Dass die Entscheidung im derzeit nicht gerade von Harmonie geprägten Sicherheitsrat so einig gefällt wurde, liegt an den Qualifikationen von Guterres. Er ist weltgewandt, gilt als erfahrener Vermittler. Zwischen Französisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch kann er hin- und herwechseln. Als einen "Mann von Visionen, Herz und Taten", beschreibt ihn die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini.
Guterres, 67, war portugiesischer Premierminister, bevor er sich der Weltpolitik zuwandte. Bis 2015 war er zehn Jahre Chef des Uno-Flüchtlingshilfswerks. Er ist damit krisenerprobt. In seiner Amtszeit haben sich blutige Konflikte und somit auch die Flüchtlingskrise verschärft - weltweit sind derzeit 66 Millionen Menschen auf der Flucht. Guterres hat es vermocht, westliche Staaten unter Druck zu setzen, er hat sich für gerechte Lösungen eingesetzt. Für seine Arbeit erhielt er viel Lob.
"Einen radikal neuen Ton treffen"
Entsprechend positiv reagierte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf seine Nominierung: Guterres sei ein "direkter und effektiver Fürsprecher für Flüchtlinge", er habe "das Potenzial, einen radikal neuen Ton in Hinblick auf Menschenrechte in einer Zeit der großen Herausforderungen zu treffen".
Große Herausforderungen warten tatsächlich auf ihn - zu den blutigen Konflikten in Syrien, Libyen und Jemen kommen die vielen vergessenen, täglichen Krisen auf der Welt. Millionen Menschen hungern. Zudem hat die Uno intern Probleme zu lösen. Der Missbrauchsskandal in der Zentralafrikanischen Republik etwa markiert einen Tiefpunkt in der 70-jährigen Geschichte der Vereinten Nationen, auch gegen die Blauhelme im Südsudan gibt es schwere Vorwürfe wegen unterlassener Hilfe.
Der Uno-Generalsekretär hat zwar einerseits nur begrenzte Macht in einer Organisation, der 193 Mitglieder angehören, aber es kommt darauf, die Rolle geschickt für politischen Einfluss zu nutzen.
Seine langjährige Erfahrung in einer Uno-Organisation kann Guterres nun helfen. Seine "Erfahrung, Vision und Vielseitigkeit" hätten überzeugt, meint die US-Botschafterin bei der Uno, Samantha Power. Ihr britischer Kollege Matthew Rycroft lobte Guterres als "moralische Autorität in einer Zeit, in der die Welt bei wichtigen Themen wie Syrien gespalten ist".
Premierminister mit durchwachsener Bilanz
Der Portugiese gilt nicht nur als begabter Diplomat und Kommunikator, sondern auch als Mann, der für Gerechtigkeit eintritt. Das erklärt sich auch aus seiner Herkunft. Einen Teil seiner Kindheit hat der 1949 geborene Guterres im portugiesischen Hinterland verbracht. Die Region war damals bitterarm, die Analphabetenrate hoch. Das "Armenhaus Europas" hat der SPIEGEL Portugal in den Sechzigerjahren genannt.
Guterres trat der Sozialistischen Partei nach der Nelkenrevolution von 1974 bei und hatte verschiedene politische Ämter inne. Von 1995 bis 2002 war er Premierminister. Er feierte zwar Erfolge und begeisterte das Land damit, dass er die Europameisterschaft holte. Aber in seine Amtszeit fällt auch der Beginn der portugiesischen Krise. 2001 trat er nach Kommunalwahlen überraschend zurück, viele Menschen im Land fanden damals, er habe fluchtartig seinen Posten verlassen.
Seither verstärkte Guterres sein internationales Engagement. Bereits seit 1999 war er Chef der Sozialistischen Internationalen. Er wurde einst auch als Präsident der EU-Kommission gehandelt; einen Posten, den später mit José Manuel Durao Barroso ein Landsmann übernehmen würde. Guterres selbst wechselte zur Uno.
"Der Beste von uns"
In den Probeabstimmungen zum Posten des Generalsekretärs hat er sich von Anfang an als Favorit herauskristallisiert. Und das, obwohl er nicht aus Osteuropa stammt - wie es nach den ungeschriebenen Verteilungsprinzipien der Uno eigentlich vorgesehen gewesen wäre. Zudem hatten viele gefordert, es müsse erstmals eine Frau an der Spitze der Vereinten Nationen stehen.
Aber Guterres sei nun einmal "der Beste" für den Job, sagte Portugals Präsident Marcelo Rebelo de Sousa. Auch viele portugiesische Medien reagierten begeistert.
"Der Welt kann Guterres die Hoffnung geben, dass die Uno sich wieder aufrichtet und die zentrale Rolle übernimmt, die sie einnehmen sollte", schreibt die Zeitung "Público". "Für uns Portugiesen läuft es auf ein Wort hinaus: Stolz."
Quelle : spiegel.de
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