„Die Einstellung zur intensiven militärpolitischen Mundschaft durch die USA war in Europa immer unterschiedlich gewesen. Genauer gesagt, gab es auch Frondeur-Stimmungen vor dem Hintergrund einer harten atlantischen Disziplin. Als gemäßigter Störenfried trat Frankreich traditionell auf, das versuchte, eine erhöhte Souveränität bei einer vollständigen Loyalität zu demonstrieren (…) Niemand konnte sich aber im Ernst vorstellen, dass sich das Modell der Beziehungen mit Amerika ändern wird“, so Lukjanow.
„Kein US-Präsident hatte bisher Amerikas globale Führung angezweifelt, wobei diese ursprünglich auf einer Führung eben in der westlichen – also in der atlantischen – Gemeinschaft basiert hatte. Trump, der nach eigenen Worten Amerika wieder groß machen will, bezieht sich jedoch auf ein anderes Modell (in seiner Rede beim Amtsantritt wies er deutlich darauf hin). Es handelt sich dabei um eine strahlende Stadt auf dem Hügel, die zwar als Vorbild den Weg zeigt, aber niemanden irgendwohin führt. Diese Stadt hat keineswegs vor, die Verantwortung für jemanden oder für etwa zu übernehmen“, heißt es im Kommentar.
Ein Verzicht auf die Nato als Instrument der US-Politik sei selbst in dieser Situation unvorstellbar, doch die Frage nach der Verteilung der Finanzbürde bleibe aktuell: „Was soll Europa nun tun? Trotz seiner Befürchtungen, die amerikanische Stütze zu verlieren, beeilt sich Europa nicht, seine militärischen Ausgaben und Kapazitäten zu erhöhen.“
Da komme die Frage nach dem Ziel der europäischen Verteidigungspolitik auf. Nach dem Kalten Krieg habe die Nato es nicht geschafft, eine neue Mission zu finden. Deshalb nehme sie nun wieder Russland ins Visier: „Trump fordert auf, sich auf den Kampf gegen den Terrorismus umzuorientieren, doch eine klassische militärpolitische Allianz wie die Nato ist für Anti-Terror-Aufgaben wenig geeignet. Um die Allianz umzugestalten, wäre nicht nur ein politischer Willen erforderlich, an dem es Europa mangelt, sondern auch ein ernsthaftes Umdenken durch die ganze atlantische Gemeinschaft.“
„Wenn man den Gedanken von Frank-Walter Steinmeier fortsetzt, wonach das 20. Jahrhundert mit Trumps Amtsantritt politisch endgültig zu Ende sei, so ist das Schicksal der Nato nicht zu beneiden. Die Allianz ist ja die wichtigste Hinterlassenschaft des vergangenen Jahrhunderts“, postuliert Lukjanow.
Um die Jahrhundertwende habe die Nato den Höhepunkt ihres Erfolgs und ihres Einflusses erreicht. Es sei jedoch nicht gelungen, jenen Augenblick verweilen zu lassen, schreibt Lukjanow zum Schluss.
Quelle : sputnik.de
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