Raketen verfehlen US-Zerstörer

  11 Oktober 2016    Gelesen: 764
Raketen verfehlen US-Zerstörer
Wie stark bedroht der Krieg im Jemen die internationale Seefahrt? In einer viel befahrenen Meerenge feuern Unbekannte mit schweren Kalibern auf einen Zerstörer der US-Marine. Viel Platz zum Manövrieren haben Kapitäne dort nicht.
Auf ein Schiff der US-Kriegsmarine im Roten Meer sind nach Militärabgaben zwei Raketen abgefeuert worden. Der US-Lenkwaffenzerstörer "USS Mason" sei nicht getroffen worden, teilte ein Militärsprecher zu Wochenbeginn mit. Die Raketen seien von einem Gebiet in Jemen abgefeuert worden, das von den Huthi-Rebellen kontrolliert werde, hieß es.

Ein Vertreter der Rebellen im Jemen erklärte jedoch, sie hätten nicht auf Schiffe vor der Küste geschossen. Nach saudi-arabischen Angaben wurden zeitgleich auch zwei Raketen vom Huthi-Gebiet aus auf militärische Ziele in Saudi-Arabien abgefeuert.

Der Zwischenfall mit dem US-Zerstörer wirft ein Schlaglicht auf die zunehmenden Risiken für die Schifffahrt in der Konfliktregion. Der Vorfall ereignete sich US-Medienberichten zufolge in der Meerenge Bab-al-Mandab an der südlichen Einfahrt ins Rote Meer. Alle Schiffe, die von Asien, dem Persischen Golf oder Australien kommend Richtung Europa wollen, müssen diese nur knapp 30 Kilometer breite Engstelle zwischen dem Golf von Aden und dem Roten Meer auf ihrem Weg in Richtung Suezkanal passieren.

Versorgungsroute nach Europa

Berichte über einen Raketenbeschuss im Meer zwischen Dschibuti auf der afrikanischen Seite und dem Jemen auf der Arabischen Halbinsel dürften die Sicherheitslage für Kapitäne, Reeder und Schiffsversicherer dramatisch verändern. Neben Containerfrachtern und Kriegsschiffen verschiedener Nationen wird diese Schifffahrtsstraße von zahlreichen Öltankern sowie auch von Kreuzfahrtschiffen befahren. Die Bundeswehr ist im Rahmen der EU-Operation "Atalanta" zur Abwehr somalischer Piraten mit eigenen Einheiten in der Region unterwegs.

Durch den Golf von Aden verläuft die Haupthandelsroute zwischen Europa, der Arabischen Halbinsel und Asien. Mehr als 20.000 Schiffe passieren das Gebiet pro Jahr. Sie befördern etwa 95 Prozent des Handelsvolumens zwischen Afrika, Asien und Europa.

Anti-Schiffsraketen abgefeuert?

Das US-Militär nimmt den Vorfall sehr ernst: Bei den abgefeuerten Projektilen dürfte es sich Experten zufolge um weitreichende Anti-Schiffsraketen gehandelt haben. Die "USS Mason" habe zwei anfliegende Raketen über einen Zeitraum von 60 Minuten verfolgt, bevor die Geschosse auf dem Wasser aufgeschlagen seien, heißt es aus US-Militärkreisen.

In der offiziellen Darstellung ist davon allerdings nichts zu lesen. "Es gab weder Verletzte auf unserer Seite, noch irgendwelche Schäden am Schiff", teilte Pentagon-Sprecher Jeff Davis mit. Ob die Raketen durch das US-Kriegsschiff aktiv abgewehrt wurden oder ihr Ziel schlicht verfehlten, blieb unklar. Zum mutmaßlichen Raketentyp und dem Ausmaß der Bedrohung wollte sich Davis nicht äußern.

Der Beschuss der "USS Mason" vor der Südwestküste des Jemen ist nicht der erste Vorfall dieser Art: Erst Anfang Oktober wurde in der Region ein Kriegsschiff der Vereinigten Arabischen Emirate offenbar mit Raketen angegriffen und dabei fast versenkt. Huthi-Rebellen behaupteten nach diesem Vorfall, sie hätten die "UAE HSV Swift 2" mit Lenkwaffen attackiert und zerstört. Bei der "HSV Swift 2" handelt es sich um ein hochmodernes Küstenschnellboot in Katamaranbauweise aus US-Navy-Beständen, das erst seit vergangenem Jahr für die Vereinigten Arabischen Emirate im Einsatz ist.

Widersprüchliche Angaben

Bei dem Vorfall vom 1. Oktober sei das emiratische Schiff nach Angaben der Rebellen von Antischiffsraketen chinesischer Bauart getroffen worden. Im Netz kursieren Aufnahmen von dem Vorfall, die angeblich den Einschlag eines Geschosses auf dem rund 100 Meter langen und knapp 30 Meter breiten Schiff zeigen. Das getroffene Schiff geriet dabei in Brand. Ob es sich wirklich um die "Swift" handelt, lässt sich anhand der Aufnahmen nicht mit Sicherheit feststellen.

Nach dem Vorfall veröffentlichte das Militär der Vereinigten Arabischen Emirate eine Erklärung, ein ziviles Transportschiff namens "Swift" sei in "einen Vorfall" verwickelt gewesen. Fotos, die mehrere Tage nach diesem "Vorfall" aufgenommen worden sein sollen, zeigen die zwar schwer beschädigte, aber immer noch schwimmfähige "Swift". Das Schiff brannte offenbar vollständig aus. Es habe keine Verletzten gegeben, hieß es aus den Emiraten.

Als Reaktion auf den Vorfall verstärkte die US-Regierung ihre Militärpräsenz vor Ort und entsandte neben einem weiteren Lenkwaffenzerstörer der Arleigh-Burke-Klasse und einem Spezialschiff für Kommandooperationen ("USS Ponce") auch die zuletzt angegriffene "USS Mason". Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Angriff der Huthi-Rebellen auf das Schiff der Vereinigten Arabischen Emirate.

USA an der Seite der Saudis

Das Verhältnis zwischen den USA und dem wichtigsten Verbündeten in der Region, Saudi-Arabien, gilt als belastet: In Jemen führt eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition arabischer Staaten einen Krieg gegen Rebellen des Huthi-Volkes, die die Regierung von Präsident Abd-Rabbu Mansur Hadi gestürzt haben. Saudi-Arabien wirft Iran vor, die schiitischen Huthi militärisch zu unterstützen, was die Regierung in Teheran bestreitet. Beide Staaten ringen um die Vorherrschaft in der Region. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) sind in dem Krieg bislang mehr als 10.000 Menschen getötet worden. In dem armen Land fehlen wegen der Kämpfe die lebensnotwendigen Dinge. Laut UN haben 28 Millionen Menschen nicht ausreichend zu essen.

Die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition geht mit großer Härte gegen die Rebellen vor. Zuletzt löste ein Luftangriff auf eine voll besetzte Trauerhalle in Jemens Hauptstadt Sanaa weltweit Entsetzen aus. Mehr als 140 Menschen kamen dabei ums Leben. Angesichts der vielen zivilen Opfer des Krieges kündigten die USA zuletzt eine Überprüfung ihrer Unterstützung für die arabische Koalition an. "Die Sicherheitskooperation der USA mit Saudi-Arabien ist kein Blankoscheck", erklärte ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats. Die Huthi-Rebellen machten die von Saudi-Arabien angeführte Allianz für den Angriff in Sanaa verantwortlich.


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