So soll die neue Formel 1 aussehen

  25 Januar 2017    Gelesen: 482
So soll die neue Formel 1 aussehen
Die Formel 1 soll nach dem Abgang von Bernie Ecclestone moderner, jünger und auch amerikanischer werden. Langfristige Verträge erschweren jedoch schnelle Änderungen. Ein Revolution ist nicht in Sicht.
Wenn am 26. März die neue Saison im australischen Melbourne eröffnet wird, hat in der Formel 1 das Wort von Bernie Ecclestone erstmals seit über 40 Jahren kein Gewicht mehr. Der vom neuen Besitzer Liberty Media entmachtete Promoter soll als Ehrenpräsident zwar weiter gehört werden, doch die lobenden Worte des neuen Geschäftsführers Chase Carey ("Sein Rat wird von unschätzbarem Wert sein") sind nicht mehr als eine nette Geste.

Im vergangenen September, als die Übernahme durch Liberty Media publik wurde, bekam Ecclestone noch eine dreijährige Übergangsphase als Geschäftsführer in Aussicht gestellt. Doch schnell wurde den neuen Besitzern klar, wie rückwärtsgewandt und unmodern Ecclestones Formel 1 zuletzt gewesen ist.

Der 86 Jahre alte Brite hat die Rennserie als Alleinherrscher zu einem Milliarden-Unternehmen gemacht, zuletzt konnte er aber das Problem des Zuschauerrückgangs nicht lösen - und die Digitalisierung verschlief Ecclestone komplett.

Der neue Boss Carey beendet deshalb die "One-Man-Show" seines Vorgängers und installiert Ross Brawn als Geschäftsführer Sport sowie den ehemaligen ESPN-Manager Sean Bratches als Chef für Marketingfragen. Brawn, als Teamchef an acht Fahrer-WM-Titeln beteiligt, bringt die nötige Formel-1-Erfahrung mit, wird wegen seiner Nähe zu Ferrari und Differenzen mit Mercedes aber nicht überall euphorisch empfangen werden.

Trotzdem äußern viele Verantwortliche in der Formel 1 die Hoffnung, mit den neuen Besitzern für die Zukunft besser gewappnet zu sein. Verjüngung der Zuschauer, Digitalisierung, einfache Regeln, gerechte Verteilung der Preisgelder, Erschließung neuer Märkte, Veränderung der TV-Situation, Stärkung des Kernmarkts Europa, Erschließung des Wettmarkts - die Aufgabenliste für Liberty Media ist lang.

Wer deshalb mit einer kurzfristigen Revolution rechnet, liegt jedoch falsch. Denn Ecclestones Arbeit wird noch über Jahre wirken. Es gibt in vielen Bereichen langfristige Verträge, die ein schnelles Eingreifen von Carey, Brawn und Bratches schwierig machen:

Das aktuelle Concorde-Abkommen, eine Art Grundlagenvertrag zwischen der Formel-1-Gruppe und den Teams, läuft noch bis 2020. Die von Liberty Media geplante Umverteilung der Preisgelder zu Lasten der Traditionsteams wie Ferrari ist vorher nicht umsetzbar.
Die neuen Besitzer wollen den Rennkalender auf bis zu 25 Rennen pro Saison ausbauen. Derzeit liegt die im Reglement festgelegte Obergrenze bei 21 Rennen, in diesem Jahr werden 20 Rennen ausgetragen.

Brawn bezeichnet die Regelstruktur der Formel 1 als "schwer durchschaubar". Doch bei geplanten Änderungen ist Konsens innerhalb aller Teams und die Zustimmung des Weltverbands Fia erforderlich.

Die umstrittene Hybrid-Motorentechnologie muss aus Vertragsgründen ebenfalls bis 2020 bestehen bleiben, es drohen weitere Jahre mit Mercedes an der Spitze.
Liberty Media möchte die Struktur der GP-Wochenenden ändern und denkt über zwei Rennen pro Standort nach. Doch auch hier gilt: Die teilweise bis 2026 geltenden Abmachungen mit den Veranstaltern legen die derzeitige Struktur (Training am Freitag, Qualifying am Samstag, Rennen am Sonntag) fest.

Rascher profitieren könnten die Rennveranstalter, die über die von Ecclestone ausgehandelten hohen Antrittsgagen klagen und mit dem Ausstieg aus der Formel 1 drohen. Das betrifft die Rennen in Silverstone, Hockenheim oder Monza, die es trotz ordentlicher Zuschauerzahlen nicht schaffen, einen Gewinn zu erwirtschaften.

Der Große Preis von Deutschland steht deshalb für 2017 nicht im Kalender, Großbritannien will womöglich 2019 aussteigen. "Ich möchte klarstellen, dass die etablierten Märkte, und da besonders Europa als Fundament der Formel 1, von entscheidender Bedeutung sind", sagt Carey dazu.

Für den zurückgetretenen Weltmeister Nico Rosberg ist klar, wo die neuen Besitzer einen Schwerpunkt setzen sollten: "Ich denke, Liberty Media kann ein wenig Würze hereinbringen. Vielleicht können sie das Ganze sogar ein wenig amerikanisieren, auf Showbusiness verstehen sie sich."

Vorbild soll der Große Preis der USA in Austin sein, der in dieser Saison auch dank eines Konzerts von Popstar Taylor Swift im Rahmenprogramm 46.000 Zuschauer mehr als im Vorjahr vermelden konnte.

Und dann ist da noch der Bereich Social Media, der von Ecclestone schlicht nicht verstanden und von Carey als Schlüssel zum Erfolg angesehen wird. Bisher war es so, dass nicht mal Lewis Hamilton Bilder aus der Boxengasse zeigen durfte, geschweige denn der Fan von der Tribüne. Inwieweit das mit den über Jahre ausgehandelten TV-Verträgen zu vereinbaren ist, weiß Carey zum jetzigen Zeitpunkt jedoch auch noch nicht.

Freiheit genießt Liberty in ihren Entscheidungen jedenfalls vorerst nicht.

Quelle : spiegel.de

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