Erdogan betonte, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Deutschland im „Kampf gegen den Terrorismus“ sei.
Die Zeitung Takvim zitiert Erdogan: „Derzeit führt lediglich die Türkei einen entschiedenen Kampf gegen ISIS. Alle anderen Länder bleiben bei Lippenbekenntnissen. In diesem Zusammenhang ist die PKK und die YPG genau dasselbe wie die Terrororganisation FETÖ (Anm.d.Red. die Gülen-Bewegung). Diese Leute haben in meinem Land einen Putsch durchgeführt und sind nach Deutschland geflüchtet, um dort Unterschlupf zu finden. Sie (Anm.d.Red. Merkel) haben Recht. Die Justizminister beider Länder müssen in Kontakt treten und das klären. Doch die deutsche Regierung muss hier etwas unternehmen. Wir haben den Amerikanern 85 Päckchen an Beweisdokumenten zugesendet. Die warten immer noch auf eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft. Wir erwarten in dieser Frage zügige Handlungen. Verspätete Gerechtigkeit, ist keine Gerechtigkeit. Wir möchten schnelle Ergebnisse sehen.“
Als Merkel das Wort „islamistischer Terrorgruppe“ benutzte, fiel Erdogan Merkel ins Wort und sagte, dass die Nutzung des Worts „islamistischer Terrorismus“ nicht benutzt werden könne. Es sei falsch hier den Islam und den Terrorismus gleichzusetzen. „Ich hatte das der ehrenwerten Kanzlerin eigentlich bereits zuvor bei unserem Privatgespräch erklärt (…). Ich, als Muslim und muslimischer Präsident, kann dies nicht akzeptieren“, so Erdogan.
Die Kanzlerin reagierte auf Erdogans Kritik mit den Aussagen, dass die Religionsfreiheit in Deutschland ein hohes Gut sei. Es werde sehr viel dafür getan, dass die Menschen ihre Religion frei ausleben können, so Merkel.
Die türkischen Medien gaben keinen positiven Eindruck vom Treffen zwischen Merkel und Erdogan wieder. Die Zeitung Hürriyet titelt: „So hat Erdogan gegen Merkel protestiert.“
Die Zeitung Takvim titelt: „Erdogan hat Merkel gewarnt: Das Wort ,islamistischer Terrorismus‘ kann nicht genutzt werden.“
Das Analyse-Portal OdaTV titelt: „Er hat live gegen folgende Worte Merkels protestiert.“
Die Milliyet titelt: „Erdogan fällt Merkel ins Wort: Das Wort ,islamistischer Terrorismus‘ ist inakzeptabel.“
Die Oppositions-Zeitung Cumhuriyet titelt: „Er hat sie angepflaumt, sie hat geantwortet.“
T24 titelt: „,Islamistische Terror-Polemik zwischen Erdogan und Merkel.“
Ein Grund für das derzeit angespannte Verhältnis zwischen Ankara und Berlin sind die Asylgesuche von einer Reihe von türkischen NATO-Soldaten, die bei ihrer Rückkehr in die Türkei fürchten, als Putschisten inhaftiert zu werden.
Deutschland würde sich wünschen, dass bei dem Referendum im April über die Einführung des Präsidialsystems OSZE-Beobachter dabei sein können, sagte Merkel weiter. Erdogan versicherte, dass die Gewaltenteilung erhalten bleibe. „Die Exekutive wird mit diesem neuen System viel schneller voranschreiten können“, sagte der Präsident. „Auch die Judikative wird ihre Existenz beibehalten und ihre Funktion voll und ganz erfüllen können.“
Merkel hob ihrerseits hervor, dass in der Flüchtlingsfrage die Türkei „Außergewöhnliches“ geleistet habe für die Integration der 2,7 Millionen syrischen Flüchtlinge im Land. Das im vergangenen März geschlossene EU-Flüchtlingsabkommen mit der Türkei sei „in beiderseitigem Interesse“, sagte Merkel. „Wir sind aber noch nicht am Ende der Umsetzung.“ Sie sicherte zu, dass die vereinbarten Hilfen rasch ausgezahlt werden.
Nach dem Gespräch mit Erdogan wollte Merkel zunächst das Parlament besuchen, das bei Luftangriffen während des Putschversuchs schwer beschädigt worden war. Anschließend war ein Treffen mit Ministerpräsident Binali Yildirim geplant mit einer anschließenden Pressekonferenz. Nach einem Abendessen bei Yildirim wollte die Kanzlerin in der deutschen Botschaft mit Vertretern der Oppositionsparteien CHP und HDP zusammenkommen.
Am späten Abend dann sollte Merkel zum EU-Gipfel in Malta weiterfliegen, in dessen Zentrum die Verschärfung der Asylpolitik steht. Die Kanzlerin war vor dem Putschversuch vergangenes Jahr wiederholt zu Gesprächen über die Flüchtlingskrise in der Türkei, doch war es ihr erster Besuch seit dem Umsturzversuch. Dass seitdem kein hoher deutscher Regierungsvertreter die Türkei besuchte, war in Ankara als Mangel an Solidarität kritisiert worden.
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