Das Nikotin bringt 007 nicht um
Das war der fünfte James-Bond-Film, man schrieb 1967, und niemand dachte an Rauchverbote, schon gar nicht in Filmen. 50 Jahre später ist nun in der britischen Medizinzeitschrift BMJ (16. 1.) eine Arbeit über das Rauchverhalten des Agenten Ihrer Majestät erschienen, Titel: „Die Another Day, James Bond`s Smoking Over Six Decades“.
Am meisten geraucht hat James Bond natürlich in den Sechzigerjahren, in fünf von sechs Filmen. Im erwähnten „You Only Live Twice“ kommt auch eine schießende Zigarette vor, Tiger Tanaka, Chef des japanischen Geheimdienstes, gibt sie Bond mit den Worten: „It can save your life, this cigarette.“ „You sound like a commercial“, repliziert 007 schmallippig. Offensichtliches Product Placement ist aber erst später zu verzeichnen: In „Moonraker“ (1979) sieht man ein Packerl Marlboro, in „License to Kill“ (1989) eine Schachtel Lark – das war einem Deal mit der Firma Philipp Morris zu verdanken, die damals auf den japanischen Markt zielte. Auf der Schachtel sah man keine warnenden Hinweise, nur im Nachspann. Dafür bezieht sich Roger Moore in „The Man With the Golden Gun“ schon 1974 darauf: „I see why these packets carry a government warning“, sagt er, als ihn Miss Anders (im Bademantel) mit einer Schusswaffe bedroht.
„Close, but no cigar“
In den Siebzigern und Achtzigern sah man Bond deutlich seltener rauchen – in jeweils zwei von fünf Filmen –, in den Neunzigern war er ganz abstinent, in „Tomorrow Never Dies“ (1997) tadelt er sogar einen rauchenden Bösen: „A filthy habit!“, sagt er, nachdem er ihn mit der Faust niedergestreckt hat. In „The World Is Not Enough“ (1999) schenkt er Miss Moneypenny eine Zigarre, sie reagiert nicht erfreut: „How romantic. I know exactly where to put that“, sagt sie und wirft die Zigarre in den Mistkübel. Er sagt darauf. „Oh Moneypenny, the story of our relationship: close, but no cigar.“ Das wurde damals unweigerlich als Anspielung auf das Treiben von Präsident Clinton mit Monica Lewinsky verstanden, bei dem eine Zigarre eine nicht nur symbolische Rolle gespielt haben soll.
In „Die Another Day“ (2002) kam für James Bond selbst ein kleiner nikotinöser Rückfall, auch mit Zigarre, was damals als cool galt, außerdem spielte der Film teilweise auf Kuba. Dennoch setzte es Kritik. Seither hat man den Meisteragenten nicht mehr rauchen gesehen. Seine Partnerinnen und/oder Kontrahentinnen blieben dem Tabak treuer: Durchschnittlich 20 Prozent der Frauen, die mit James Bond intim werden, rauchen. Noch 2012, in „Skyfall“ sieht man die Asche auf Sévérines Zigarette. Somit sei Bond oft zum Passivrauchen genötigt, konstatieren die Forscher, „besonders beim postkoitalen Rauchen“: In „Diamonds Are Forever“ stelle die Schmugglerin Tiffany Case sogar ihren Aschenbecher auf seine behaarte Brust! Allerdings, so schreiben sie weiter, „sei die Gesamtdosis des Rauchs aus zweiter Hand durch die typischerweise kurze Natur seiner Beziehungen beschränkt“, auch hätten seine Partnerinnen meist ein kurzes Leben, wobei die Todesursache oft Gewalt sei . .
„Mr. Osato believes in a healthy chest“
So fällt Helga Brandt, die persönliche Sekretärin des Chemieindustriellen Mr. Osato, in „You Only Live Twice“ gar einem Schwarm von Piranhas zum Opfer. Davor sieht man sie unter anderem in einer Szene, die in der strengeren Jetztzeit wohl als sexistisch beurteilt würde: „You should give up smoking, cigarettes are very bad for your chest“, sagt Osato zu Bond. „Mister Osato believes in a healthy chest“, erklärt Brandt, worauf Bond aufschaut und sein Blick direkt auf ihren Busen fällt: „Really?“, sagt er.
So kritisch heutige Beobachter den Tabakkonsum in (früheren) Bond-Filmen sehen, gegen die literarische Vorlage ist er gering: Schon im ersten Kapitel von „Casino Royal“ zündet sich James Bond seine 70. Zigarette des Tages an; in „The Man With the Golden Gun“ versucht er (vergeblich), seinen Konsum auf 20 pro Tag zu beschränken. Er folgte da seinem Autor Ian Fleming, der sich von Morland & Co (mit Sitz in der Londoner Grosvenor Street) spezielle filterlose Zigaretten mit drei goldenen Bändern herstellen ließ und diese in Unmengen rauchte. Ian Fleming starb 56-jährig an einer Brustfellentzündung, ob ihn das Nikotin umgebracht hat – oder sein ebenso exzessives Trinken –, darüber kann man nur spekulieren. Sein Held freilich würde auch 80 Zigaretten und 30 Martinis am Tag mit wechselnden Darstellern überleben, denn, wie die Kinks so schön sangen: „Celluloid heroes never really die.“
Quelle:diepresse