“Mister Germany 2017“
Das alles bringt Dominik Bruntner, der Neue, mit. "Der 1,87 Meter große brünette Typ", wie es in der Meldung der Nachrichtenagentur von dpa heißt, hat sich gegen etwas mehr als 1000 andere Männer durchgesetzt, die auch gerne "Mister Germany 2017" geworden wären. Hätte man kein Bild von Bruntner, könnte man sein Aussehen ganz gut in einer Gleichung zusammenfassen: Die Kinnpartie von Matthew McConaughey plus die Augenbrauen von Cara Delevingne plus der Blick eines Hundewelpen. Da kommt viel Attraktives mit etwas Eigenwilligem zusammen.
Gut, dass Deutschlands Ansehnlichster neben seinen Augenbrauen nicht auch noch eine Zahnlücke oder eine Falte zu viel hat - sonst hätten sich wohl nicht so viele Juroren des Schönheitswettbewerbs auf ihn einigen können. Und genau da liegt das Problem mit diesem Titel und seinem diesjährigen Vertreter: Eigentlich ist er ein ganz großer Kompromiss. Man sucht halt den raus, der wie ein fleischgewordener Prinz Charming aussieht. (Deshalb sehen sich die Plätze 1 bis 3 auch verblüffend ähnlich.) Und nicht den, den man wirklich attraktiv findet. Denn letzterer ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eben nicht perfekt.
Sondern hat eine dominante Nase wie der eigene Vater. Oder erinnert mit wallender Brustbehaarung an ein wildes Tier. Oder bewegt sich so elegant, fast schon weiblich. Was verschiedenen Frauen und Männern nun mal einfällt, wenn sie an einen gut aussehenden Mann denken. Kurz: Jeder hat da ein eigenes, oft sehr spezielles Ideal. Um diesen Faktor schert sich eine Mister-Wahl nicht - im Gegensatz zur Modelbranche übrigens, die schon länger erkannt hat, dass die klassische Schönheit nur eine von vielen ist.
Fragt man Frauen, was sie vom neuen "Mister Germany" halten, rein optisch, fallen deshalb schon mal Worte wie "Babyface" oder "zu glatt" - obwohl Bruntner doch einen maskulinen Drei-Tage-Bart hat und die Hände auf einem Foto zu Siegerfäusten ballt. Aber er ist eben auch erst 23, hat eine Ausbildung als Industriekaufmann hinter sich. Er hat keine Kinder, keine Freundin oder Frau, was beides nebenbei bemerkt Bedingungen für die Teilnahme sind. Und so was, die totale Abstinenz von Erfahrung in sehr vielen Bereichen, fällt bei vielen Frauen durch.
Selbst bei einem der Jury-Mitglieder: Anne-Julia Hagen, selbst "Miss Germany 2010", sagte nach der Wahl, dass "Männer erst interessanter werden, wenn sie älter werden." Wäre ein 40-Jähriger mit grauen Schläfen unter den Teilnehmern gewesen, Hagen hätte wohl ihn ausgesucht. Und nicht das menschliche, stark gebräunte Ebenbild der Plastikpuppe Ken. Das Ken-Ebenbild hat nämlich noch ein Problem: Es ist anstrengend. Es erfordert alles das, wofür es steht, auch von der (potentiellen) Partnerin: Pizza-Verweigerung, Liegestütz-Enthusiasmus, Haarkur-Liebe. Das ist diszipliniert, bewundernswert, es macht schön - aber ein Traum ist es nicht. Tut uns leid, "Mister Germany".