Berliner Geste sorgt in Israel für Euphorie

  11 Januar 2017    Gelesen: 1201
Berliner Geste sorgt in Israel für Euphorie
Das Brandenburger Tor leuchtet zum ersten Mal in den israelischen Nationalfarben. Es ist ein Bild mit großer Symbolkraft. Die Geste der deutschen Solidarität nach dem Lkw-Anschlag in Jerusalem stößt in Israel auf Begeisterung. Dabei ist sie politisch brisant.
Das weltberühmte Berliner Wahrzeichen erstrahlt zum ersten Mal in den blau-weißen Nationalfarben Israels. In der Mitte des Brandenburger Tors prangt am Montagabend der Davidstern. Mit dieser besonderen Geste zeigt Deutschland nach dem tödlichen Lastwagen-Anschlag in Jerusalem seine Solidarität mit Israel. Wie zuvor nach Attentaten in Paris, Brüssel, Istanbul und Berlin.

Die Reaktionen im jüdischen Staat sind euphorisch. "Danke, Deutschland, dass Ihr uns in unserem gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus zur Seite steht", schreibt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei Twitter, neben dem Text stehen eine kleine deutsche und eine kleine israelische Flagge.

Auch die Abgeordnete Sahava Galon von der linksliberalen Oppositionspartei Merez äußert sich sehr bewegt über das Zeichen der deutschen Solidarität. "Deutschland ist das einzige Land in Europa, das einen solchen Akt vollzieht", schreibt der TV-Journalist Nadav Ejal.

"Jerusalem ist nicht Berlin"

Dabei ist die Geste nicht ohne politische Brisanz, sie kam auch eher überraschend. Der Ort des Anschlags, bei dem am Sonntag vier israelische Soldaten getötet und 17 weitere verletzt wurden, liegt im 1967 besetzten Teil Jerusalems - also nicht im israelischen Kernland. Israels Souveränität über ganz Jerusalem ist international nie anerkannt worden. Auch der Vergleich der Lastwagen-Attacke auf die Soldaten mit den Anschlägen in Nizza und Berlin ist umstritten. "Jerusalem ist nicht Berlin", schreibt ein Kommentator der israelischen Zeitung "Haaretz".

Netanjahus Theorie, der palästinensische Attentäter sei von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu seiner Tat inspiriert worden, passe gut zu der Botschaft, die er der Welt übermitteln wolle: "Dass Jerusalem, wie Berlin und Nizza, nur eine weitere westliche Stadt ist, die mit brutalem, kompromisslosem Terror globaler Islamisten zu kämpfen hat." Dabei blende er aus, dass die arabischen Einwohner Ost-Jerusalems unter Besatzungsbedingungen lebten. Seit dem Fall der Mauer ist das Brandenburger Tor auch ein Symbol der deutschen Einheit.

Rechtsgerichtete Israelis könnten sich durch die Illuminierung des Bauwerks in den israelischen Nationalfarben in ihrer Sicht bestätigt fühlen, Jerusalem sei "ewige, unteilbare Hauptstadt" Israels - obwohl es nur um ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern ging.

Früher Hakenkreuz, heute Davidstern

Netanjahu steht zur Zeit wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck und hat durch Kritik des UN-Sicherheitsrats und der scheidenden US-Regierung an seiner Siedlungspolitik einen starken Dämpfer erlitten. Er hofft auf mehr Rückendeckung durch den neuen US-Präsidenten Donald Trump und aus dem Ausland allgemein. Dieser hat schon angekündigt, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und die Stadt als Hauptstadt Israels anzuerkennen, was auf scharfen Protest von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas stieß.

In diesen stürmischen Zeiten kommt Netanjahu das Zeichen der Solidarität aus Deutschland sehr gelegen. Viele Israelis sehen die Berliner Geste jedoch in einem größeren historischen Zusammenhang. Das Brandenburger Tor gilt vielen noch als Symbol des Nazi-Terrors gegen die Juden. Dass es nun in den blau-weißen Farben mit Davidstern erstrahlt ist, wird als starkes historisches Signal und als Triumph des jüdischen Überlebenswillens aufgenommen.

Bei Twitter teilen viele Israelis zwei symbolträchtige Bilder nebeneinander: Das Brandenburger Tor vor 80 Jahren mit roten Hakenkreuz-Flaggen und am Montag in den blau-weißen Farben der israelischen Flagge mit Davidstern. "In jenen Tagen und in dieser Zeit", schreibt dazu der israelische Diplomat Danny Ajalon. "Wirklich großartig."

Die jüdische Schriftstellerin und Regisseurin Inna Rogatchi, die sich in ihren Werken intensiv mit dem Holocaust befasst hat, sagte: "Da der Führer und die restlichen Toten diesen Ausblick nicht mehr genießen können, wünsche ich jedem einzelnen Nazi, der heute noch lebt, einen wunderschönen Alptraum."

Quelle: n-tv.de

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