Wenn die Bezieher des Grundeinkommens eine Arbeit annehmen, erhalten sie trotzdem die 560 Euro monatlich weiter. So soll der Anreiz, sich wirklich eine Stelle zu suchen, erhöht werden.
Ausgerechnet Finnlands bürgerlicher Ministerpräsident, der ehemalige Großunternehmer Juha Sipilä, hat sich dieser Idee angenommen. Die Wahl 2015 gewann er, weil er versprach, Finnland wie ein Unternehmen zu führen und es so aus seiner Wirtschaftskrise zu befreien. Auf den ersten Blick passt das Experiment da nicht hinein.
Auf den zweiten Blick schon. Es geht um Freiwilligkeit, um die Verantwortung des Einzelnen und um weniger Staat. Zumindest für die 2000 Probanden fällt der personalaufwendige Kontrollapparat des Arbeitsamtes weg. Die Bürgerlohnempfänger müssen nicht mehr zum Arbeitsamt. Finnen sollen durch das Grundeinkommen auch eher bereit sein, im Niedriglohnsektor zu arbeiten. Die Schwarzarbeit Arbeitsloser würde wegfallen. Im homogenen Finnland herrscht zudem eine hohe Arbeitsethik. Die meisten Bürger wollen arbeiten, weil es ihnen Sinn, Status und etwas mehr Kaufkraft einbringt, so die Ansicht der Regierung.
Ein nicht stigmatisiertes Grundeinkommen könnte auch ärmeren Bürgern die Möglichkeit geben, Risken einzugehen – etwa einen sicheren, aber schlecht bezahlten Job aufzugeben, um sich zugunsten eines anderen Berufs weiterzubilden oder mit einer Geschäftsidee selbstständig zu werden. So könnten sich die Arbeitskräfte besser auf dem Arbeitsmarkt verteilen und die Innovationskraft würde gestärkt, lautet ein Argument.
Mehrheit der Finnen ist dafür
Zudem ist in Finnland die Links-rechts-Schere weniger ausgeprägt als andernorts. Es gehe vor allem darum, wissenschaftlich genaue Erkenntnisse über die Auswirkungen des Mitbürgergehaltes zu ermitteln, heißt es denn auch nüchtern aus Helsinki. Sollte das Experiment gelingen, wird Helsinki eine Ausweitung erwägen. Laut Umfrage wollen auch 70 Prozent der Finnen die Einführung eines Grundeinkommens für alle Bürger.
Sipiläs rechtsliberale Zentrumspartei hat seit Jahrzehnten die Einführung eines Grundeinkommens im Programm. Die Volksrentenanstalt Kela hatte der Regierung 2016 mehrere Szenarien angeboten. Eigentlich hatten die Kela-Experten gehofft, eine größere Gruppe mit einem deutlich höheren Grundeinkommen testen zu können. „Zum einen wollen wir in einem Ort mit mindestens 10.000 Einwohnern das Mitbürgereinkommen einführen. Zum anderen wollen wir aus der rund 5,5 Millionen Einwohner zählenden Bevölkerung Finnlands 10.000 Personen im arbeitsfähigen Alter zufällig auswählen und mit einer Kontrollgruppe vergleichen, die kein Grundeinkommen erhält“, sagte der mit der Ausgestaltung des Experiments beauftragte Forschungschef der Volksrentenanstalt, Olli Kangas.
Ein Grundprinzip des bedingungslosen Mitbürgerlohns wird nun in der abgespeckten Form weggelassen. Denn eigentlich sollten ihn auch jene erhalten, die nicht arbeitslos sind. Doch das wäre deutlich teurer geworden. Dennoch dürfte das Testergebnis interessant werden. Denn tatsächlich gibt es bislang zwar viel ideologisches Wunschdenken, aber kaum wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse darüber, wie sich Individuen im Arbeitsmarkt verhalten, wenn ihnen ein bedingungsloses Einkommen ausgezahlt wird.
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