Solche Geschichten gibt es viele, auch wenn keine so beliebt ist wie die von Sankt Martin. Sie alle aber haben mit einer Stelle aus der Bibel zu tun. Im Matthäusevangelium wird erzählt, wie Jesus eines Tages Gericht über alle Menschen halten wird. Dafür teilt er sie in zwei Gruppen und sagt zur einen, dass jeder von ihnen ihm einmal geholfen hat, als er in Not gewesen sei: Als er durstig war, haben sie ihm zu trinken gegeben, als er hungrig war, gaben sie ihm etwas zu essen, und als er krank war, haben sie ihn gepflegt. Die Menschen sagen zu ihm, dass sie sich daran gar nicht erinnern könnten, sie hätten ihn doch nie zuvor gesehen. Und Jesus sagt: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Gänse haben ihn verraten
Es könnte also sein, dass diese Geschichte von Sankt Martin erzählt wurde, um diese Bibelstelle anschaulicher zu machen und sie mit einer bestimmten Person zu verknüpfen, dem um das Jahr 316 im heutigen Ungarn geborenen Martin, der später Bischof von Tours wurde und im Jahr 397 starb. Es gibt aber noch eine andere Geschichte von Martin, in der er nicht ganz so mitleidig erscheint wie in der mit dem Mantel – wenigstens erstreckt sich sein Mitleid nicht auf Tiere.
Martin, so heißt es, ging von Amiens zurück in seine Heimat und lebte später als Einsiedler auf der italienischen Insel Gallinaria. Er reiste wieder nach Frankreich und war dort beim Volk so beliebt, dass er Erzbischof werden sollte. Dagegen sträubte er sich. Als das Volk ihn holen wollte, versteckte er sich in einem Gänsestall, aber das laute Gackern der Tiere verriet ihn. Aus Rache soll Martin angeregt haben, an seinem Namenstag, dem 11. November, Gänse zu schlachten und zu braten, eine Mahlzeit, die wir heute als Martinsgans kennen.
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