Was soll es dann werden?
Selbst wenn die Beengtheit eines Kastenwagens für die eher komfortorientierte Klientel sofort ausgeschlossen wird, bleibt die Qual der Wahl zwischen einem teil- und einem vollintegrierten Modell oder gar einem Alkoven-Fahrzeug. Vor- und Nachteile zeigen wir anhand eines Hymer ML-T, eines Carthago Chic c-line und eines Bürstner Argos auf.
Teilintegrierte Reisemobile nutzen das Original-Fahrerhaus des Basis-Transporters und tragen dahinter den Wohnaufbau des Caravan-Herstellers, über den sie auch vertrieben werden. Erste Wahl für den Unterbau, hauptsächlich aus Kostengründen, ist der Fiat Ducato. Hymer baut seinen ML-T 580 allerdings auf dem Mercedes Sprinter auf. Das verteuert die Sache. Sind ordentlich ausgerüstete Teilintegrierte preisgünstigerer Marken schon ab 45.000 Euro zu haben, stehen hier mit dem stärkeren, 163 PS leistenden 2,2-Liter-Diesel schon mindestens 67.500 Euro zu Buche.
Sprinter laut, aber mit Assistenten
Dabei überrascht der Sprinter mit einer eher lauteren Geräuschkulisse, als man es vom Ducato gewohnt ist, bietet dafür aber – zum Teil optional - Assistenzsysteme, die beim Anfahren am Berg helfen, vor dem Verlassen der Spur warnen, vor Auffahrunfällen schützen und das Fernlicht regeln; außerdem sind Licht- und Regensensoren an Bord. Maximal sind 145 km/h Spitze möglich; im Schnitt konsumierte der Hymer 10,8 Liter Dieselöl.
Doch wie steht’s mit dem Aufbau? Teilintegrierte Fahrzeuge bilden schließlich nach wie vor die beliebteste Reisemobil-Gattung. Nicht ohne Grund – und hier rücken wieder die Rentner in den Vordergrund. Weil diese Klientel nicht mehr über Leitern in ein Schlafgemach im Alkoven krabbeln will, haben sich hier fest installierte Betten im Heck durchgesetzt, die auch nicht erst durch Umbau einer Sitzgruppe puzzleartig zusammengesetzt werden müssen.
Viel Platz im Innenraum bietet der Hymer ML-T 580
Der rund sieben Meter lange Hymer ML-T 580 hat mit längs eingebauten Einzelkojen der deutschen liebsten Grundriss an Bord, der sich im Übrigen gar nicht wesentlich von der Aufteilung bei einem Kastenwagen unterscheidet. Allerdings erbringt der breitere Wohnaufbau die entscheidenden Zentimeter mehr Platz im Innenraum und reduziert die Gefahr, sich blaue Flecken oder Beulen an vorstehenden Stauschränken oder Ähnlichem zu holen. Wegen des langen Radstands wächst allerdings der Wendekreis, was in engen Innenstädten schnell unhandlich werden kann. Von der schwierigen Parkplatzsuche ganz zu schweigen.
Nutzer dieser Reisemobil-Gattung campieren daher meist vor den Toren der Stadt und setzen sich auf mitgebrachte Fahrräder oder Roller. Eine Heckgarage gilt daher fast schon als Muss. Hier bietet der Hymer ML-T ein besonders großzügiges und zudem bestens beleuchtetes Abteil, das noch viele weitere sperrige Gegenstände aufnimmt.
Natürlich ist auch ein großer Waschraum mit Dusche und Toilette sowie einem großen Spiegel an Bord. Die L-Sitzgruppe ist leider etwas knapp geschnitten, die Küche dafür bestens ausgerüstet, der Kleiderschrank unter dem Fußende des Bettes nur etwas umständlich zugänglich. Ein Lob verdient das von der Garage aus steuerbare Entleeren des 100-Liter-Abwassertanks, ohne dass man sich schmutzige Finger holt.
Mit knapp sieben Metern wird`s unübersichtlich
Vom teil- zum vollintegrierten Reisemobil ist es eigentlich nur ein kleiner Schritt. Alle klassischen Grundrisse werden hier wie da angeboten. Da bei den I-Modellen aber komplett auf die Karosserie des Basisfahrzeugs verzichtet wird, lässt sich das Fahrerhaus harmonischer in den Wohnraum einbetten. Die Raumwirkung ist noch großzügiger. Eine riesige Frontscheibe sorgt für ein lichtes Ambiente, wenngleich der Freiraum über dem Motor irgendwie verschenkt wirkt.
Die Erfahrung mit dem 6,80 Meter langen Carthago Chic c-line 4.2 I zeigt, dass das Rangieren wegen des unübersichtlichen Aufbaus eher noch schwieriger wird und eine Rückfahrkamera dringend angeraten ist. Ansonsten ist die Entscheidung zwischen beiden Aufbaukonzepten aber eher eine Frage des Geschmacks. Für die einen wirkt der Integrierte zu klobig, für die anderen gerade stimmig.
Auf die inneren Werte kommt es an
Also kommt es wohl eher auf die inneren Werte an. Und da stellt sich beim Carthago – die Marke wird gerne als der Mercedes unter den Reisemobil-Herstellern bezeichnet – schon beim Betreten das erste Aha-Erlebnis ein: Edler Parkettboden, schickes Gehölz, beleuchtete Glasvitrinen, ordentliche Armaturen am Spülbecken und in der Nasszelle, eine gemütliche Sitzlandschaft: Schöner Wohnen auf vier Rädern. Die Materialauswahl und die saubere Verarbeitung macht’s eben.
Dazu gibt es unter dem hinten quer eingebauten Doppelbett eine gut isolierte Garage, in der sich auch vier Fahrräder plus zusätzlichem Sperrgut unterbringen lassen, und einen fast durchgängigen, 40 Zentimeter tiefen, beheizten Doppelboden, der auch mit einem umfangreichen Einkauf beim Weinhändler ihres Vertrauens nicht überfordert ist. 170 Liter Frischwasser- und 110 Liter Abwasser-Volumen sind mehr als genug.
130 PS reichen auch für vier Tonnen
Der 130 PS starke 2,3-Liter-Diesel des Fiat Ducato reicht auch dann noch aus, wenn der C-Chic auf über vier Tonnen Gesamtgewicht aufgelastet wird. Da die Best-Ager, auch wenn sie schon über 60 Jahre alt sind, in der Regel ihren Pkw-Führerschein schon vor 1999 gemacht haben, ist die 3,5-Tonnen-Grenze zumindest für sie belanglos. Das Mehrgewicht geht freilich auf Kosten des Verbrauchs, der hier schon zwischen elf und zwölf Litern lag.
Während man etwa einen ähnlich dimensionierten Integrierten der Eura-Billigmarke Forster beispielsweise schon für rund 60.000 Euro erwerben kann, agiert Carthago in einer anderen Preisklasse. Der 4.2I als kleinstes Modell der Chic-c-line-Serie kostet bereits mindestens 87.000 Euro.
Annähernd zum gleichen Preis wird auch das Alkoven-Modell Bürstner Argos (ab 91.990 Euro) angeboten, das allerdings auf sechs Personen ausgelegt ist. Im Heck und Alkoven lädt jeweils ein Doppelquerbett zur Nachtruhe ein und die Mittelsitzgruppe lässt sich verhältnismäßig einfach zu einer dritten Zweierkoje umbauen. Natürlich reden wir hier nicht über sieben, sondern fast neun Meter Außenlänge. Daran sieht man, dass diese Fahrzeuge nicht auf das unternehmungslustige Rentner-Ehepaar ausgerichtet sind, sondern auf Familien mit Kindern. Und da die sich solch große Anschaffungen eher selten leisten können, werden die "Nasenbären", die es natürlich auch in kleineren Dimensionen gibt, fast ausschließlich im Vermietgeschäft eingesetzt.
Mehr als 3,5 Tonnen gelten als LKW
Zudem überschreiten die Alkoven-Fahrzeuge wie auch die Integrierten häufig 3,5 Tonnen Gesamtgewicht und fallen, unabhängig vom bereits erwähnten Führerschein-Problem, unter das Überholverbot und das Tempolimit für Lkw. Und wegen der großen Stirnfläche stieg beim Bürstner Argos mit 148 PS starken Fiat-Diesel der Verbrauch auch schon auf 12 bis 14 Liter.
Kein Wunder also, dass sich am Alkoven derzeit auch die Geister scheiden. Hymer hat kein einziges Fahrzeug mit Erker überm Fahrerhaus mehr im Programm. Carthago ebenfalls nicht. Große Hersteller wie Dethleffs, Knaus, Bürstner und Eura stehen zwar weiterhin zu dieser Bauart, haben ihr Angebot aber auf ein bis zwei Modelle zurückgefahren. Der Argos mit lediglich einem einzigen Grundriss ist aktuell auch das einzige Modell in der Modellpalette der Traditionsmarke aus Kehl, das allerdings mit dem Lyseo demnächst Zuwachs erhalten soll.
Der jüngste Caravan-Salon hat dem Alkoven zwar eine kleine Renaissance beschert. Ob die neuen Konzepte mit längs eingebauten Einzelbetten im Erker langfristig Erfolg haben werden, muss sich allerdings erst noch zeigen. Immerhin ermöglichen sie die Rückkehr der einst so beliebten Hecksitzgruppe, was sie, einen leichten Zugang zu den hohen Schlafstätten vorausgesetzt, mit Gesamtlängen von 6,50 bis 7,00 Meter auch wieder für ältere Paare interessant machen könnte. Doch, wie ein Anteil von über 50 Prozent bei den Privatkäufen im Aufbaubereich belegt, heißt dort derzeit die Frage nur: Teilintegriert oder Vollintegriert?
Quelle: n-tv.de
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