, um sich zu regenerien. Vor diesem Hintergrund machen auch alte Hausmittelchen wie die heiße Milch mit Honig oder das Betthupferl Sinn: Sie enthalten Kohlenhydrate, die das Hungerhormon ausbremsen und gleichzeitig dem Tryptophan bei seiner Umwandlung ins Schlafhormon helfen. Sie schlagen uns aber nicht so sehr auf den Magen, dass wir wieder schlecht einschlafen.

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