Insgesamt 17 Bundesligatore hat der Stürmer im Kalenderjahr 2016 für Darmstadt und Hoffenheim bereits geschossen. Weil er in diesem Jahr damit einen Treffer mehr erzielte, als Nationalstürmer Mario Gomez für Istanbul und Wolfsburg, sieht sich der Angreifer bereit für die deutsche Nationalelf: „Ich bin in meinen Augen seit einiger Zeit der mit Abstand beste deutsche Stürmer“, sagte Wagner gegenüber der „Bild“-Zeitung.
„Noch mal einen Schritt gemacht“
„Er hat noch mal einen Schritt bei uns gemacht“, sagte 1899-Trainer Julian Nagelsmann über Wagner nach dem Sieg über die Kölner, die im Verfolgerduell des Spieltags lange Zeit keineswegs die schwächere Mannschaft waren. Vielmehr verpassten sie es, aus guten Gelegenheiten Torkapital zu schlagen - und verließen nach weiteren Gegentreffern durch Jeremy Toljan (39.) und dem gebürtigen Kölner Mark Uth (89.) reichlich gebeutelt den Kraichgau. Vor allem aufgrund der bitteren Diagnose für die Kölner Spitzenkraft Marcel Risse, der mit einem Kreuzbandriss für den Rest der Saison auszufallen droht.
„Wir gewinnen nicht nur die Spiele, sondern spielen auch schönen Fußball. Ich freue mich, dass ich meinen Teil dazu beitragen konnte“, sagte Vollblutstürmer Wagner, dem seine Saisontore sechs und sieben gelangen. Als unerwartetes wie überraschendes Geschenk begreift Alexander Rosen die Tatsache, dass in Europas Topligen neben den Kraichgauern nur RB Leipzig und Real Madrid noch ungeschlagen sind. „Eigentlich Wahnsinn“ sei dieser Befund, sagte der Hoffenheimer Manager mit nunmehr 25 Punkten auf der Habenseite und ergänzte: „Die Fans dürfen singen und träumen - wir arbeiten.“
Im Team anerkannt: Mit seinen Toren hat Wagner großen Anteil am TSG-Erfolg
Sandro Wagner und Julian Nagelsmann wurden in der zweiten Halbzeit, als der Widerstand der unglücklichen Kölner gegen gnadenlos effektive Gastgeber (nach Torschüssen stand es am Ende 10:10) gebrochen war, abwechselnd von den 1899-Fans besungen. Der 29 Jahre alte Trainer besaß bei der Verpflichtung des vier Monate jüngeren Angreifers im Sommer einen guten Riecher. Als Wegbereiter des Klassenverbleibs des SV Darmstadt 98 in der Vorsaison mit 14 Treffern war Wagner aufgrund seiner extrem körperlichen Spielweise vornehmlich mit finanzstarken Klubs aus der englischen Premier League in Verbindung gebracht worden. Und so mancher wunderte sich, dass der Umworbene letztlich für 2,9 Millionen Euro Ablöse „nur“ in Hoffenheim Quartier bezog.
Allerdings haben die Standorte Darmstadt und Hoffenheim in Sachen Infrastruktur und Spielidee nicht viel mehr gemeinsam, als dass dort dieselbe Sportart betrieben wird. Bei den kampfeslustigen „Lilien“ signalisierte Wagner bei Ballbesitz sofort mit den Armen, dass das Spielgerät doch bitte schön sofort vorne in die Box getreten werden sollte, auf dass er die langen Bälle schon irgendwie verwerte. Unter Nagelsmann ist es bei den spielstarken Hoffenheimern quasi verboten, den Ball lang, weit und mit vagen Hoffnungen nach vorne zu schlagen. Und so hat der Trainer den neuen Torjäger geduldig umgeschult, hat ihm neue Laufwege und mehr Geduld vermittelt - und ist schon mit einigen Wagner-Festspielen in Hoffenheim belohnt worden.
Nagelsmann hat bekommen, was er wollte, als er Wagner als ein zuvor fehlendes Element in die häufig zu brav daherkommende TSG-Equipe einspeiste. Einen streitbaren Typ Angreifer, der sich pausenlos aufreibt, Bälle festmacht, Fouls zieht, gegnerische Innenverteidiger stresst, einsteckt, austeilt, durch und durch von sich überzeugt ist - und Tore schießt. Wenn der Familienvater seinen 1,94 Meter großen und knapp 90 Kilogramm schweren Körper mit aller Wucht in die Zweikämpfe schmeißt, dann fliegen buchstäblich die Fetzen.
Denn kaum ein Bundesligaprofi polarisiert mit seiner Art zu spielen und sich zu geben derart wie der einstige U-21-Europameister Wagner. Der geradlinige wie unangepasste Typ Profi - im Frühjahr generierte er mit einer verunglückten Interviewaussage, dass Fußballprofis für ihr Tun viel zu gering entlohnt werden, reichlich Häme - zieht viel Aufmerksamkeit der gegnerischen Spieler und Fans auf sich. Was wiederum seine immer selbstbewusster agierenden Hoffenheimer Nebenleute auszunutzen wissen.
Beim FC Bayern, für den Wagner mit 19 Jahren debütierte, haben sie ihn als beratungsresistenten Jungspund in Erinnerung, dessen Selbstbewusstsein sehr früh sehr ausgeprägt war. Auch auf seinen meist freudlosen folgenden Tingeljahren durch die Bundesliga wusste er seine jeweiligen Arbeitgeber nie vollends für sich einzunehmen. Und nun nach dem Darmstädter Aufbaujahr in Hoffenheim Tore für Europa? „Es ist eine tolle Momentaufnahme“, sagt Wagner. So wird er es wirklich empfinden, denn Tiefstapelei ist noch nie seine Sache gewesen.
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