Der Knochen gehört sicher zu den merkwürdigsten Phänomenen überhaupt und kommt nicht nur bei Männchen vor. Denn mit dem Klitorisknochen (os clitoris) findet sich in vielen Säugetieren ein weibliches Pendant.
Bei Männchen variiert die Größe des Baculum stark von Art zu Art: Der leichte Bärenmakak etwa wiegt nur gut zehn Kilogramm, besitzt im Verhältnis dazu aber mit etwa fünf Zentimetern Länge einen überdurchschnittlich langen Penisknochen. Dagegen bringt es die deutlich größere Halsbandmangabe, eine Meerkatzenart, auf einen deutlich kleineren Penisknochen.
Um dem einstigen Sinn des Knochens auf die Spur zu kommen, haben Wissenschaftler um Christopher Opie vom University College in London die evolutionsbiologische Entwicklung des Knochen erforscht. Dafür verglichen sie Form, Umfang, Gewicht und Länge der Knochen aus verschiedenen Lebewesen miteinander und stellten zur Verteilung des Knochens mathematische Modelle auf.
Standhafter Knochen für den Sex
In ihrer Studie, die in "Proceedings of Royal Society B" veröffentlicht wurde, schreiben sie, dass der Knochen vor allem Lebewesen hilft, sich erfolgreich fortzupflanzen, wenn diese während der Penetration auch die männliche Konkurrenz im Blick behalten müssen. Denn so wäre man standhafter beim Fortpflanzungsakt, da der Knochen vor allem die Spitze, weniger die Peniswurzel stabilisiert.
Für diese Hypothese würde auch sprechen, dass der Knochen vor allem bei Lebewesen vorkommt, bei denen die Penetration über drei Minuten dauere. Bei Schimpansen etwa sei der Akt nach wenigen Sekunden vorbei - der Penisknochen der Tiere ist nur etwa so groß wie ein Fingernagel. Zudem paaren sich die Weibchen in Schimpansengruppen mit allen Männchen - das reduziere das Risiko, dass ihre Kinder später von älteren, männlichen Schimpansen getötet werden.
Die Forscher vermuten, dass der Mensch im Laufe der Evolution durch die monogame Lebensweise den Penisknochen verloren hat - vermutlich entwickelte sich der Homo erectus vor etwa 1,9 Millionen Jahren weg vom Os penis, denn um diesen Zeitpunkt änderte sich auch das Fortpflanzungsverhalten unserer Spezies. Ab dann konnte sich der Mann beim Sex ganz auf seine Partnerin konzentrieren und ungestört zur Ejakulation kommen, statt gleichzeitig die geifernde Konkurrenz im Auge behalten zu müssen.
Bereits in einer älteren Studie hatten Forscher in einer Genanalyse Ähnliches herausgefunden: Demnach ging im Laufe der Evolution eine bestimmte DNA-Steuersequenz verloren. In den Erbgutanschnitten von Schimpansen und anderen Tieren, die über ein Baculum verfügen, fanden sie diesen Abschnitt dagegen.
Die Forscher nahmen deshalb an, dass diese Sequenz für die Bildung eines Penisknochens und auch für die Ausbildung von Tasthaaren verantwortlich ist, die beim Menschen ebenfalls im Laufe der Evolution abhanden gekommen sind. Schon dieses Forscherteam vermutete, dass die monogame Lebensweise den verknöcherten Viagra-Ersatz überflüssig gemacht hat.
Doch auch andere Hypothesen wurden bereits veröffentlicht. So vermuteten Fledermausforscher 2015, dass der Knochen auch dazu gedient haben könnte, die empfindliche Harnröhre im Penis zu schützen.
Quelle : spiegel.de
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